Gerangel um Alitalia nimmt Fahrt auf

Wie bei Airberlin hatte Etihad Airways auch bei seiner zweiten problematischen europäischen Beteiligung Alitalia die Zahlungen eingestellt, drei Monate früher als beim deutschen Pendant, die Auswirkungen aber waren dieselben: Altialia musste Insolvenz anmelden, nicht zum ersten Mal übrigens. Seitdem sucht die italienische Regierung krampfhaft nach einem Investor, der am liebsten die gesamte Alitalia samt ihrer Schuldenberge übernehmen sollte. Zuletzt war immer wieder von der Lufthansa die Rede, die den Italienern am liebsten wäre.

Alitalia könnte gut in die LH Group passen. Foto J.F.

Die erste Bieterrunde endete am 02. Oktober 2017, ohne greifbares Resultat, obwohl es angeblich 14 Interessenten gegeben haben soll. Abe die Offerten waren den Kommissaren Luigi Gubitosi, Enrico Laghi und Stefano Paleari wohl nicht gut genug, deren Job es ist, beim Deal möglichst viel Geld vom Käufer herauszuschlagen und zu verhindern, dass es Entlassungen gibt. Daher verlängerte Rom einen Brückenkredit bis in dieses Jahr hinein, um weitere Zeit für Verkaufsverhandlungen zu haben; denn es hat nicht unbedingt den Anschein, als ob sich andere Luftfahrtunternehmen um den seit Jahren chronisch defizitären National Carrier Italiens reißen.

Die Lufthansa, die vor einigen Jahren mit ihrem „Italia-Ableger“ unsanft gelandet war und das Projekt klammheimlich wieder vom Markt nahm, soll noch klarer Favorit für die Übernahme sein, weil der Kranich-Airline nachgesagt wird, seriös und finanziell potent genug zu sein, um den kranken Carrier vom Stiefel  in ihre LH-Gruppe aufzunehmen. Wäre da nicht das Angebot über 300 Mio. Euro, das LH-Chef Carsten Spohr bereit wäre zu zahlen, was der Regierung in Rom aber zu wenig ist. Die nämlich hätte gerne ½ Mrd. Euro. Und Rom will auch nicht dem Vorschlag der Lufthansa folgen, überschüssiges Alitalia-Personal – die Rede ist von 2.000 Jobs – auf die Straße zu schicken. Genau an diesem Punkt würde sich die Lufthansa wohl die Zähne auch bei den italienischen Gewerkschaften ausbeißen. Die hatten schon einmal einen ähnlichen Deal mit Air France verhindert.

Nun ist am 23. Januar Easyjet auf die Bildfläche getreten, mit Air France als Co-Partner im Hintergrund. Die Briten, die schon beim Airberlin-Geschachere leer ausgegangen waren, haben angeblich ihre Kaufinteresse für Alitalia bekräftigt und angeblich ein Angebot ausgearbeitet, das zu 100 % den Forderungen der Kommissare  von Alitalia entspricht, wie Frances Ouseley (Direktorin Easyjet Italien) öffentlich verlauten ließ. Dem Vernehmen nach ist der LC-Carrier von der Insel aber nur am Langstreckengeschäft Alitalias interessiert. Die frühere Alitalia-Partnerin AF, die vor Jahren schon mal ausgebootet worden war, würde sich bei einer Übernahme organisatorisch und logistisch um die Alitalia-Langstrecken kümmern.

Bekannt ist ferner, dass auch der US-Riese Delta Air Lines zu den Bietern für Alitalia zählt. Den Reigen der weiteren Mitbewerber schließen Ryanair und Norwegian sowie die ungarisch Wizzair, die aber nur auf die Kurz- und Mittelstrecken spekuliert und nicht auf die Marke Alitalia, womit Wizzair-CEO József Váradi wohl schon aus dem Rennen sein dürfte.

Schließlich der finanziell potenteste aller Interessenten, der US-Investmentfonds Cerberus Capital Management. Die Amerikaner sollen dem italienischen Kreditinstitut Cassa Depositi e Prestiti (CDP) ein Angebot unterbreitet haben. Cerberus Capital Management ist ein Investmentfonds-Managementunternehmen mit Firmensitz in New York City, das 1992 von Stephen Feinberg gegründet wurde. Es beteiligt sich an Unternehmen und veräußert sie nach einer Umstrukturierung weiter. Seit 2006 ist der frühere US-Finanzminister John W. Snow CEO des Finanzfonds. Bei der Namensgebung ließ sich Feinberg vom Fabeltier Cerberus in der griechischen Mythologie inspirieren, das den Ein- und Ausgang des Hades bewacht. Er soll die Idee gemocht haben, dass ein Kopf des Tieres immer wach war, so wie sein Unternehmen stets die Investitionen der Kunden bewachen solle. Cerberus übernahm im Rahmen eines von ihm geführten Konsortiums unter anderem von dem US-amerikanischen Automobilkonzern General Motors die Mehrheit am Tochterunternehmen GMAC (ehemals General Motors Acceptance Corporation) und am 03  August 2007 für 5,5 Mrd. Euro 80,1 % der Chrysler Group des einstigen Möchtegerne Welt-Autokonzerns DaimlerChysler, womit die Chrysler LLC entstand. Cerberus gehören auch Teile von Bayer sowie viele Gewerbeimmobilien und unzählige Wohnungen in Deutschland. Eine Fluglinie aber fehlte bisher im Portfolio.

Aber ob Rom ein gesteigertes Interesse an seiner Private-Equity-Firma hat, der dann ihr einstiger Stolz gehören soll, bezweifeln Kenner. Wohin die Reise mit Alitalia gehen soll, wird sich erst nach den italienischen Parlamentswahlen im März entscheiden. Quelle:La Republica / DMM