Neue Masche: Inkasso-Abzockversuche aus dem Ausland

So manchem automobilen Geschäftsreisenden sind nach einer Fahrt ins Ausland schon überzogene Geldforderungen von privaten Inkassobüros und Anwälten für (zum Teil auch angebliche) Verkehrsdelikte oder nach Unfällen ins Haus geflattert. Darin wird aus einem Parkverstoß für 20 Euro dann mal eben eine Forderung von 300 Euro, wie der Präsident des Verkehrsgerichtstags, Kay Nehm, kürzlich berichtete. Automobilclubs warnen inzwischen ebenfalls vor zunehmenden Versuchen dieser Art, Besucher aus dem Ausland abzuzocken. Nach Angaben des ADAC haben sich solche Vorfälle inzwischen zu einem „Massenphänomen“ ausgewachsen. Auch Nehm spricht von einer „besorgniserregenden“ Entwicklung.

Die Masche läuft in der Regel immer ähnlich ab: Man ist von einer Auslandsreise mit dem Auto wohlbehalten zurück, die Tour ist insgesamt problemlos verlaufen. Eines Tages, oft Wochen oder Monate später, kommt dann mit der Post ein Schreiben aus dem Reiseland mit einem amtlich wirkenden Briefkopf oder einer Inkassofirma bzw. einem Anwaltsbüro als Absender. In dem Brief werden dem erstaunten Autofahrer Kosten für ein Verkehrsdelikt oder einen Unfall in Rechnung gestellt – zuzüglich Forderungsgebühren. Häufig ist sich der Betroffene gar keiner diesbezüglichen Schuld bewusst oder kann sich an einen solchen Vorfall nicht erinnern – doch die Geldforderung liegt vor ihm. Darin wird von dem Autofahrer verlangt, zum Teil hohe dreistellige Beträge zu entrichten, weil man irgendwann einmal ein paar Euro Maut nicht bezahlt oder falsch geparkt hat, berichtet der ADAC.

Meist kommen solche Abzocke-Versuche aus Kroatien, Italien, Ungarn oder Großbritannien, wie ADAC-Jurist Markus Schäpe dem Redaktionsnetzwerk Deutschland erläuterte. Nach seinen Erfahrungen sind inzwischen jedes Jahr zehntausende, wenn nicht sogar hunderttausende deutsche Autofahrer von solchen Machenschaften betroffen – Tendenz steigend. Vielfach sind die Begründungen für die Forderungen in den Schreiben für die Betroffenen auch nicht nachvollziehbar. Und immer geht es um deutlich höhere Beträge als wir sie vom deutschen Bußgeldsystem her kennen, die in der Regel auch die Grundforderung, so es denn eine gibt, aufgrund der hinzukommenden Forderungsgebühren um ein Vielfaches übersteigen, wie der ADAC weiß.

Die Ursache für die zunehmende Inkasso-Abzocke, wie Kritiker das Vorgehen bezeichnen, sehen Experten in dem Problem, dass ausländische Kommunen rechtskräftig ausgestellte Bußgeldbescheide in Deutschland nach derzeitigem EU-Recht nur eintreiben können, wenn es sich um Geldbußen über 70 Euro handelt. Bei kleineren „Delikten“ hingegen, wie Park- und Mautverstößen oder Fahren in verkehrsbeschränkten Innenstädten, haben die kommunalen Behörden kaum eine Handhabe. Deshalb versuchen sie, auf dem zivilrechtlichen Inkassoweg an ihr Geld zu kommen.

Dabei erweisen sich die angesetzten Inkassogebühren jedoch vielfach als massiv überhöht, es fehlen ausreichende Rechtsbehelfserläuterungen und die Grundlagen der Forderungen sind oft schon Jahre alt, wie Automobilclubs und Juristen bemängeln. Sie raten deshalb, die überzogenen Gebührenforderungen auf keinen Fall zu begleichen. Bezahlen sollte man demnach allerdings die Grundforderung, also das „Knöllchen“ selbst, wenn es denn berechtigt ist. Quelle: Goslar Institut / DMM