Nächste Dreamliner-Problem bei Boeing

Bei der Inspektion und Überarbeitung nicht ausgelieferter B 787 Dreamliner betreffend die 2020 entdeckten Mängel an den Rumpfverbindungen hat Boeing ein neues Fertigungsproblem mit einem wichtigen Strukturteil in der Nase des Jets entdeckt. Ingenieure haben inakzeptabel große Lücken um das vordere Druckschott herum gefunden. Es handelt sich dabei um eine kuppelförmige Barriere vor dem Piloteninstrumentenbrett, die entscheidend für die Aufrechterhaltung des Luftdrucks im Cockpit und in der Passagierkabine ist.

Die jetzt erforderlichen zusätzlichen Inspektionen und Nachbesserungsarbeiten werden nach DMM-Informationen den aktuellen Lieferstopp der 787 verlängern und die Lagerhaltung nicht auslieferbarer Dreamliner erhöhen. Zudem sieht sich Boeing zu einer weiteren Absenkung der ohnehin bereits zurückgefahrenen Produktionsrate, heißt es in einer Erklärung des Luft- und Raumfahrtproduzenten. Demnach soll die Produktionsrate auf weniger als fünf Einheiten je Monat sinken.

Laut US-Luftfahrtbehörde FAA handelt es sich um kein Problem, das die Flugsicherheit beeinträchtigen könnte, da es sich um die Schließung von Lücken im Tausendstel Milliometer-Bereich dreht. Nach DMM-Informationen müssen etwa 100 fertiggestellte und geparkte Dreamliner auf die Fehler inspiziert werden. Erst wenn die Fehler korrigiert sind, dürfen die Maschinen an die Kunden übergeben werden. Boeing und die FAA prüfen ferner, ob ähnliche Inspektionen für die in Betrieb befindliche Flotte erforderlich sind, die derzeit Passagiere rund um den Globus fliegt.

In einem Statement der Bundesbehörde FAA heißt es, dass ihr die Qualitätsprobleme bekannt sind. Auf der Grundlage von Daten will die FAA entscheiden, ob ähnliche Änderungen an bereits im kommerziellen Dienst befindlichen 787 vorgenommen werden sollen. Zurzeit werden Mechanikerteams aus der 787-Produktion abgezogen, um personelle Ressourcen für die Inspektionen und Nacharbeiten an den nicht ausgelieferten Jets bereitzustellen.

Der neuerliche Rückschlag verdirbt Boeing die Planung: So können 2021 weit weniger Dreamliner an die Kunden übergeben werden ald gedacht, was natürlich auch ein Loch in die Kasse reißt. Andererseits deutet sich ein weiteres Problem an: Das Interesse großer Airlines am Dreamliner hat spürbar nachgelassen, zumal der internationale Langstreckenflugverkehr eingebrochen ist.

Übrigens hat die FAA den Inspektionsprozess für die 2020 schon aufgedeckten Rumpffehler noch nicht genehmigt. Die Behörde verlangt analytische Daten zu Boeings Vorschlag, nicht jedes Flugzeug, sondern nur stichprobenartig die Jets zu untersuchen. Das Prozedere dabei scheint nicht einfach zu sein. Denn Mechaniker einige der inneren Seitenwände auseinandernehmen, um die Verbindungen zu sehen. Der jetzt entdeckte Fehler in der Flugzeugnase wird den FAA-Zulassungsprozess defintiv weiter verzögern.

Im Juni schaffte es Boeing immerhin, einen einzigen Dreamliner auszuliefern. Dieses Flugzeug war jedoch eine Ausnahme. Es war seit Herbst 2020 vor dem ersten Auslieferungsstopp im Oktober letzten Jahres auf Wunsch des Kunden Turkish Airlines geparkt worden.

Die einzige gute Nachricht für Boeing war in letzter Zeit, dass die Verkäufe der 737 MAX angezogen haben. Im Juni hatte der Hersteller 219 Neubestellungen verbuchen dürfen: 200 B 737 MAX für United sowie 18 767-Großraumfrachter und ein großer 777-Frachter, alle für FedEx. 71 MAXs wurden jedoch storniert sowie zwei 737 Militärflugzeuge, so dass die Nettobestellungen für Juni 146 betrugen. Wasser in den Weingossen indes etliche Abnehmer aufgrund von Finanzierungs- und/oder Vertragsschwierigkeiten: Dehalb nämlich musste Boeing weitere 49 MAX und sieben 787 aus dem festen Auftragsbestand entfernen. Quelle: DMM / Boeing