NIKI-Verkauf kann noch platzen

Ähnlich dem Airberlin-Desaster, bei dem viele Kunden, private wie gewerbliche, auf den Kosten ihrer gebuchten und bezahlten Tickets sitzen geblieben sind, kann es etwa 200.000 MIKI-Kunden ergehen. Aber die eigentlich schlimmere Nachricht ist die, dass der Deal mit IAG noch platzen kann. Denn es gibt Beschwerden und eine äußerst fragwürdige und rechtlich problematische Handlungsweise des Amtsgerichts Berlin-Charlottenburg. Letzteres hätte das Insolvenzverfahren in Sachen NIKI gar nicht an sich ziehen dürfen.

Hat das Amtsgericht Berlin-Charlottenburg enen verhängnisvollen Fehler in Sachen NIKI-Insolvenzverfahren begangen? Foto berlin.de

Zwar hat sich die spanisch-britische International Consolidated Airlines Group S.A (IAG) für ein Spottgeld (rund 37 Mio. Euro) die ebenfalls insolvente Ex-Airberlin-Tochter NIKI einverleibt (DMM berichtete), aber, und das ist der Haken an der Geschichte, sie, respektive die Vueling Airlines S.A., hat nicht die Niki Luftfahrt GmbH als Gesellschaft übernommen, sondern lediglich die Marke und Vermögenswerte wie Slots, Crews und Flugzeuge. Damit verlieren die gebuchten NIKI-Flugausweise ihren Wert.

Der Abschluss des Kaufs („Closing“) ist für Ende Februar 2018 geplant. Bis dahin bleibt der Flugbetrieb NIKI’s ausgesetzt. NIKI soll künftig Teil der IAG-Günstigtocher Vueling werden und wohl auch unter deren Bezeichnung operieren. Doch jetzt kommt's: Aktuell hat die Europäische Kommission Kritik an der geplanten Niki-Übernahme durch die IAG als „unbegründet“ zurückgewiesen. Die Insolvenzverwalter von Niki hätten eine Reihe von Angeboten erhalten, und sich in einem unabhängigen Prozess nun für IAG entschieden, sagt eine Sprecherin der Kommission.

Schweres Geschütz fährt der CSU-Finanzpolitiker Hans Michelbach auf: Er wirft der Kommission vor, den Abbruch der Gespräche durch Lufthansa provoziert zu haben, „um einem bestimmten Investor (die Holding IAG) eine Übernahme zum Schnäppchenpreis zu ermöglichen". Wie DMM berichtete, wollte die Lufthansa 190 Mio. Euro bezahlen, die IAG zahlt lediglich knapp 37 Mio. Euro und schickt gut ein Viertel der NIKI-Belegschaft zum Arbeitsamt.

Ebenfalls beunruhigend klingt die weitere Nachricht, wonach das Fluggastrechte-Portal Fairplane die Zuständigkeit des Amtsgerichts Berlin-Charlottenburg beim Insolvenzverfahren für Niki anzweifelt. Fairplane habe deshalb beim Gericht Beschwerde gegen die Eröffnung des Verfahrens in Deutschland eingelegt, bestätigt Fairplane-Sprecher Ronald Schmid. Gleichzeitig sei ein Insolvenzantrag beim österreichischen Landesgericht Korneuburg gestellt worden.

Fairplane sieht einen Interessenskonflikt darin, dass die Insolvenzverfahren für Airberlin und Niki in einer Hand liegen. Das wiederum alarmiert den Insolvenzverwalter Lucas F. Flöther. Er warnt vor einem Erfolg der Beschwerde von Fairplane; denn dann könnte der Deal mit IAG doch noch platzen. Damit entfielen auch die Zahlungen von IAG, die Niki zur Aufrechterhaltung des Flugbetriebs braucht Außerdem können dann Start- und Landerechte verloren gehen.

Wie DMM berichtete, hatte sich das Amtsgericht Berlin-Charlottenburg im Dezember 2017 für das Insolvenzverfahren zuständig erklärt, obwohl NIKI den Unternehmenssitz in Wien hat. Zur Begründung sagte das AG Berlin, es sei maßgeblich, in welchem Staat sich der Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen der Schuldnerin befinde. Das freilich ist nach Juristenmeinung eine sehr schwammige und jederzeit anfechtbare Begründung.

Hinzu addiert sich weiterer Ärger: Ein Sprecher des vorläufigen Insolvenzverwalters Prof. Dr. Lucas F. Flöther verwies auf gut 400.000 ausgestellte und bezahlte NIKI-Flugtickets, darunter 200.000 von Privat- und Geschäftsreisenden selbst gebucht. Bei Letzteren können die gelackmeierten Kunden, die evtl. leer ausgehen könnten, nur hoffen, dass Vueling Kulanzangebote macht. Wie im Fall Airberlin gilt, das Kunden, die nach der Insolvenz der NIKI-Mutter Airberlin (15. August 2017) Tickets gebucht haben, ihr Ausgaben ersetzt bekommen sollen; denn die Einnahmen aus direkt gekauften Tickets liegen auf einem Treuhandkonto (DMM berichtete) und können von dort rückerstattet werden. Über Reisebüros gekaufte Tickets sind ohnehin versichert. Quelle: CSU / Fairplane / Die Presse / DMM