Von 1 Euro bleiben nur 47,1 Cent

Die bundesdeutschen Arbeitnehmer werden seit Jahr und Tag geschröpft. Mehr als die Hälfte ihres Bruttoeinkommens wird ihnen durch Steuern und Sozialabgaben abgenommen. In Europa belegt Deutschland hinter Belgien einen traurigen Spitzenplatz. In diesem Jahr bleiben dem Durchschnittsverdiener von 1 Euro nur noch 47,1 Cent zur freien Verfügung.

Der Steuerzahlergedenktag 2021 ist am Dienstag, 13. Juli. Ab 06:20 Uhr arbeiten die Bürger wieder für ihr eigenes Portemonnaie. Das gesamte Einkommen, das die Steuer- und Beitragszahler vor diesem Datum erwirtschaftet haben, wurde – rein rechnerisch – durch Steuern und Abgaben an öffentliche Kassen abgeführt. Damit liegt die Einkommensbelastungsquote für einen durchschnittlichen Arbeitnehmer-Haushalt in diesem Jahr bei voraussichtlich 52,9 %. Diese Prognose hat das Deutsche Steuerzahlerinstitut (DSi) auf Basis repräsentativer Haushaltsumfragen des Statistischen Bundesamts vorgelegt. Von jedem verdienten Euro bleiben also nur 47,1 Cent zur freien Verfügung.

Demnach ist die Belastung im Vergleich zum Vorjahr um 0,8 Prozentpunkte gestiegen – der Steuerzahlergedenktag liegt vier Tage später als 2020. Dies liegt vor allem daran, dass seit Jahresbeginn wieder die Umsatzsteuersätze von 19 bzw. 7 % gelten, nachdem sie im zweiten Halbjahr 2020 als Konjunkturmaßnahme gesenkt worden waren. Eine neue Belastung ist die seit Jahresbeginn fällige CO2-Abgabe: Sie wird auf Kraft- und Heizstoffe erhoben. Dadurch steigen die Preise für Benzin und Diesel an der Tankstelle sowie die Preise für Erdgas und Heizöl – also die Wohnkosten. Im Bereich der Sozialversicherungen ist ein leichter Anstieg der Sätze gegenüber 2020 zu verzeichnen. Vor allem der Zusatzbeitragssatz in der Gesetzlichen Krankenversicherung ist im Vorjahres-Vergleich gestiegen.

Insgesamt ist die Belastung von Arbeitnehmer-Haushalten in Deutschland auch im europäischen Vergleich Spitze. Laut OECD-Datenbank „Taxing Wages“ fällt sie nur in Belgien noch höher aus.

Die vom Bund der Steuerzahler (BdSt) prognostizierte Einkommensbelastungsquote von 52,9 % bezieht sich auf den Durchschnitt aller Arbeitnehmer-Haushalte in Deutschland. Das umfasst alle Haushaltskonstellationen von Singles über Alleinerziehende und kinderlose Paare bis hin zu Paaren mit Kindern und sonstigen Mehr-Personen-Haushalten.

Bei den Singles ist die Belastung höher: Im Durchschnitt werden sie mit 53,6 % belastet – ihr Steuerzahlergedenktag fällt auf Donnerstag, 15. Juli 2021. Der Steuerzahlergedenktag für Mehr-Personen-Haushalte ist bereits am Montag, 12. Juli – hier liegt die Belastungsquote bei 52,6 %. Auch diesen Gruppen bleibt weniger als die Hälfte des Einkommens zur freien Verfügung. Deshalb ist die Forderung des Steuerzahlerbunds eindeutig: Mit dem Steuerzahlergedenktag appelliert er an die Politik, die Bürger spürbarer zu entlasten. Die Einkommensbelastungsquote muss unter die 50 %-Marke fallen. Diesem Wunsch hat CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet bereits eine Absage erteilt. Für Steuersenkungen der Normalbürger sei kein Geld vorhanden.

Das fordert BdSt-Präsident Reiner Holznagel von der Bundesregierung: 

  • „Die Mittelschicht in Deutschland ist durch die Einkommensteuer sehr hoch belastet. Es ist indiskutabel, dass selbst Durchschnittsverdiener knapp unter dem Spitzensteuersatz liegen. Deshalb schlagen wir als Bund der Steuerzahler eine grundlegende Reform für den Einkommensteuertarif mit einem später greifenden Spitzensteuersatz vor.“
  • „Schluss mit den leidigen Diskussionen um eine Vermögensteuer, die gravierende Nachteile hätte! Erstens sind die Verwaltungskosten einer Vermögensteuer viel höher als bei anderen Steuern. Und zweitens droht dem Fiskus unterm Strich sogar ein Minusgeschäft: Vermögensteuern bedeuten weniger Investitionen, weniger Wirtschaftswachstum und weniger Beschäftigung – also eine schrumpfende Besteuerungsbasis für den Fiskus insgesamt. Vermögensteuereinnahmen würden dann konterkariert durch Rückgänge bei Einkommen-, Mehrwert- und anderen Steuern!“
  • „Im Zuge der Lohn- und Einkommensteuerveranlagung ist der Solidaritätszuschlag zwar seit Jahresanfang entfallen, dennoch bleibt diese Ergänzungsabgabe eine erhebliche Belastung. Denn Sparer, der Mittelstand und Betriebe zahlen den Soli weiter – deshalb werden in diesem Jahr gut 10 Milliarden Euro eingenommen. Das ist gut die Hälfte des ehemaligen Aufkommens. Der Soli muss für alle abgeschafft werden!“

Holznagel weiter: „Mit Steuern, Abgaben und Zwangsbeiträgen werden wichtige Leistungen für die Bürger finanziert – selbstverständlich haben sie in der ersten Jahreshälfte nicht umsonst gearbeitet! Dennoch wollen wir deutlich machen, wie viel die Menschen leisten, um ihre Verpflichtungen gegenüber den Finanzämtern, der Arbeitslosenversicherung, den Renten- und Krankenkassen sowie dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk und dem Erneuerbare-Energien-Gesetz zu erfüllen. Deshalb fordern wir eine Diskussion darüber, ob diese hohe Belastung der Bürger gerechtfertigt ist und ob die zahlreichen Leistungen sowie die Systeme selbst effizient und nachhaltig sind. Hier sehen wir viel Potenzial, um die Einkommensbelastung zu senken, damit die Menschen mehr Geld zur freien Verfügung haben. Quelle: BdSt / DMM