Viele Klagen von Flugpassagieren

Die juristische Aufarbeitung der Corona-Krise sorgt für viel Arbeit bei den Zivilgerichten. Nach einem deutlichen Rückgang der Verfahrenszahlen während des Corona-Lockdowns im Frühjahr erreichen die Amtsgerichte in diesen Wochen zahlreiche Klagen von Flugkunden. Sie wenden sich zunehmend an die Justiz, weil Fluglinien oder Reiseveranstalter die Kosten für stornierte Reisen vielfach noch immer nicht erstattet haben.

Nach einer Umfrage der Deutschen Richterzeitung  ist die Zahl der Reisevertragssachen bei den Amtsgerichten an zehn großen Flughafenstandorten Deutschlands zuletzt stark gestiegen. In den ersten acht Monaten dieses Jahres sind bereits rund 45.000 Verfahren bei den befragten zehn Amtsgerichten eingegangen – trotz eines mehrwöchigen Verfahrenslochs im Frühjahr. Seit Juni liegen die Eingangszahlen in Reisesachen wieder auf dem hohen Niveau wie vor der Corona-Krise. Zum Vergleich: Im Rekordjahr 2019 hatten alle bundesweit zuständigen Amtsgerichte insgesamt rund 100.000 Reisesachen verzeichnet, in der großen Mehrzahl Entschädigungsklagen von Flugkunden wegen verspäteter oder ausgefallener Flüge.

An der Spitze der Verfahrenszahlen liegt aktuell das Amtsgericht Köln mit etwa 9.500 Fällen, gefolgt von Düsseldorf mit rund 9000. Auf Platz drei liegt Frankfurt/Main mit mehr als 7500 Fällen. Das für den Flughafen Berlin-Tegel zuständige Amtsgericht Wedding kommt auf mehr als 4000 neue Reisesachen, das für den Airport München zuständige Amtsgericht Erding ebenfalls. Die weitere Reihenfolge der Verfahrenszahlen bei den Amtsgerichten: Hannover (mehr als 3000 Fälle); Nürtingen (Flughafen Stuttgart, rund 2500); Hamburg (rund 2500); Königs Wusterhausen (Flughafen Berlin-Schönefeld, rund 1750), Nürnberg (rund 900).

Dazu sagt DRB-Bundesgeschäftsführer Sven Rebehn: „Nach einem kurzen Rückgang während des Corona-Lockdowns steigen die Verfahrenszahlen bei den Gerichten wieder. Insbesondere die Zahl der Reisesachen bei den Amtsgerichten schnellt hoch, weil immer mehr Kunden wegen stornierter Reisen ihr Geld von Fluglinien oder Reiseveranstaltern zurückverlangen. Zwar handelt es sich häufig um Verfahren, die sich relativ schnell erledigen lassen. Die Masse der Fälle ist aber eine extreme Belastung. Sollten Legal-Tech-Portale wie angekündigt verstärkt in die Verfolgung von Corona-Ansprüchen der Reisekunden einsteigen, könnte sich die Entwicklung in den nächsten Wochen noch beschleunigen.“

Hintergrund: Nach EU-Recht sind Fluglinien und Reiseveranstalter verpflichtet, bei von ihnen veranlassten Stornierungen den Reisepreis innerhalb von sieben Tagen zurückzuzahlen. Nach dem Zusammenbruch des Luftverkehrs im Frühjahr zieht sich die Regulierung durch Reiseveranstalter und Fluglinien aber seit Monaten hin. Vielfach werden die Kunden hingehalten oder auf Gutscheine verwiesen, weshalb sie zunehmend eine gerichtliche Klärung suchen. Quelle: Deutschen Richterzeitung / DMM