Vorbereitung automatisch fahrender Stuttgarter S-Bahnen

Alstom hat einen Vertrag mit der DB Regio AG (DB) zur Ausrüstung von 215 Stuttgarter S-Bahnen mit dem Europäischen Zugsicherungssystem (ETCS) und dem automatisierten Zugbetrieb (Automatic Train Operation, ATO) unterzeichnet. Der Bahntechnikhersteller wird im Rahmen des Vertrags die BR 423 und BR 430 Züge umrüsten, die auf den S-Bahn- und konventionellen Bahnstrecken im Großraum Stuttgart verkehren. Der Auftragswert beträgt rund 130 Mio. Euro.

Die Stuttgarter S-Bahnzüge werden digitalisiert und für automatisierten Betrieb vorbereitet. Foto: Alstom - Dominik Schleuter

Die Implementierung von ETCS Level 2 bzw. 3 und ATO im Automatisierungsgrad 2 (GoA 2) sorgen für einen nachhaltigeren Betrieb, kürzere Fahrzeiten und eine dichtere Zugfolge sowie die damit einhergehende Entlastung einzelner Züge. Durch einen insgesamt reibungsloseren Ablauf des Bahnverkehrs können sich die Fahrgäste auf häufigere Verbindungen und schnellere Anschlüsse freuen.

„Durch die Ausrüstung der Fahrzeuge mit der neuesten Signaltechnik und die Innovationspartnerschaft mit der Deutschen Bahn leisten wir gemeinsam einen entscheidenden Beitrag zur Umsetzung des Leuchtturmprojekts Stuttgart 21 und der Digitalisierung des deutschen Bahnverkehrs“, so Michael Konias, Leiter Digital & Integrated Systems bei Alstom für Deutschland, Österreich und die Schweiz. „Der Signaltechnikauftrag für die Stuttgarter S-Bahn zeigt einmal mehr, die wertvollen Synergieeffekte, die sich aus Alstoms Übernahme von Bombardier Transportation ergeben haben. Der Vertrag schafft zudem über 150 Arbeitsplätze im Bereich Digitalisierung in Berlin, Braunschweig und Mannheim.“

Alstom wird zunächst zwei BR 423 und vier BR 430 Prototyp-Fahrzeuge mit ETCS Level 2 und 3 und ATO GoA2 bis Ende 2023 nachrüsten und wiederzulassen. Der Vertrag umfasst zudem die Lieferung der Serienausstattung und die Begleitung des Einbaus von weiteren 58 BR 423 und 151 BR 430 Serienfahrzeugen. Bereits ab Januar 2025 werden die umgerüsteten S-Bahn-Fahrzeuge die ersten mit ETCS Level 2 ausgerüsteten Strecken befahren. Ende 2025 wird der ETCS Level 2 Betrieb mit ATO GoA 2 auf der S-Bahn-Stammstrecke aufgenommen. Sobald dies abgeschlossen ist, wird der Takt verdichtet.

Die Triebfahrzeuge mit der neuesten ETCS-Signaltechnik werden ab 2025, pünktlich zum Betriebsstart des Digitalen Knotens Stuttgart, Deutschlands erstem digitalisiertem Bahnknotenpunkt für alle Zuggattungen, den Betrieb aufnehmen. Die zukünftige Hochrüstung auf den nächsten ETCS TSI Standard (Technical Specifications for Interoperability) wurde bereits für 2026/27 vertraglich vereinbart. Zudem kooperieren die Deutsche Bahn und Alstom bei der Entwicklung und Umsetzung weiterer Signaltechnik, um die in Deutschland stattfindende digitale Revolution städtischer Bahnen weiter voranzutreiben.

Zusammen mit der DB wird Alstom zudem Pionierarbeit leisten und die Mindestanforderungen an die Signaltechnik definieren, damit die Umsetzung des europäisch definierten ETCS/ATO Standards für den großflächigen Rollout in Deutschland erfolgen kann. Neben ETCS und ATO erfolgt eine enge Zusammenarbeit bei vier Innovationsthemen, deren Implementierung ebenfalls Bestandteil der Kooperation ist:

  • Vorbereitung auf die Einführung der Future Railway Mobile Communication System (FRMCS) Technologie: Diese folgt der heutigen GSM-R Technologie. Sie basiert auf der 5G-Mobilfunktechnologie und ist in der Lage, durch höhere Datentraten und geringere Latenzzeiten, von Sensoren und Kameras in Zügen, Bahnhöfen und auf Gleisen, gesammelte Daten in Echtzeit zu übertragen, zu verarbeiten und zu analysieren.
  • Erstmals werden in Deutschland verschiedene standardisierte Schnittstellen (OCORA) umgesetzt. Die Standardisierung der Schnittstelle zwischen ETCS/ATO und dem Fahrzeug vereinfacht insbesondere spätere Software-Upgrades.
  • Einführung einer Technologie zur permanenten Ermittlung der Zugvollständigkeit (Train Integrity Monitoring System = TIMS), die Voraussetzung für einen späteren ETCS Level 3 Betrieb ist. ETCS Level 3 ermöglicht eine noch weitere Kapazitätssteigerung bei gleichzeitiger Reduzierung der Streckenelemente (z.B. Achszähler).
  • Durch die Einführung einer Technologie zur kontinuierlichen Fahrzeugdatenübertragung (Capacity & Traffic Management System = CTMS) an der Strecke ist ein erster Schritt für ein kapazitätssteigerndes dynamisches Verkehrsmanagementsystem getan, das ein optimales Flotten- und Fahrplanmanagement durch komplexe KI-Algorithmen ermöglicht.

Der Umbau der Prototyp-Fahrzeuge wird am Standort in Hennigsdorf erfolgen. Der Serienumbau wird durch die Deutsche Bahn selbst erbracht. Alstom wird dabei an drei Standorten der DB die Fahrzeuginstandhaltung, den Umbau und die Inbetriebnahme begleiten.

Digitalen Knoten Stuttgart.  Die Stuttgarter S-Bahn-Stammstrecke stößt bereits heute an ihre Kapazitätsgrenze. Hinzu kommt der große Bevölkerungszuwachs der Region Stuttgart. Durch die Digitalisierung des Bahnknotens, im Rahmen des Großprojekts Stuttgart 21, sollen die Leistungsfähigkeit der Infrastruktur gesteigert, ein verstärkter und verbesserter öffentlicher Verkehr sichergestellt und die Grundlage für zukünftige Verbesserungen, wie dynamische Verkehrsmanagementsysteme oder automatisches Störungsmanagement, geschaffen werden. Zudem entstehen 57 km neue, überwiegend unterirdische Strecken und ein neuer unterirdischer Hauptbahnhof. Quelle: Alstom / DMM