Totalversagen kostete bei Absturz 20 Menschenleben

Nach zweieinhalb Jahren wurde der Abschlussbericht zur im Sommer 2018 in Flims (Graubünden) verunglückten JU52 veröffentlicht. Die Flugunfall-Ermittler machen die Piloten als Hauptschuldige aus, werfen aber auch Airline und Flugaufsicht kapitales Versagen vor, meldet die Schweizer „Blick“. Dem Luftfahrtunternehmen Ju-Air wurde in der Folge ein bis heute andauerndes Flugverbot auferlegt.

Senkrecht und mit 202 km/h auf dem Fahrtenmesser schlug die Ju-52 am 04. August 2018 um 16.57 Uhr auf dem Felsboden am Fuß des Piz Segnas auf. Alle 20 Menschen an Bord des Oldtimers verloren ihr Leben. In den zurückliegenden zweieinhalb Jahren ging die Schweizer  Sicherheitsuntersuchungsstelle (Sust) den Ursachen für die Tragödie auf den Grund. Der am Donnerstag, 28. Januar 2021 veröffentlichte Abschlussbericht macht fassungslos – und spricht den beiden Piloten (62 und 63 Jahre alt) die Hauptschuld zu. Beide wählten einen hochriskanten Flugweg, der aufgrund der geringen Flughöhe über dem Gelände und des fehlenden Drehraums keine Auswege oder Korrekturmöglichkeiten bei Fehlern, Störungen und Wettereinflüssen bot, so das Sust-Ergebnis der Unfalluntersuchung.

Die Piloten seien mit der Ju-52 auf der Erlebnisflugreise nach Locarno wohl deshalb zu tief in den Sardonakessel eingeflogen, um ihren Passagieren einen einzigartigen Ausblick auf das berühmte Martinsloch zu ermöglichen. Die einstigen Luftwaffenpiloten hätten nämlich schon länger die Gewohnheit an den Tag gelegt, systematisch anerkannte Regeln der Luftfahrt nicht einzuhalten.

Weil die Maschine zu langsam unterwegs und wegen einer fehlerhaften Flugplanungssoftware auch schlecht ausbalanciert war, geriet die Situation wegen im Talkessel herrschenden Turbulenzen außer Kontrolle. Ein Strömungsabriss (Stall) am Ende einer Linkskurve besiegelte das Ende der Flugs und der Menschen an Bord.
Weil ein moderner Flugdatenschreiber im Oldtimer fehlt, müssen die Unfallermittler den genauen Hergang mittels Wetterdaten, Augenzeugenberichten und insbesondere den wieder hergestellten Handydaten und Videoaufnahmen der Verunglückten rekonstruieren. Die beiden ehemaligen Militärpiloten hätten zwar über exzellente Geografiekenntnisse verfügt und seien vermutlich gerade deswegen bewusst zu tief in den ihnen bestens bekannten Kessel geflogen. Zudem werden den beiden Flugzeugführern zahlreiche weitere Unterschreitungen der Mindestflughöhen auf früheren Flügen vorgeworfen. Die Angehörigen der Unfallpiloten wollen den Abschlussbericht nicht anerkennen.

Die Sust geht aber auch mit der Flugzeugbetreiberin Ju-Air ins Gericht. In letzter Konsequenz werfen ihr die Ermittler eine katastrophale Sicherheitskultur vor. Denn die Oldtimermaschine hätte wegen zahlreicher und eklatanter Mängel am Unglückstag eigentlich gar nicht abheben dürfen! Und die Ju-Air habe laut Sust ihre Piloten, die aus Leidenschaft zur Fliegerei alle ehrenamtlich am Steuer sitzen, nicht im Griff. Mehrere ihrer Flugzeugführer fielen wiederholt durch bisweilen hoch waghalsige Verstöße auf. In 44 Fällen bestand eine hohe Unfallwahrscheinlichkeit, weil die Flugbesatzungen hohe Risiken eingingen und Felswände und Bergflanken oft sehr nahe passierten. Quelle: Blick.ch / DMM