Luftfahrt: Müssen noch mehr gehen?

Die Infektionszahlen in Sachen Corona gehen in Deutschland leicht zurück. Von Entwarnung kann für die deutsche Luftverkehrswirtschaft aber noch keine Rede sein. Die Herausforderungen sind nach wie vor hoch, so der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL). Das bleibt nicht ohne Auswirkungen auf die Belegschaften, die nach Massenentlassungen verblieben sind.

Im März verzeichnet die Luftverkehrswirtschaft – gemessen am Vorkrisenjahr 2019 – gerade einmal 8 % der Passagierzahlen an den deutschen Flughäfen. Dementsprechend hatte sich auch das Flugangebot weiter reduziert und lag im Februar bei rund 14 % des Vorkrisenniveaus. In den ersten drei Monaten des Jahres 2021 lag die Zahl der Fluggäste im Luftverkehr mit Deutschland gute 90 % unter dem Vergleichswert aus 2019. Der Umsatz von Airlines und Airports belief sich auf nur 21 % des Vergleichswerts aus dem Jahr 2019.

Seit April aber fahren Lufthansa & Co. ihre Kapazitäten und Frequenzen wieder hoch. Dennoch gibt es für die verbliebenen Beschäftigten bei den Airlines und Airports nicht unbedingt gute Nachrichten. So rechnet der BDL angesichts der vergleichsweise unbefriedigenden Situation mit einem weiteren Abbau von Arbeitsplätzen. Nach wie vor arbeiteten etwa 70 % aller Beschäftigten kurz, so dass mit dem Auslaufen der Regelungen Mitte des Jahres weitere Einbrüche zu erwarten seien. Nach diesen vorgelegten aktuellen Zahlen hat der deutsche Luftverkehr den Tiefpunkt zwar leicht überschritten, und es ist abzusehen, dass die Talsohle durchschritten ist.

Die Ergebnisse im Detail:

Entwicklung im 1. Quartal 2021: Der Einbruch des Passagierluftverkehrs infolge der Covid-19-Pandemie und der damit verbundenen Reisebeschränkungen zeigte sich weiterhin auch im 1. Quartal 2021: Gegenüber dem 1. Quartal 2019 fehlten den deutschen Flughäfen 90 Prozent und den deutschen Fluggesellschaften 89 Prozent der Passagiere. Die Reisebeschränkungen der dritten Pandemie-Welle haben den Verkehr weitgehend zum Erliegen gebracht. Auch im Vorlauf bis Ostern zeigte sich kaum ein Anstieg der Verkehrsmengen. Für den globalen Luftverkehr sind internationale Vergleichswerte für das 1. Quartal 2021 noch nicht verfügbar.

Im Verkehr mit Deutschland ging der Marktanteil der deutschen Fluggesellschaften in den ersten drei Monaten 2021 gegenüber 2020 um insgesamt 4 Prozent zurück. Der Rückgang fand vor allem im Segment der Interkontinentalflüge statt, in dem besonders gravierende Reisebeschränkungen greifen. Im innerdeutschen Verkehr waren hingegen Marktanteilsgewinne zu verzeichnen, die vor allem auf den Rückzug von easyJet aus dem innerdeutschen Markt zurückzuführen sind. Die Marktanteilsverluste im 1. Quartal 2021 sind auch Ergebnis einer restriktiveren Kapazitätssteuerung der deutschen Fluggesellschaften: Es werden nur Flüge durchgeführt, die zumindest die Deckungsbeiträge erwirtschaften.

Umsatz- und Mitarbeiterzahlen: Die anhaltend niedrigen Verkehrszahlen spiegeln sich auch in den wirtschaftlichen Parametern wider: Die Unternehmen der deutschen Luftverkehrswirtschaft verzeichneten im 1. Quartal einen Umsatzrückgang von 79 Prozent gegenüber dem 1. Quartal 2019. Dies hat weitreichende Folgen für das Kostenmanagement, die Personalplanung und die Investitions- und Innovationskraft der Unternehmen. Vor dem Hintergrund des anhaltenden Einbruchs der Verkehrszahlen sind die Unternehmen zu Restrukturierungsmaßnahmen gezwungen, die auch den Abbau von Personal umfassen. Im 1. Quartal 2021 lag die Anzahl der Beschäftigten 4 % unter dem Niveau von 2019. Weitere Einbrüche sind zu befürchten, wenn Kurzarbeiterregelungen auslaufen. In der deutschen Luftverkehrswirtschaft sind nach wie vor rund 70 % der Beschäftigten in Kurzarbeit. In der Spitze waren es im letzten Jahr rund 80 %.

Ausblick auf das Gesamtjahr 2021: Der internationale Verband der Fluggesellschaften IATA wagt einen Ausblick auf das Gesamtjahr 2021: Nachdem 2020 bei den Fluggesellschaften ein weltweiter EBIT-Verlust von 126 Mrd. USD zu verzeichnen war, werden sich die Ergebnisse laut IATA-Prognose im Jahr 2021 insgesamt etwas erholen, aber in Summe weiter einen hohen Verlust aufweisen (-48 Mrd. USD). Demnach werden die Fluggesellschaften 2021 auf keinem Kontinent wieder profitabel werden. Die IATA prognostiziert, dass beinahe die Hälfte der Verluste im weltweiten Luftverkehr bei den europäischen Fluggesellschaften anfallen wird. Gründe dafür sind der hohe Anteil von internationalem Verkehr und besonders strenge Reisebeschränkungen in Europa.

Entwicklung im März 2021: Der weltweite Passagierluftverkehr lag im März 2021 mit einem Minus von 67 % (gegenüber dem März 2019) weniger stark zurück als noch im Februar. Diese Verbesserung ist aber im Wesentlichen der Entwicklung in Nordamerika und Asien geschuldet, wo es jeweils große Inlandsmärkte gibt. Die stark durch internationalen Verkehr geprägten Fluggesellschaften in Europa und im Nahen Osten haben im März noch keine Erholung der Nachfrage gesehen. Dort ist die Verkehrsentwicklung im Passagiergeschäft noch stark durch die dritte Welle der Pandemie geprägt. Wie im gesamten letzten Jahr hat sich die Entwicklung des Frachtverkehrs vom Passagierverkehr entkoppeln können: Der Luftfrachtverkehr hat sich im März 2021 im Vergleich zu 2019 durchgängig positiv entwickelt. Dennoch ist das Wachstum im März mit 4 Prozent nicht mehr so dynamisch wie im Februar, wo das Wachstum gegenüber 2019 noch 9 Prozent betrug. Dies bewegt sich aber noch im Rahmen einer allgemeinen Saisonalität.

Verkehrsentwicklung in Deutschland: Im deutschen Passagierluftverkehr hielt der verheerende Einbruch der Passagierzahlen im März weiter an. Gegenüber März 2019 gingen die Passagierzahlen an den deutschen Flughäfen um 90 % zurück. Eine Erholung ist weder im Monatszeitraum noch im kumulierten Zeitraum zu verzeichnen. Die Verschärfung der pandemiebedingten Reisebeschränkungen hat eine Erholung in den ersten drei Monaten verhindert. Wie im weltweiten Luftverkehr war auch im Frachtverkehr mit Deutschland eine andere Entwicklung zu verzeichnen: Der Luftfrachtverkehr konnte gegenüber dem ersten Quartal im Vorkrisenjahr 2019 um 8 % zulegen.

Entwicklung des Flugnetzes: Insgesamt wurden an den deutschen Flughäfen im März 747 Flugstrecken weniger angeboten als im März 2019, wobei die meisten Strecken im Verkehr mit europäischen Flugzielen weggefallen sind. Gegenüber dem Vormonat Februar zeigte sich im März keine wesentlich verbesserte Netzqualität. Nur im innerdeutschen Verkehr hat sich der Rückgang der Strecken etwas abgemildert: Dies ist auf einige neue Strecken nach Westerland/Sylt zurückzuführen.

Preisentwicklung: Bei stark abgesenkter Kapazität zeigen sich steigende Ticketpreise, auch wenn diese Ergebnisse aufgrund der kleinen Stichproben nur begrenzt aussagefähig sind. Vor allem die Preise für Flugtickets zu deutschen und zu europäischen Zielen sind gestiegen.

Ausblick: Im März und April hatten die Fluggesellschaften ihr Angebot für die Monate Mai bis Juli 2021 noch weiter abgesenkt. Im Mai hingegen wurde das Flugprogramm gegenüber dem Planungsstand April 2021 wieder etwas ausgeweitet. Dies deutet auf ein sich belebendes Reisegeschehen im Sommer hin. Ursachen für die Ausweitung des Angebots und die damit verbundene steigende Nachfrage sind Fortschritte der Impfkampagne im April und Mai sowie Ankündigungen, Reisebeschränkungen in Europa und Deutschland schrittweise zurückzuführen. Quelle: BDL / DMM