130 Hightech-Züge fürs Ländle

Mit einem Großauftrag über 130 elektrische Doppelstocktriebzüge für den regionalen Bahnverkehr baut das Land Baden-Württemberg die klimaschonende Mobilität aus. Der Auftragswert für den Kauf der hochmodernen Fahrzeuge und ihre Instandhaltung über 30 Jahre hinweg beträgt rund 2,5 Mrd. Euro. Das Vergabeverfahren ist abgeschlossen und den Zuschlag erhält der französische Eisenbahntechnikhersteller Alstom.

Ab Dezember fahren in Baden-Württemberg innovative und klimafreundliche Coradia Stream High Capacity-Züge. 130 vierteilige Garnituren sind bestellt. Skizze: Alstom

Um den Anforderungen an einen modernen und klimafreundlichen Schienenpersonennahverkehr gerecht zu werden, beschafft das Land Baden-Württemberg zur Inbetriebnahme von „Stuttgart 21“ von Dezember 2025 an 130 neue hochmoderne elektrische Doppelstocktriebzüge des Typs Typ Coradia Stream High Capacity (HC). Lieferant wird Alstom. Das Unternehmen setzte sich in einem europaweiten Vergabeverfahren durch, das von der Landesanstalt Schienenfahrzeuge Baden-Württemberg (SFBW) ausgeschrieben worden war.

Der Auftrag umfasst 130 jeweils vierteilige Garnituren sowie deren Instandhaltung über 30 Jahre hinweg. Die Züge sind für ein Tempo bis zu 200 km/h ausgelegt und weisen einen hohen Fahrgastkomfort auf. Sie sollen im Großraum Stuttgart auf den Strecken in Richtung Karlsruhe, Pforzheim, Heilbronn, Schwäbisch-Hall, Aalen, Friedrichshafen/Lindau und Tübingen sowie Horb/Rottweil und auch auf der neuen Schnellfahrstrecke Stuttgart – Ulm nach und nach eingesetzt werden.

Komfort. Vor allem ein innovatives Interieurdesign mit Lounge- und Sitzgruppenbereichen, Dekor und Sitzgestaltung zeigen eine deutliche Aufwertung der Fahrzeuge gegenüber dem bisherigen Standard im Regionalverkehr. Die vierteiligen Fahrzeuge bestehen aus je zwei Doppelstock-Steuerwagen und zwei einstöckigen Triebwagen mit insgesamt 380 Sitzplätzen. Jede Einheit hat eine Länge von 106 Metern. Bis zu Vierfach-Traktion (vier miteinander verbundene Einheiten) sind möglich. Die Fahrzeuge werden nach hohen technischen und gestalterischen Anforderungen für die SFBW Landesanstalt Schienenfahrzeuge Baden-Württemberg gebaut.  Eine für heiße Sommer besonders leistungsstarke Klimaanlage, Steckdosen für Handys und Laptops sowie Leselampen erwarten die Fahrgäste. Lounge-Bereiche, Konferenz- und Familienabteile bieten für verschiedenste Reisesituationen Raum – egal ob zum Arbeiten im Zug oder für eine Urlaubsreise an den Bodensee. Mehrzweckabteile bieten darüber hinaus Platz für großes Gepäck, Kinderwagen und 30 Fahrräder pro Garnitur. 

Die Fahrzeuge sind für Reisende mit Mobilitätseinschränkungen barrierefrei gestaltet. So ermöglichen die Türschwellen der Fahrzeuge einen stufenfreien Zugang vom Standardbahnsteig mit 76 cm über der Schienenoberkante. Für Bahnhöfe mit abweichenden Bahnsteighöhen gibt es im Wagen für Reisende im Rollstuhl spezielle Hublifte. Alle Fahrzeuge sind mit Universaltoiletten versehen. Besonderer Wert wurde auch auf die Druckdichtigkeit der Fahrzeuge gelegt, um keine Komforteinschränkungen für die Fahrgäste bei der Begegnung mit anderen Zügen im Tunnelbereich und auf den Schnellfahrstrecken zu verursachen. Zusätzlich ist in dem Vertrag eine Nachbestellmöglichkeit für bis zu 100 weitere Züge vorgesehen. 

Müslüm Yakisan, Präsident der Region DACH bei Alstom, erklärte anlässlich des Zuschlags: „Dieser Vertrag markiert ohne jeden Zweifel einen Meilenstein der Zusammenarbeit zwischen Alstom und dem Land Baden-Württemberg. Hochmoderne Züge wie unser Coradia Stream High Capacity sind die beste Antwort auf die Frage, wie dem wachsenden Bedarf an nachhaltigen und zukunftssicheren Mobilitätslösungen in Deutschland begegnet werden kann. Ich freue mich persönlich außerordentlich, dass unser High-Capacity-Konzept das Land Baden-Württemberg überzeugen konnte und Alstom als bevorzugter Partner für die Zukunft der Mobilität in Baden-Württemberg ausgewählt wurde. Diese Entscheidung ist ein Beleg dafür, dass unsere grünen und digitalen Lösungen die heutigen und künftigen Bedarfe an regionaler Mobilität in Deutschland bestens adressieren.“

Hightech-Familie. Der Coradia Stream ist ein hochmoderner Niederflur-Hochleistungstriebzug, der ein modulares Design bietet, das den Betreibern die Wahl der optimalen Konfiguration und Ausstattung ermöglicht. Der Coradia Stream wurde für den europäischen Markt entwickelt und kann mit allen wichtigen europäischen Stromversorgungssystemen betrieben werden. Insgesamt wurden mehr als 730 Züge der Coradia Stream-Familie von Italien, Luxemburg, den Niederlanden, Deutschland, Dänemark und Spanien bestellt. Die Zugfamilie bietet auch emissionsfreie Traktionslösungen wie Batterie- oder Wasserstoffantrieb für nicht-elektrifizierte Strecken.

SFBW-Geschäftsführer Volker M. Heepen: „Beim Design der Fahrzeuge haben wir besonders auf Komfort für die Reisenden geachtet. So werden verstellbare Sitze, durchdachte Sitzlandschaften, Bereiche für in ihrer Mobilität eingeschränkten Personen sowie ein innovatives Beleuchtungs-konzept und starkes WLAN vorhanden sein.“

Teil des Leuchtturmprojekts „Digitaler Knoten Stuttgart“. Die Züge sind mit Blick auf das Leuchtturmprojekt „Digitaler Knoten Stuttgart“, Deutschlands erstem digitalisiertem Eisenbahnknoten, zudem mit moderner Signal- und Automatisierungstechnik ausgestattet. Sie werden im Jahr 2025 und damit zeitgleich mit den ersten beiden Bausteinen des DKS ihren Betrieb aufnehmen. Die sich daran anschließende Hochrüstung der Fahrzeuge auf den zukünftigen europäischen Standard für grenzüberschreitenden Verkehr im Europäischen Wirtschaftsraum (TSI ZZS 2022) ist bis Mitte 2027 vereinbart. Damit können dann sämtliche Funktionalitäten aller drei Bausteine des DKS genutzt werden. Alstom wurde bereits mit der Nachrüstung der bestehenden SFBW-Fahrzeugflotten der Baureihen Talent 3 und Flirt 3 beauftragt. Auch die neuen Coradia Stream High Capacity werden über das European Train Control System (ETCS) insbesondere der Level 2 und 3 und Fahrzeuggeräte des hochautomatisierten Fahrbetriebs (ATO) im Automatisierungsgrad 2 (GoA 2) verfügen. Damit werden erstmals in Deutschland Neufahrzeuge mit einer Zugintegritätsüberwachung (TIMS) und ETCS Level 3 ausgerüstet und in Teilschritten mit dem Future Railway Mobile Communication System (FRMCS) ausgestattet. Dies erlaubt ein strafferes, dichteres und energiesparenderes Fahren durch digital vorausschauende Signal- und Fahrvorgaben. So wird die Effizienz und Zuverlässigkeit des Regionalverkehrs besonders auf hochfrequentierten Strecken nachhaltig gesteigert. 

Durch einen insgesamt reibungsloseren Ablauf des Bahnverkehrs können sich die Fahrgäste auf häufigere Verbindungen und sichere Anschlüsse freuen. Quelle: SFBW / Alstom / DMM