Umweltbundesamt: Software-Updates bringen so gut wie nichts

Diesel-Pkw sind die Hauptquelle für die gefährlichen Stickoxide in den Städten. Der Verkehrsbereich trägt zu rund 60 % zur Stickstoffdioxid (NO2)-Belastung bei, so das Umweltbundesamt. Daran sind die Diesel-Pkw mit 72,5 % beteiligt. Andere Fahrzeuge haben einen geringeren Anteil. Die lokale Industrie ist für etwa 3 % der NO2-Belastung in deutschen Städten verantwortlich. Die privaten Heizungen einer Stadt tragen zu rund 7 % zur NO2-Belastung bei. Das UBA vertritt die Ansicht, dass das angelaufene Programm der Autobauer mit Software-Updates kaum etwas bringt.

Die Mitgliedstaaten der EU haben sich im Jahr 1999 darauf geeinigt, dass ab dem Jahr 2010 ein NO2-Jahresmittelwert von 40 µg/m³ überall eingehalten werden soll. Grundlage war eine entsprechende Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation. Man ging damals davon aus, dass dieser Wert bei einem gleichbleibenden Verkehrsaufkommen in den Innenstädten und mit einer verbesserten Abgasreinigung innerhalb von 10 Jahren einhaltbar wäre. Nicht erwartet hatte man die - u.a. durch Steuervorteile bedingte – höhere Zahl von Dieselfahrzeugen. Dennoch wäre der Luftgrenzwert an den meisten Orten einzuhalten gewesen, wenn die Realemissionen der Diesel-Pkw nicht in wachsendem Maße die Emissionen auf dem Rollenprüfstand überschritten hätten. 

Ein Grund liegt darin, dass zur Senkung des Kraftstoffverbrauchs die Temperaturen beim Verbrennungsprozess gesteigert wurden und damit grundsätzlich mehr Stickoxide direkt vom Motor gebildet werden. Damit haben anschließende Abgasnachbehandlungssysteme höhere Minderungsraten zu erbringen, um real niedrige Stickoxidemissionen zu erreichen. Heutige Euro-5- und Euro-6-Diesel-Pkw haben daher in Abhängigkeit der Auslegung der Abgasreinigung niedrige bis sehr hohe Stickoxidemissionen. Das zeigt, dass die Hersteller – zudem noch in Abhängigkeit der Modelle – die technischen Potenziale zur Minderung der Stickoxidemissionen unterschiedlich stark nutzen. Teilweise findet bei bestimmten Situationen im realen Fahrbetrieb der Autos (z. B. bei niedrigen Ansauglufttemperaturen) kaum eine aktive Stickoxidminderung statt. Bei Vorhandensein einer selektiven katalytischen Reduktion (SCR) kommt es teilweise zu einer nicht vollständigen Ausnutzung der möglichen Minderung der Stickoxide, da beispielsweise nicht ausreichend Harnstoff dem Katalysator zu dosiert wird. 

Im Durchschnitt führt dies zu deutlich höheren durchschnittlichen Stickoxidemissionen im realen Fahrbetrieb auf der Straße im Vergleich zu auf dem Rollenprüfstand gemessenen Werten bei der Überprüfung der Abgasgrenzwerte. Ein Euro-5-Diesel-Pkw hat real durchschnittlich mit 906 mg/km rund fünfmal höhere NOx-Emissionen im Vergleich zum Grenzwert (Euro-5-Grenzwert: 180 mg NOx/km). Bei Euro-6-Diesel-Pkw liegen die realen NOx-Emissionen sogar um mehr als den Faktor 6 über dem Grenzwert (real: 507 mg NOx/km, Grenzwert: 80 mg NOx/km).

Wirklich sauber sind nur Autos ohne Verbrennungsmotor – beispielsweise Elektroautos oder Autos mit Brennstoffzellen. Sie stoßen im Betrieb keine Stickoxide aus. Auch Benziner sind sehr sauber, da es strenge Grenzwerte gibt, die die Fahrzeuge auch real auf der Straße einhalten.

Wer unbedingt einen Diesel kaufen möchte - das sind i.d.R. Fuhrparkbetreiber, sollte auf die Norm Euro 6d-TEMP oder Euro 6d achten. Denn neu bedeutet nicht immer auch gleich sauber. Selbst aktuelle Diesel mit Euro 6a, b oder c halten die Grenzwerte auf der Straße mitunter nicht ein. Sie stoßen im realen Fahrbetrieb durchschnittlich bis zu sechsmal mehr Stickstoffdioxide aus, als nach dem Grenzwert erlaubt.  

Durch die von VDA und den Herstellern angekündigten und teils schon realisierten Software-Updates wird die Luft davon kaum besser. Berechnungen des Umweltbundesamtes aus dem Sommer 2017 zeigen, dass die von den deutschen Automobilherstellern angebotenen Software-Updates die Stickoxid-Emissionen der gesamten Pkw-Flotte nach UBA-Schätzung um 3 bis 7 % senken können – je nachdem, wie viele Besitzer die Updates durchführen lassen (Annahme: zwischen 3,5 und 5 Mio. Fahrzeughalter) und je nachdem, wie viel das Update bringt (Annahme: zwischen 15 und 25 % pro Fahrzeug bezogen auf die Situation vor dem Update). 

Für die Luft in den Städten zeigt sich damit wenig Verbesserung: In den wahrscheinlichsten Szenarien liegt die Minderung demnach etwa zwischen 2 Mikrogramm und 5 Mikrogramm Stickoxide pro Kubikmeter – und hier ist die von den Herstellern im Nachgang zum Nationalen Forum Diesel im August 2017 durchgeführte Umtauschprämie sogar schon mit eingerechnet. Letztlich würden allein mit Software-Updates und Umtauschprämie nur ganz wenige der belasteten Städte den EU-Luftqualitätsgrenzwert für Stickstoffdioxid einhalten können.

In Städten wie Stuttgart oder München liegt die Stickstoffdioxidbelastung bei rund 80 Mikrogramm pro Kubikmeter im Jahresdurchschnitt – also bei fast dem Doppelten des erlaubten Grenzwertes von 40 Mikrogramm. Die maximal 5 Mikrogramm Minderung der Stickstoffdioxid-Belastung durch Software-Update und Umtauschprämie reicht daher bei weitem nicht aus, ist aber ein erster wichtiger Schritt. 2017 ist die Luft laut vorläufigen Daten in den Städten auch besser geworden. Wie hoch der Anteil der software-Updates daran ist, lässt sich aber im Augenblick noch nicht seriös berechnen.  

Die Belastung der Luft mit Stickstoffdioxid (NO2) ist 2017 im Vergleich zum Vorjahr leicht zurückgegangen. Die Zahl der Kommunen mit Grenzwertüberschreitungen nahm nach erster Schätzung von 90 auf 70 ab. Das zeigt die Auswertung der vorläufigen Messdaten der Länder und des Umweltbundesamtes (UBA). Dennoch wurde der Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter (µg/m³) an rund 46 % der verkehrsnahen Messstationen im Jahresmittel überschritten, an zwei Drittel dieser Stationen mit Werten von mehr als 45 µg/ m³ sogar deutlich.

Einen Ausweg sieht das UBA allein in der Umrüstung von Dieselfahrzeugen. „Die Entwicklung geht in die richtige Richtung“, sagte jetzt Maria Krautzberger, Präsidentin des UBA. „Wir sind aber noch längst nicht am Ziel. Immer noch liegen viele Städte deutlich über dem seit 2010 einzuhaltenden Grenzwert.“ Die „Schuld“ sieht Krautzberger vor allem bei Diesel-Autos mit hohen Realemissionen, die oftmals erst in der jüngeren Vergangenheit zugelassen wurden. Die UBA-Präsidentin hält es für ausgeschlossen, dass Software-Updates und Umtauschprämien ausreichen. „Wir brauchen dringend die Hardware-Nachrüstung der Autos und leichten Nutzfahrzeuge. Nur so können wir die Gesundheitsbelastungen durch Stickstoffoxide schnell und vor allem dauerhaft senken.“

ADAC Vizepräsident für Verkehr Ulrich Klaus Becker reagierte auf die Zahlen aus dem UBA: „Wir sind noch nicht am Ziel“, sagt er, „aber wir sind auf dem richtigen Weg. Restriktive Maßnahmen wie Fahrverbote lassen sich vermeiden.“ Becker sieht die Automobilhersteller in der Pflicht, mehr neue Pkw der modernsten Abgasnorm Euro 6d Temp auf den Markt zu bringen. Bisher gibt es noch zu wenige Modelle. Auch der ADAC sprich sich für Nachrüstungen aus. Sofern notwendig sollten auch Hardware-Nachrüstungen ermöglicht werden, sagt Becker. Quelle: UBA / ADAC / DMM