Werbung mit „klimaneutral“ ist oft irreführend

Nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) ist es unzulässig, Verbrauchern eine wesentliche Information vorzuenthalten, die er benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen.

Die Wettbewerbszentrale beanstandet nun, die Werbung mit "klimaneutral" erwecke den Eindruck, das Unternehmen bzw. das Produkt sei selbst klimaneutral, verursache also unterm Strich keine CO2-Emissionen. Dabei werde dem Verbraucher verschwiegen, dass zumeist Zertifikate erworben werden, mit denen rechnerisch beispielsweise durch Maßnahmen in Entwicklungsländern eine Kompensation des emittierten Kohlendioxids erreicht wird.

Darüber hinaus meint die Wettbewerbszentrale, dass der Verbraucher wissen müsse, wie die "Klimaneutralität" erreicht wird. Zum einen müsse der Verbraucher erkennen können, welcher Anteil an Einsparungen von CO2 durch Maßnahmen des Unternehmens erreicht wurde und welcher Anteil auf den Kauf von Zertifikaten entfällt. Zum anderen gebe es viele unterschiedliche Zertifikate mit sehr unterschiedlichen Preisen. Unternehmen, die vorrangig günstige Zertifikate aus Entwicklungsländern kaufen, würden sich gegenüber Unternehmen, die z.B. auf teurere Klimaschutzprojekte in der EU setzen oder ihre eigene Produktion umstellen, einen Wettbewerbsvorteil verschaffen.

Eine Werbung mit dem Begriff "klimaneutral" soll nach Auffassung der Wettbewerbszentrale möglich sein. Unternehmen müssten in der Werbung aber transparent erläutern, was sie darunter verstehen.
Die Gerichte haben bisher nur vereinzelt darüber entschieden, wie mit "klimaneutral" geworben werden darf. So entschied das Oberlandesgericht Koblenz, dass der Verbraucher unter "klimaneutral" eine ausgeglichene CO2-Bilanz verstehe und daher die bei der Produktion und dem Herstellungsvorgang entstehenden Emissionen vollständig kompensiert werden müssten (OLG Koblenz, Urteil vom 10.08.2011 - 9 U 163/11).

Wie genau eine Kompensation erfolgen kann und welche ergänzenden Angaben der Verbraucher benötigt, haben die Gerichte bislang nicht entschieden. Durch den Bundesgerichtshof geklärt ist lediglich, dass Werbung mit umweltschutzbezogenen Angaben "strengen Anforderungen und weitgehenden Aufklärungspflichten" unterliegt (BGH, Urteil vom 14.12.1995 - I ZR 213/93). Damit ist anzunehmen, dass die Gerichte sehr genau hinschauen werden, ob bei Verbrauchern der Eindruck entstehen kann, dass ein Unternehmen oder Produkt an sich "klimaneutral" ist und ob die beworbene "Klimaneutralität" hinreichend klar beschrieben ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Werbende im Streitfall nachweisen muss, dass seine Angaben korrekt sind.

Die Wettbewerbszentrale hat in zwölf Fällen Abmahnungen ausgesprochen und will die rechtlichen Anforderungen nun gerichtlich klären lassen. Unternehmen, die mit "klimaneutralen" Leistungen werben, sollten die Verfahren genau beobachten und auch die eigenen Werbemaßnahmen kritisch überprüfen. Wenn sie mit "umweltfreundlich" oder anderen Angaben werben, die erklärungsbedürftig sind, müssen sie dem Verbraucher die erforderlichen Informationen an die Hand geben, damit dieser einschätzen kann, was gemeint ist. Vor allem müssen sie in der Lage sein, die CO2-Neutralität im Einzelnen nachzuweisen. Quelle: anwalt.de > RA Dr. Jasper Prigge / DMM