Überflutungen im Bahnhofsbereich sind Ergebnis einer Fehlplanung

Keineswegs waren es „verstopfte Gullys“, wie bundesweit vermeldet, die an Fronleichnam und vor allem am folgenden Freitagabend im Bereich des Stuttgarter Hauptbahnhofs zu Überflutungen von bis zu 30 cm geführt haben. Vielmehr handelt es sich um eine unmittelbare Auswirkung von Stuttgart 21-Fehlplanungen, sagt das Aktionsbündnis gegen S21.

Der quer zum Tal gelegte Tiefbahnhof unterbricht alle Abwassersammler der Innenstadt Stuttgarts. Deshalb mussten die großen Abwasserkanäle, die das Wasser Richtung Neckar ableiten, umgelegt und unter dem Tiefbahnhof als „Düker“ hindurchgeführt werden. Dadurch wurde die ohnehin knapp dimensionierte Abflussleistung der Abwassersammler weiter verringert, wie Dipl. Ingenieur Hans Heydemann von den „Ingenieuren22“ erläutert. Heydemann, aufgrund beruflicher Erfahrung Fachmann in Entwässerungsfragen, weiter: „So wurde der Nesenbachkanal als der größte der Abwasserkanäle für eine maximale Abflussleistung von 100 m³/s ausgelegt. Der ursprüngliche Nesenbachkanal konnte jedoch 126 m³/s abführen“, womit er den bisherigen Anforderungen ohne Rückstau standhalten konnte.“

Ursächlich für die Überschwemmungen ist also „der Rückstau in den Abwasserkanälen, der von den eingefügten S21-Dükern ausgeht, die mit ihren Umlenkungen und Querschnittsänderungen das Strömungsverhalten der Abwasserkanäle nachteilig beeinflussen und die Abflussleistung verringern“. Als der Regen nachließ und der Wasserzufluss in den Kanälen geringer wurde, löste sich auch der Rückstau auf, und das Wasser auf der Schillerstraße konnte wieder ungehindert abfließen. Die unterstellten „Verstopfungen“ der Gullys mussten dazu nicht beseitigt werden – denn es gab gar keine.

Ergänzend weist Heydemann daraufhin, „dass die Düker (insgesamt vier) nach jedem Starkregen wieder leergepumpt und gereinigt werden müssen, wofür einschließlich Überwachung, Wartung und Instandhaltung der Dükeranlagen jährlich etwa ½ Mio. Euro an Kosten anfallen“.

Am 4. Juni 2018 hatte das Aktionsbündnis bereits die Studie „Überflutungsrisiken durch Stuttgart 21 – Der Tiefbahnhof als „Staumauer“ bei Starkregen“ von Dr. Christoph Engelhardt und Dipl.-Ing Hans Heydemann veröffentlicht.  Auf 80 Seiten wird detailliert auf die Risiken bei Starkregenereignissen hingewiesen. Deren Eintrittswahrscheinlichkeit werde künftig aufgrund der Klimadramatik zunehmen und mit der Stuttgarter Kessellage auf eine Topologie treffen, die die Stadt ohnehin zu einem Hochrisikogebiet bei Starkregenereignissen machten.

Wie bei anderen Themen wurden auch hier die Warnungen der S21-Kritiker von den S21-Machern und -Verantwortlichen in den Wind geschlagen. Die Überschwemmungen am 5. Juni 2021 sollten als Warnung vor Schlimmerem verstanden werden, so das Aktionsbündnis. Quelle: Aktionsbündnis gegen S21 / DMM