Antrieb morgen: Strom versus Gas

Welche Energie bewegt den automobilen Geschäftsreisenden morgen? Ist es das baterieelektisch angetriebene Automobil, das mit Gas oder auch das mit Wasserstoff? Nur eines ist gewiss, der Verbrenner, der Benzin und Diesel in kinetische Energie umwandelt, stirbt aus. Was, lässt sich kaum vorhersagen. Eine vorsichtige Analyse von Michael Kirchberger.

Der Hyundai Ioniq Elektro ist ein Mittelklasse-Auto von fast 4,5 m Länge, das sich – der Name ist Programm – elektrisch fortbewegt. Bis zu 280 km Reichweite verspricht Hyundai, solange soll der 28 kWh leistende Lithiumionen-Akku dennotwendigen Saft liefern. 33.300 Euro brutto kostet der koreanische Stromer, abzuziehen sind Förder- oder Abwrackprämien. Aber nicht nur für Elektroautos gibt es finanzielle Unterstützung. Regionale Gasversorger gestalten den Kauf eines mit eben jener Energieform angetriebenen Fahrzeugs durch eine Bonuszahlung wirtschaftlicher. Sie tun diesnicht aus Nächstenliebe oder gar aus Gründen des Umweltschutzes, sondern um ihren Gas-Umsatz zu erhöhen, das Verteilernetz effizienter zu nutzen und durch höhere Einkaufsvolumina bessere Preise erzielen zu können. Profitieren können Verbraucher und Umwelt dennoch. Gute Gründe also, sich für ein Auto mit Gasantrieb zu entscheiden.

Trotzdem haben die Zulassungen derart motorisierter Pkw in den vergangenen Jahren kontinuierlich abgenommen, jedenfalls hier zu Lande (in Firmenfuhrparks findet man so gut wie überhaupt keine Gas  betriebene Fahrzeuge). Was nur schwer verständlich ist. Die Motoren Gas betriebener Pkw sind i.d.R. bivalent ausgelegt, das heißt, das Antriebsaggregat kann nicht nur Gas, sondern auch ganz normales Benzin als Brennstoff nutzen. Zwischen 20 und 40 Liter Sprit sind je nach Fahrzeugtyp an Bord, die reichen allemal bis zur nächstenTankstelle, meist sogar bis zur nächsten Füllstation für Gas. Und das Auftanken lässt sich weitaus schneller erledigen als das Nachladen einer Batterie, es dauert kaum länger als den Tank eines Benziners oder Diesels zu befüllen. Wobei es zwei Sorten von Gas-Treibstoff zu unterscheiden gibt. LPG (Liquified Petroleum Gas), verflüssigtes Gas, das bei der Raffinierung von Erdöl anfällt, und CNG (Compressed Natural Gas), natürliches Erdgas aus unterirdischen Vorkommen, das verdichtet in die Drucktanks der Auto gepresst wird. Mit bis zu 700 bar werden sie gefüllt, um eine akzeptable Reichweite zu ermöglichen. LPG wird dagegen schon beiniedrigem Druck flüssig. 7 bar genügen um die vergleichsweise kleinen Tanks der so betriebenen Autos ausreichend zu füllen.

Beiden Treibstoffen ist gemein: Sie verbrennen im Ottomotor wesentlich rückstandsfreier als Benzin oder Diesel. Die entstehenden CO2-Emissionen liegen niedriger als bei Benzin, die Stickoxide sinken verglichen mit denen bei der Dieselverbrennung um rund 90 % und auch der Feinstaubausstoß ist deutlich geringer als bei flüssigen Energieträgern.

Aus heutiger Sicht unterscheiden sich Elektroautos von ihren Gas betriebenen Kollegen durch eine niedrigere Reichweite, längere Standzeiten beim Laden und weniger Geräuschentwicklung in der Stadt. Bei den Umweltbelastungen durch Emissionen nehmen sie sich dagegen nicht viel. Zumindest im deutschen  Energiemix bei der Gewinnung von elektrischem Strom einschließlich aller Transport- und Speicherverluste ist Elektrizität keinen Deut sauberer als Gas. In Norwegen oder der Schweiz und auch in Österreich sind E-Autos sehr viel umweltfreundlicher als Gas betriebene Fahrzeuge; denn dort wird tatsächlich ausnahmslos grün erzeugter Sttrom (meist aus Wasserkraft) verwendet. Da kann dann kein Gasauto mehr mithalten.

In der Bundesrepublik werden zur Stromerzeugung fast zur Häkfte fossile Energieträger (Stein- und Braunkohle) verbrannt. 13,2 % der 2017 insgesamt erzeugten 542 Terrawattstunden Elektrizität stammen immer noch aus der Kernenergie.

Ein weiteres Problem kommt mit dem Aufbau der Elektro-Infrastruktur daher. Zwar ist die Zahl der Gastankstellen mit rund 900 Stationen derer von Ladesäulen (ktuell ca. 11.000) deutlich unterlegen, doch sind beim Strom je nach Kapazität der Station mindestens 30 Minuten Ladedauer vonnöten, um den Akku wieder halbwegs aufzufrischen. Ein konventioneller Gastank im Auto ist in spätestens drei Minuten bis zum Kragen gefüllt. Zu den großen Nachteilen des Gasverbrauchs zählen für Deutschland die Abhängigkeit z.B. von Russland aber auch die Tatsache, dass natürliches Gas nicht unbegrenzt verfügbar ist, ähnlich dem Öl. Es gibt bereits ertse Gaslagervorkommen, die kurz vor der Erschöpfung stehen. 

Falls der Storm in Zukunft tatsächlich aus regenerativen Energien erzeugtwerden sollte, müssen wir uns dennoch um die Rohstoffe Sorgen machen. Denn spätestens seit der Expo 2010 in Schanghai wissen viele, dass Kupfer nach Erdöl eine der rarsten Ressourcen unseres Planeten ist. Aber erst das Halbedelmetall macht Elektroautos flott und sorgt für den Energiefluss an den Ladesäulen: „Um einenSchnelllader mit 80 oder gar 100 kW ans Netz anzuschließen, brauchen sie Kupferkabel mit dem Querschnitt eines trainierten Unterarms“, erklärt Dr. Ralf Herber, ehemaliger Dozent an der Hochschule Rhein-Main in Wiesbaden, die Gesetze der Physik. Dumm nur, dass Kupfer vor allem in Regionen vorkommt, die politisch wie wirtschaftlich nicht zu den stabilsten gehören.

Doch zurück zum Hyundai Ioniq Elektro. Der sprintet durchzugsstark wie alle Elektroautos aus dem Stand los, absolviert jeden Zwischenspurt bis etwa Tempo 100 flink und tut dies ebenso leise wie geschmeidig. 9,9 Sekunden braucht der 120 PS (88kW) starke Elektromotor für die lineare Beschleunigung von 0 auf 100 km/h, was überaus dynamisch wirkt. Das gelingt Gas-Autos erst seit dem Einsatz von Turbotechnik.

Im alltäglichen Fahrbetrieb ist die Reichweitenangabe des Ioniq Elektro allenfalls ein theoretischer Wert. Im Sommer saugt die Klimaanlage am Stromvorrat, im Winter ist es die Heizung, die an den Energiereserven nuckelt. Licht, Lenkung, ja selbst die Konditionierung der Batterie, die nur in einem engen Temperaturfenster ihre höchste Leistung abgibt, senken den Stromvorrat fürs Vorwärtskommen. Zudem ist der Ioniq kein Leichtgewicht. Leer wiegt er, abhängig von der Ausstattung schon bis zu 1 550 kg.  1.880 kg darf er bei voller Beladung auf die Waage bringen, 330 kg Zuladung sind ein eher erbärmlicher Wert.S o sinkt die versprochene Reichweite von 280 km, die an unserem altersschwachen Haushalts-Stromnetz trotz langer Ladezeit lediglich auf 247 km gebracht werden konnte, deutlich schneller als die gefahrenen Strecken lang sind. Knapp 200 km schafft der elektrische Hyundai jedoch immer, zumindest, wenn Fahrweise und Streckenwahl einem E-Auto entgegenkommen. Wer nichts als Vollgas oder Bremse kennt, kommt keine 150 km  weit. Was ja noch lange nicht der Kern allen Übels sein müsste. Denn an einer 100-kW-Ladestation braucht der Akku des Ioniq gerade mal 23 Minuten um von 0 auf 80 % seiner Kapazität zu kommen. Bei einem 50-kW-Anschluss dauert der Vorgang nur sieben Minuten länger. Beide Sorten finden sich jedoch in unserem Fall nicht im näheren Umfeld des Wohnviertels, die nächste städtische Station ist 3,4 km entfernt und mit öffentlichen Verkehrsmitteln nur umständlich zu erreichen. Aber die Ladung mit 6,6 kW dauert schon satte 4,5 Stunden, diese Zeit will man nicht wirklich auf dem Betriebshof der Stadtwerke verbringen. Daheim ist es gemütlicher, wenn 12 Stunden an einer 230-Volt-Steckdose vergehen müssen, bis die Batterie wieder in Stimmung ist.

Der Ioniq zeugt vom Pioniergeist Hyundais, ist aber keine echte Lösung für Abgasproblem, Verkehrslärm und Feinstaub. Die Option auf Fernfahrten sollten Elektroautos erst dann nutzen, wenn Speicher- und Antriebstechnik der Stromer weitaus effizienter als heute geworden sind. Vor allem, solange das deutsche Schadstoffaufkommen bei der Stromerzeugung im heutigen Energiemix höher wäre als die Emissionen von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor.

Schon in wenigen Jhren aber werden Elektroautos heutigen Verbrennern ebenbürtig sein, ja sie werden sie in jeder Hinsicht überholen. Das jedenfalls meint die Autoindustrie. Warten wir's ab. Quelle: ampnet - Michael Kirchberger - cen / mit Ergänzungen von DMM