VW-Aufsichtsrat beschließt Schadenersatzforderungen gegen Winterkorn und Stadler

Der VW-Konzern verlangt als eine der Folgen des Dieselskandals vom früheren CEO Martin Winterkorn und von Ex-Audi-Chef Rupert Stadler Schadenersatz. Damit will der Aufsichtsrat der Volkswagen AG einen Schlussstrich unter seine Aufklärungsarbeit ziehen und seine im Oktober 2015 eingeleitete Untersuchung der Ursachen und Verantwortlichkeiten für die Dieselkrise beenden. Festzuhalten ist, dass ohne US-Behörden der Dieselskandal vermutlich nie ruchbar geworden wäre; denn deutsche Behörden versuchten die Sache zu vertuschen. Insofern großes Lob an die US-Umweltbehörde du die US-Justiz.

Als Ergebnis beschloss das Gremium in seiner Sitzung vom Freitag, 26. März 2021, den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden des Konzerns, Prof. Martin Winterkorn, sowie den früheren Konzernvorstand und Vorstandsvorsitzenden der AUDI AG, Rupert Stadler, wegen aktienrechtlicher Sorgfaltspflichtverletzungen auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen. Um welche Summen es sich bei den Rückforderungen dreht, wurde nicht veröffentlicht. Pflichtverletzungen anderer Mitglieder des Konzernvorstands wurden nicht festgestellt.

Im Auftrag des Aufsichtsrats hat die Rechtsanwaltskanzlei Gleiss Lutz eine umfassende Prüfung von Haftungsansprüchen durchgeführt und dem Gremium nun die abschließenden Untersuchungsergebnisse vorgelegt. Die Beschlussfassung des Aufsichtsrats beruht auf den von Gleiss Lutz im Gutachten getroffenen Feststellungen fahrlässiger Pflichtverletzungen. Die Untersuchung erstreckte sich auf alle im maßgeblichen Zeitraum amtierenden Mitglieder des Vorstands. Dabei wurden über 65 Petabyte Daten gesichert und insgesamt mehr als 480 Mio. Dokumente in Datenräume überführt. Davon wurden rund 1,6 Mio. Dateien als relevant identifiziert, gesichtet und überprüft sowie über 1.550 Interviews und Vernehmungen geführt. Zudem wurden staatsanwaltschaftliche Ermittlungsakten, Berichte des US-Monitors sowie behördliche und gerichtliche Verfahren weltweit ausgewertet und berücksichtigt. Die jetzt abgeschlossene Untersuchung war die mit Abstand umfangreichste und aufwändigste Untersuchung in einem Unternehmen in der deutschen Wirtschaftsgeschichte.

Als Ergebnis dieser Untersuchung steht nach Überzeugung des Aufsichtsrats fest, dass Winterkorn seine Sorgfaltspflichten als damaliger Vorsitzender des Vorstands der Volkswagen AG verletzt hat, indem er es in der Zeit ab dem 27. Juli 2015 unterließ, die Hintergründe des Einsatzes unzulässiger Softwarefunktionen in 2,0 I TDI-Dieselmotoren, die in den Jahren 2009 bis 2015 im nordamerikanischen Markt vertrieben wurden, unverzüglich und umfassend aufzuklären. Außerdem hat Winterkorn es unterlassen, dafür zu sorgen, dass in diesem Zusammenhang gestellte Fragen der US-amerikanischen Behörden umgehend wahrheitsgemäß und vollständig beantwortet werden. Winterkorn seinerseits betonte stets, sich keines Fehlverhaltens bewusst zu sein. Das Kontrollgremium hatte mehrfach erklärt, dass die Prüfung von Haftungsansprüchen gegen frühere oder amtierende Vorstandsmitglieder umfangreich" sei. Und es hieß, der Aufsichtsrat agiere ohne Ansehen der Person. Winterkorn muss sich ab Mitte September 2021 wegen der Abgasaffäre in Braunschweig vor Gericht wegen mutmaßlichen gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs verantworten. Vor den Richter zitiert werden zudem vier weitere Führungskräfte.

Rupert Stadler hat nach Überzeugung des Aufsichtsrats seine Sorgfaltspflichten verletzt, indem er es in der Zeit ab 21. September 2016 unterließ, dafür zu sorgen, dass von Audi entwickelte 3,0 I und 4,2 I V-TDI-Dieselmotoren, die in EU-Fahrzeugen von Volkswagen, AUDI und Porsche verbaut waren, im Hinblick auf unzulässige Softwarefunktionen untersucht werden. Stadler, er längere Zeit in Untersuchungshaft verbringen musste, wird eine Mitverantwortung in Sachen Abgasmanipulation vorgeworfen und steht deswegen vor dem Landgericht München.

Auch die Aufsichtsräte der Audi AG sowie der Porsche AG haben sich mit den Ergebnissen aus den Untersuchungen des Aufsichtsrates ihrer Gesellschaften befasst und ihre Beschlussfassung auf das Gutachten von Gleiss Lutz, in dem fahrlässige Pflichtverletzungen festgestellt werden, gestützt. In diesem Zusammenhang werden den ehemaligen Vorständen der Ingolstädter VW-Tochter, Prof. Ulrich Hackenberg und Dr. Stefan Knirsch, sowie dem früheren Porsche-Vorstand Wolfgang Hatz aktienrechtliche Sorgfaltspflichtverletzungen vorgeworfen. Die genannten Personen werden nun auf Basis des Aktienrechts auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Zudem wurden bereits Ansprüche gegen den früheren Vorstand der Marke Volkswagen Pkw, Dr. Heinz-Jakob Neußer, geltend gemacht. Quelle: Volkswagen / DMM