E-Auto bei Lidl & Co. kostenfrei laden

Schon mal an einer öffentlichen Ladesäule Strom für das batterieelektrische Auto oder den Plug-in-Hybrid getankt? Das ist in Deutschland unverschämt teuer; die Preise an den Säulen sind im negativen Sinn Weltspitze: zehnmal soviel wie in USA, fünfmal soviel wie in der Schweiz, in Holland oder Norwegen. Günstiger wird’s, wenn man bei Discountern wie Aldi oder Lidl tankt. Denn dort gibt’s Strom zum Nulltarif.

Bei den Discountern Lidl und Aldi gibt's Strom für das E-Auto zum Nulltarif. Foto Lidl

 Bundesweit richten immer mehr Einzelhändler Ladesäulen für ihre Kunden mit Elektroautos ein und bieten dort kostenlos Strom aus erneuerbaren Energien. Jetzt möchte der Discounter Lidl noch in diesem Jahr zum Betreiber des größten E-Ladenetzes im deutschen Lebensmitteleinzelhandel werden. Dafür will die Kette 400 ihrer Filialen mit Lademöglichkeiten ausstatten, wo es kostenlos Elektrizität für die Akkus der Fahrzeuge gibt.

„Um die Mobilitätswende in Deutschland voranzubringen, müssen wir den Menschen die Sorge vor einer begrenzten Reichweite nehmen“, erklärt Wolf Tiedemann, Geschäftsleiter Zentrale Dienste bei Lidl Deutschland. „Daher ist der flächendeckende Ausbau unserer Ladeinfrastruktur ein entscheidender Faktor für den Erfolg von Elektrofahrzeugen und eine Investition in die Mobilität von morgen.“

Derzeit stehen Kunden und Mitarbeitern in Lidl-Logistikzentren rund 30 Ladesäulen für Elektrofahrzeuge zur Verfügung, weitere 20 Säulen werden aktuell an Filialen in ganz Deutschland installiert. Die Ausbaugeschwindigkeit wird das Unternehmen deutlich erhöhen: Ab sofort werden Neubauten obligatorisch mit einer E-Ladesäule ausgestattet, auch bei einer Modernisierung erhalten Filialen eine eigene Stromtankstelle. Darüber hinaus wird Lidl ab sofort an zusätzlichen Filialen in Autobahnnähe sowie in ländlichen Regionen weitere Ladestationen errichten.

Beim Ausbau der elektrischen Ladeinfrastruktur setzt Lidl auf einen Mix aus AC- (Wechselstrom) und DC(Gleichstrom)-Ladepunkten verschiedener Leistungsklassen bis 50 Kilowatt – in Autobahnnähe kommen leistungsstarke DC-Anlagen zum Einsatz. Je nach Standort und Fahrzeugtyp lässt sich die Reichweite eines E-Autos beispielweise während eines 30-minütigen Einkaufs um bis zu 200 km steigern. Treue Lidl-Kunden könnten in der Theorie zukünftig ihr Elektrovehikel sogar völlig kostenlos bewegen: „Wir werden unser Ladenetz in Deutschland so verdichten, dass die maximale Fahrtstrecke zwischen zwei Lidl-Ladesäulen 50 km beträgt. Durchschnittlich werden es sogar unter 20 km sein“, kündigt Tiedemann an.

Auch das Lidl-Schwesterunternehmen Kaufland lockt mit kostenlosem Strom. An 100 Standorten gibt es bereits Ladesäulen, bis Ende 2020 sollen weitere 100 hinzukommen. Die Schnell-Ladestationen sind mit den drei gängigen Steckertypen ausgestattet (Typ 2/AC 43 Kilowatt; CCS/DC 50 Kilowatt und CHAdeMO/DC 50 Kilowatt) und bieten zwei Kunden gleichzeitig die Möglichkeit, ihre Autos kostenlos zu laden. Bei einer Ladeleistung von 50 kW können Verbraucher ihre E-Fahrzeuge in 45 Minuten bis zu 80 % aufladen.

Vorreiter bei den Stromtankstellen zum Nulltarif war Aldi Süd. Der Discounter hat bereits vor vier Jahren erste Ladesäulen für Autos und E-Bikes vor einigen seiner Geschäfte gestellt. Inzwischen bieten mehr als 80 Aldi-Süd-Filialen kostenfreien Strom für Elektroautos an, 28 davon in Baden-Württemberg. Dort genehmigten sich sparsame Schwaben allein im vergangenen Jahr mehr als 23.000 Ladevorgänge.

Ebenfalls mit Ladesäulen will sich die Hornbach Baumarkt AG, einer der größten Betreiber von Bau- und Gartenmärkten in Europa, profilieren. Zusammen mit dem Energieversorger Pfalzwerke wird das Unternehmen rund 100 Niederlassungen mit Ladepunkten ausstatten. Der Baumarkt stellt dabei Parkflächen zur Verfügung, die für das Laden von Elektroautos während des Einkaufs reserviert sein werden. Allerdings gibt es hier den Strom nicht umsonst, sondern muss per RFID-Ladekarte, App, über Paypal oder über ein integriertes Terminal bezahlt werden.

Dagegen können Kunden bei Ikea in Kürze Ökostrom zum Nulltarif laden. Dafür investierte das Unternehmen über 6 Mio. Euro. Johannes Ferber, Property Manager Ikea Deutschland, meint: „Mit dieser Initiative möchten wir einen Beitrag leisten, dass sich das Thema E-Mobilität in Deutschland noch stärker durchsetzt.“ Das Aufladen ist kostenlos für alle, und die E-Ladesäulen sind während der Ikea-Öffnungszeiten in Betrieb. Bei voller Auslastung der bundesweit 113 Ikea-Ladesäulen könnten pro Monat rund 45.000 E-Autos geladen werden.

Ob die privaten Anstrengungen in Richtung abgasfreier Mobilität die EU-Kommission zufrieden stellen? Wohl kaum. Aus ihrer Sicht treibt die Bundesregierung den Netzausbau nicht entschieden genug voran und erhöht deshalb den Druck auf Deutschland mit der zweiten Stufe eines Vertragsverletzungsverfahrens. 2014 hatten sich die Mitgliedstaaten darauf geeinigt, die Vorschriften zur Infrastruktur für alternative Kraftstoffe (Richtlinie 2014/94/EU) vollständig bis zum 18. November 2016 in nationales Recht umzusetzen. Deutschland hinkt dabei hinterher und muss binnen zwei Monaten auf die Rüge reagieren. Andernfalls kann die Kommission den Fall an den Gerichtshof der Europäischen Union verweisen. Quelle: ampnet / DMM