VW will seine Rechtsvorständin los werden

In Wolfsburg gibt’s wieder mal Ärger: So soll Hiltrud Dorothea Werner (55), seit 2017 zuständig für Integrität und Recht, den Volkswagenkonzern im Januar 2022 verlassen. Ich Vertrag soll nicht verlängert werden, so Informationen aus Vorstandskreisen. Hintergrund soll die nicht stimmende Chemie mit Konzernchef Herbert Diess sein.

Die Chefin über Recht und Integrität beim Autobauer amtiert seit Februar 2017; ihr Vertrag läuft noch bis 2022. Das Zerwürfnis zwischen der Vorständin (55) und Diess geht auf das Frühjahr 2020 zurück. Damals hatten Werner und Chefjustiziar Manfred Döss ihren obersten Chef Herbert Diess dazu gedrängt, der Einstellung von Ermittlungen gegen ihn wegen des Verdachts auf Marktmanipulation im Zuge des Dieselskandals gegen Zahlung von 4,5 Mio. Euro zuzustimmen. Bekanntlich hatte die Staatsanwaltschaft den Bayern ins Visier genommen, weil er nach Auffassung der Staatsanwälte seine Pflichten zur Information des Kapitalmarktes verletzt haben soll, als der Dieselskandal im September 2015 ans Licht kam. Mit Übernahme der gleichen Summe von 4,5 Mio. Euro hatte VW in dieser Angelegenheit auch Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch reingewaschen. Diess soll sich über das Vorgehen von Werner und Döss geärgert haben, zumal mit der Zahlung und dem Verfahrensende „ein Schatten über seinem guten Namen“ liegen geblieben sei.

Die Entwicklung zu Ungunsten Hiltrud Werners hat u.a. mit dem Weggang von der beiden Manager Stefan Sommer (verließ vorzeitig Mitte 2020 das Unternehmen) und zuletzt Frank Witter. Beide waren wichtige Vertraute der Rechtsvorständin.  Die Nachfolge von Werner ist noch unklar. Auf der Online-Hauptversammlung am Donnerstag, 22. Uli 2021, wird die Personalie ein Thema sein.

In der Hauptversammlung geht es u.a. um ein weiteres brisantes Thema, den äußerst windigen Deal, mit dem VW seinen vormaligen CEO Martin Winterkorn mehr oder weniger zur Rechenschaft für den Dieselskandal gezogen hat. Winterkorn musste nur lächerliche 11,2 Mio. Euro zahlen, damit war der Mann, die Wurzel allen Übels, reingewaschen. Ursprünglich hätte es nämlich anders für Winterkorn kommen sollen. Am 23. April 2021 hatte nämlich die Tagesschau gemeldet, VW fordere von seinem Ex-Vorstandschef Winterkorn mehr als 1 Mrd. Euro Schadenersatz. In einem kurzen Schreiben formuliert VW seine Forderung. Die Höhe der Summe begründet der Konzern damit, dass VW Kosten in dieser Höhe hätte sparen können, wäre Winterkorn früher tätig geworden. VW warf dem heute 73-jährigen Ex-Vorstandschef fahrlässige Pflichtverletzung vor. Winterkorn habe es nach einem Treffen am 27. Juli 2015 unterlassen, die Hintergründe des Einsatzes unzulässiger Softwarefunktionen "unverzüglich und umfassend aufzuklären". Zudem habe er es versäumt, dass die Fragen der US-Behörden "umgehend wahrheitsgemäß und vollständig beantwortet werden". Das habe, so VW, zu noch höheren Strafen und Schadenersatzzahlungen in den USA geführt. Hätte Winterkorn gleich nach dem 27. Juli 2015 gehandelt, hätte sich VW Kosten von über einer Milliarde Euro sparen können. So machten die US-Behörden die Manipulation am 18. September 2015 öffentlich.

Die Summe von mehr als 1 Mrd. Euro hätte Winterkorn, der bei VW immerhin jährlich bis zu 18 Mio. Euro verdient haben soll, nicht aus seinem Privatvermögen bezahlen können. Die Rechnung von VW richtete sich vielmehr an seine Versicherer. Manager wie Winterkorn haben für solche Fälle eine Haftpflichtversicherung (D&O-Versicherer). Die Abkürzung steht für "Directors and Officers", also für Vorstände und Aufsichtsräte. Der Aufsichtsrat von Volkswagen verlangte auch von vier weiteren früheren Managern Schadenersatz. Darunter Ulrich Hackenberg, damals Vorstand bei Audi; Wolfgang Hatz, zuletzt Vorstand bei der VW-Tochter Porsche; Stefan Knirsch, Ex-Vorstand von Audi; und Rupert Stadler, langjähriger Chef der Ingolstädter VW-Tochter Audi. Letztlich musste Winterkorn nur für 11,2 Mio. Euro geradestehen, um sich rein zu waschen. Begründung VW’s: Man wollte Winterkorn nicht ruinieren. Dass Winterkorn und seine Helfershelfer den VW-Konzern fast in den Ruin getrieben haben, spielte offensichtlich keine Rolle mehr. Quelle: Business Insider / Tagesschau / DMM