Delta-Variante: Geschäftsreisebranche zwischen Hoffen und Bangen

Die Geschäftsreise-Branche scheint sich etwas zu erholen. Unternehmensberater und Mittelständler schicken vermehrt ihre Beschäftigten auf Dienstreisen. Das spürt auch die Lufthansa. So sagte LH-Vorstand Personenverkehr Harry Hohmeister, dass der Carrier aktuell ein Comeback der Dienstreisen erlebt, insbesondere auf Europa- und Deutschlandstrecken. Ob das aber so bleibt ist die Frage angesichts der sich anbahnenden vierten Coronawelle.

Aktuell ziehen Geschäftsreisen per Flugzeug und Bahn deutschlandweit wieder an. Bleibt zuhoffen, so die Supplier, dass die Deltamutation nicht wieder alles kaputt macht. Foto Qantas

Der WELT AM SONNTAG sagte Hohmeister, die LH registriere seit etwa vier Wochen eine verstärkte Nachfrage nach dienstlichen Flügen für die Herbstmonate September, Oktober und November. Was Transatlantik- und Transkontinentalflüge betrifft, hält die Flaute aber noch an. Denn Business Trips in die USA sind weiterhin nicht möglich und China ist ohnehin sehr problematisch, da Reisende dort massiv schikaniert und in für westliche Verhältnisse unzumutbare Quarantänehotels gezwungen werden. Hohmeister schützt, dass die Lufthansa bis Ende dieses Jahres wieder 30 bis 40 % der Dienstreisen des Vorkrisenniveaus erreichen kann. 

Auch die Deutsche Bahn spürt den Zuwachs an innerdeutschen Geschäftsreisenden, zitiert die WELT AM SONNTAG Personenverkehrsvorstand Berthold Huber. Corona habe gezeigt, dass persönliche Kontakte unerlässlich für den Geschäftserfolg bleiben werden. Die Bahn hat im innerdeutschen Verkehr gegenüber dem Flugzeug den unschätzbaren Vorteil, dass sie x-fach klimafreundlicher unterwegs ist und auf Distanzen bis 400 km meist sogar schneller als der Flieger ist, rechnet man die Reisen von Zentrum zu Zentrum.  ICE sind umweltfreundliche Verkehrsmittel und digitaler Arbeitsplatz zugleich, diese Kombination macht ihn für Geschäftsreisen in Zukunft noch attraktiver, so die DB.

Während große Konzerne beim Thema Geschäftsreisen weiterhin sehr vorsichtig agieren, agieren mittelständische Unternehmen schon eher. Der VDR meint, dass aktuell etwa 25 % des Vorkrisenniveaus erreicht seien. Allerdings gibt es nach Experten- und Virologenmeinung längst keine Entwarnung. Denn es sieht ganz danach aus, als ob sich die hoch ansteckende Delta-Variante auch in Deutschland ausbreitet.

Und es besteht die große Sorge, dass die Impfungen möglicherweise nicht so schützen, wie anfangs gedacht. Das beweisen Studien aus Israel, wonach z.B. Biontech-Impfungen gegen Delta nicht sonderlich wirksam sind. Israel galt bei der Pandemiebekämpfung lange als Bilderbuchbeispiel: Im Rekordtempo wurde die Bevölkerung gegen Covid-19 geimpft, das Land setzte bei seiner Impfkampagne besonders auf Biontech/Pfizer. Aktuell aber verzeichnet das Land wieder einen kräftigen Anstieg der Neuinfektionen infolge der Delta-Variante. Forscher der Hebrew University of Jerusalem haben nun Ergebnisse zur Wirksamkeit der Impfung gegen die Mutation in einem Bericht an den Nationalen Sicherheitsrat veröffentlicht. Danach ist die Impfung mit dem in Deutschland hoch gelobten Stoff bei bei der Vorbeugung zur Infektion "wesentlich weniger effektiv" - die Rede ist von einer Wirksamkeit von 60 bis 80 % gegen Delta. Es ist nicht ausgeschlossen, dass bei stark verminderter Wirksamkeit der Impfung im Herbst auch die Geschäftsreisebranche wieder in Mitleidenschaft gezogen werden kann. Von daher die vorsichtige Prognose des VDR: Bis Ende 2021 können Dienstreisen wieder 50 %, vielleicht auch etwas mehr, des Vorkrisenniveaus erreichen. Quelle: Welt am Sonntag / Hebrew University of Jerusalem / DMM