Ärger um Aufgabe des IC-Halts Böblingen/Sindelfingen

Die Bundesregierung äußert sich in ihrer Antwort (19/28568) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (19/27651) zu den Gründen für den geplanten Verzicht auf den IC-Halt Böblingen sowie den Halt Singen/Hohentwiel auf der Gäubahn zwischen Stuttgart und Singen. Die IC in der Relation Stuttgart-Zürich dienen insbesondere auch der Firmenklientel in den starken Wirtschaftsräumen Böblingen-Sindelfingen sowie Tübingen.

Böblingen und das benachbarte Sindelfingen haben zusammen über 115.000 Einwohner und bilden ein Mittelzentrum und eine sehr starke Wirtschaftsregion südlich der Landeshauptstadt Stuttgart. Dennoch will die Deutsche Bahn das bedeutende Wirtschaftszentrum vom Fernverkehr abhängen, wie sie es in den letzten Jahrzehnten bei zahllosen Mittel- und Oberzentren zum Nachteil Millionen von Fahrgästen getan hat. Gegen die Pläne wehren sich insgesamt 15 Bürgermeister und der Landkreis Böblingen.

Die Reisezeit auf der heute noch größtenteils eingleisigen Strecke (das zweite Gleis war nach dem 2. Weltkrieg abgebaut worden) Stuttgart-Singen könnte nach dem Bau eines gut 11 km langen Tunnels vom Stuttgarter Landesflughafen bis zum Halt Böblingen-Goldberg und weitere Ausbauten auf der Strecke um 20 Minuten auf  etwa 1 Stunde verkürzt werden. So wäre der Deutschlandtakt mit festen Umsteigezeigen umsetzbar. Die Pläne dazu hatte der Berliner Verkehrsstaatssekretär Steffen Bilger (CDU) aus dem Wahlkreis Ludwigsburg vorgestellt. Der bisherige IC-Halt Böblingen würde dann aber entfallen, der Halt Singen/Hohentwiel durch den außerhalb der Stadt gelegenen Halt Singen/Landesgartenschau ersetzt werden.

Die Wirtschaftlichkeitsberechnung für den auf 2,1 Mrd. Euro veranschlagten Ausbau der Magistrale Stuttgart-Zürich wird von Böblingens Oberbürgermeister Stefan Belz (Grüne) und weiteren Amtskollegen aus den Landkreisen Böblingen, Freudenstadt und Tübingen scharf kritisiert. Denn mit dem Entfall der Intercity-Züge in Böblingen würde die Bedeutung des Mittelzentrums und Wirtschaftsstandorts Böblingen/Sindelfingen als Mobilitätsdrehscheibe für den Kreis und angrenzende Städte geschwächt. Die Region Stuttgart und der Landkreis Böblingen haben erheblich investiert, um in Böblingen eine „attraktive Anbindung an den Fernverkehr“ zu bieten. Die 15 Bürgermeister fordern Planungsvarianten, mit denen der Fernverkehrshalt in Böblingen bestehen bleiben kann.

In der Antwort der Bundesregierung heißt es lapidar, der Halt Böblingen sei ausschließlich deswegen aufgegeben worden, „um die im 3. Gutachterentwurf zum Deutschlandtakt vorgesehene Gesamtfahrzeit mit einem gesamtwirtschaftlich vorteilhaften Infrastrukturausbau - also einem Nutzen-Kosten-Faktor (NKV) von über 1,0 - einhalten zu können“.
Mit Blick auf den Halt Singen heißt es: Die Singener Kurve weise das günstigste Verhältnis von Fahrzeitgewinn zu Investitionskosten auf, „so dass das resultierende NKV mit einem Halt in Singen wahrscheinlich schlechter als das für den vorliegenden Planfall ermittelte NKV wäre“. Quelle: Bundestag / DMM