E-Autos werden viel günstiger

Experten sind überzeugt, dass der Verbrenner ein Auslaufmodell ist. Insbesondere der Diesel leidet unter den Vorkommnissen seit 2015 ganz massiv. In Großbritannien sind die Steuern für Selbstzünder so stark angehoben worden, dass sich im Dieselland UK der Kauf eines Dieselfahrzeugs nicht mehr lohnt. Die Briten setzen verstärkt auf Benziner, Hybride und auf die E-Mobilität. Letztere wird sich in den kommenden zehn Jahren auch in Deutschland durchsetzen und den Verbrenner ablösen. Interview von Jens Meiner (ampnet) mit Wilko Stark, Leiter der Sub-Marke Mercedes Benz EQ, unter der die Stuttgarter in Zukunft ihre vollelektrischen Modelle entwickeln und vermarkten werden.

Wilko Stark leitet die Sub-Marke Mercedes Benz EQ. Foto Daimler

Die Herausforderungen bei der Einführung von Automobiln mit batterieelektrischem Antrieb sind vielfältig, für die Hersteller, für die Kunden, für Kommunen u.a.m..

Jens Meiners: Wie stehen Autohersteller und Regierungen aktuell zur E-Mobilität, auch vor dem Hintergrund von Problemen wie etwa dem Mangel an Ladestationen?

Wilko Stark: „Ausgehend von den kommenden CO2-Regulierungen in China, Europa und den USA dürften wir global im Jahr 2025 für Elektroautos einen Marktanteil von 15 bis 20 % sehen. Darüber hinaus werden die Plug-in-Hybride ähnlich wichtig. Alle großen Hersteller werden ihr Portefeuille elektrifizieren. Wir werden in den nächsten Jahren viele Modelleinführungen erleben, allein bei Mercedes Benz EQ und Smart sind es zehn Elektroautos bis 2022. Darüber hinaus werden wir Plug-in-Hybride über die gesamte Modellpalette hinweg einführen. Es ist allerdings richtig, dass der Bau von Ladestationen beim Kunden zuhause, bei der Arbeit und im öffentlichen Bereich eine der großen Herausforderungen bleibt.“

Werden wir in Zukunft eine ganzheitliche Well-to-Wheel-Betrachtung der Emissionen sehen oder bleibt es dabei, dass der Schadstoffausstoß von Elektroautos mit null angesetzt wird?

„Rein technisch können wir die kommenden CO2-Regulierungen in China, Europa und den USA nur dann einhalten, wenn Elektroautos mit einer CO2-Emission von null bewertet werden. Um ihren tatsächlichen CO2-Fußabdruck zu verringern, müssen die Regierungen erneuerbare Energien fördern. Für die Umsetzung sind die Energieversorger zuständig, die Autoindustrie kann das nicht übernehmen.“ Und die Öffentlichkeit muss mitziehen.

In vielen Ländern, wo zum Teil der Diesel dominiert, können sich die Leute kein Elektroauto leisten.

„Derzeit sind Elektroautos teurer als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor. Ab dem Jahr 2025 herum erwarten wir allerdings einen Kostenvorteil gegenüber konventionellen Antrieben. Und es gibt in vielen Ländern fiskalische Anreize, die für einen Ausgleich der zusätzlichen Kosten sorgen. Es wird in verschiedenen Ländern noch stärkere Bonus- und Malus-Systeme geben. Doch es bleibt die Herausforderung der Ladeinfrastruktur. In Abhängigkeit von diesen Faktoren wird es auf der Welt unterschiedliche Marktanteile für E-Autos geben.“

Wie erklären Sie Ihre Ankündigung, dass die Kosten um 2025 denen eines Verbrenners entsprechen werden?

„Wenn Sie sich E-Autos mit einer Reichweite von 500 Kilometern ansehen, wie den EQC, den wir dieses Jahr vorstellen, dann ist es keine Frage, dass Batterie und Antrieb teurer sind als ein vergleichbarer Verbrenner. Dieses Bild wird 2025 jedoch wahrscheinlich völlig anders aussehen. Auf den meisten Märkten werden die Preise für Batterien fallen, und zudem erwarten wie pro Jahr eine um jeweils zehn Prozent verbesserte Energiedichte – auch bei der existierenden Lithiumionen-Technik. Und was danach kommt, etwa Lithium-Schwefel- oder sogar Festkörper-Batterien, könnte das Spiel noch einmal deutlich verändern. Und so könnte man auch die Herausforderungen lösen, die wir für die nächsten 15 Jahre bezüglich der schwierigen Verfügbarkeit von Kobalt und anderen Rohstoffen diskutieren.“

Was entgegnen Sie der Kritik an den Arbeitsbedingungen beim Abbau dieser Rohstoffe?

„Seit vielen Jahren haben wir sehr strikte Nachhaltigkeitsstandards für unsere Zulieferer. Dazu gehören die Arbeitsbedingungen, Ethikregeln, Nachhaltigkeit und die Einhaltung der Menschenrechte. Unsere Zulieferer sind dabei entlang der gesamten, sehr komplexen Lieferkette gehalten, größte Transparenz herzustellen, um auf jegliche Verletzung unserer Standards, die wir nicht akzeptieren würden, reagieren zu können.“

Wer wird die Kosten für den Ausbau der Ladeinfrastruktur tragen? Wird die Stromrechnung für alle Bürger nach oben gehen?

„Die Zukunft können wir nicht vorhersehen, aber es ist wahrscheinlich, dass die Regierungen auf den Trend zur E-Mobilität reagieren. Zu einem gewissen Zeitpunkt dürfte das Bonus-Malus-System, das Elektroautos bevorzugt, abgeschafft werden.“

Glauben Sie, dass Elektrizität dann so teuer wie Sprit wird?

„Wir haben in der gesamten, 131-jährigen Geschichte des Automobils gesehen, dass verbesserte Technologie stets überzeugt – wegen ihrer höheren Effizienz und einer im Endeffekt günstigeren Gesamtbetrachtung. Regierungen und das gesamte Ökosystem werden darauf reagieren und es wird sich ein akzeptabler Marktpreis entwickeln, der Mobilität – vor allem individuelle Mobilität – sicherstellt.

Wie können Sie in einem solchen Umfeld profitabel bleiben?

„Wir streben weiterhin in allen Geschäftsfeldern nach Profitabilität, aber gerade in der Einführungsphase von E-Autos ist das eine große Herausforderung. Auf Grundlage der CO2-Regulierungen könnte die Mobilität vor allem in Europa für Verbrenner deutlich teurer werden. Das hängt vor allem von den verschiedenen Besteuerungsmodellen ab, die auch von den strikteren WLTP-Messverfahren beeinflusst werden. Später, ungefähr um 2025, werden die Kosten für E-Mobile mit Verbrennern heutiger Bauart vergleichbar sein.“

Haben Batteriewechselsysteme eine Zukunft?

„Aus meiner Sicht nicht, aus einem einfachen Grund: In einem Elektroauto ist die Batterie sehr teuer, und das wird in den nächsten Jahren auch so bleiben. Doch wenn Sie eine Infrastruktur für Wechselbatterien aufbauen, brauchen Sie pro Auto vielleicht 1,2 bis 1,5 Batterien, und damit steigen die Kosten noch weiter. Es wird viel wichtiger sein, ein intelligentes Stromnetz zu haben, das weiß, wann der Fahrer kommt und wieviel Strom er benötigt. Bei einer täglichen Fahrleistung von nur 50 bis 80 km funktioniert ein Elektroauto perfekt. Insgesamt gilt: Mobilität ändert sich schneller denn je, und deshalb investieren wir nicht nur in Autos, sondern in das gesamte Ökosystem. Wir gestalten so die Mobilität der Zukunft. In zwei bis drei Jahren werden Sie ein völlig anderes Bild erleben.“ Quelle: ampnet / DMM