66. IAA Pkw im Zeichen der Diesel-Katastrophe

Die 66. IAA Pkw hat die Erwartungen des VDA mehr als erfüllt. Bei bestem Messewetter brachte das letzte IAA-Wochenende noch einmal einen großen Besucheransturm. Mit insgesamt 931.700 IAA-Besuchern kamen über 50.000 Gäste mehr zur weltweit wichtigsten Mobilitätsmesse als vor zwei Jahren, ein Plus von rund 6 %. Freilich vermeidet der Verband der deutschen Automobilindustrie beim Schlussbericht geflissentlich die Erwähnung der Katastrophe mit der Dieselmotorenmanipulation, die die gesante deutsche Autobranche in der Abgrund ziehen könnte.

Der VDA spricht vom besten Ergebnis seit acht Jahren. Die IAA-Besucher sind jünger geworden und im Schnitt 34 Jahre alt – bei der letzten IAA lag das Durchschnittsalter noch bei 37 Jahren. "Das IAA-Motto ‚Mobilität verbindet‘ wurde umfassend eingelöst – die Vernetzung und Digitalisierung der Mobilität prägten diese IAA und weisen weit nach vorn“, betonte Matthias Wissmann, Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA). Der VDA ist Veranstalter der IAA. Mit 1.103 Ausstellern aus 39 Ländern und 219 Weltpremieren – 60 Weltneuheiten mehr als vor zwei Jahren – hat die IAA ihre Position als die internationale Leitmesse der Mobilität weiter ausgebaut. Über 11.000 Journalisten aus 106 Ländern berichteten über die IAA, die nach elf Tagen am 27. September 2015 um 19.00 Uhr ihre Tore schließt. Nach der IAA ist vor der IAA: Die 67. IAA Pkw findet vom 14. bis 24. September 2017 wiederum in Frankfurt/M. statt. Die Pressetage sind der 12. und 13. September 2017.

Das Schweigen des VDA. Aus wohl gutem Grund geht der VDA mit keinem Sterbenswörtchen auf die katastrophalen Konsequenzen ein, die dem VW-Konzern und möglicherweise auch anderen deutschen Herstellern im Zuge der Softwaremanipulation an Dieselaggregaten drohen. Vermutlich hat auch der VDA, genauso wie die Bundesregierung, von den Schummeleien gewusst. Inzwischen hat Autozulieferer Bosch bekannt gegeben, dass er schon 2007 vor einem Einsatz der Manipulations-Software beim VW-Konzern gewarnt hatte und ein bestimmter Kreis im VW-Konzern bescheid gewusst hat. Entgegen der Warnungen Boschs wären die Warnungen offesichtlich in den Wind geschlagen worden, wie es sich nun ja herausstellt. Wahrscheinlich war die VW-Führungsetage davon überzeugt, dass ihr niemand auf die Schliche kommen würde, zumal die lasche deutsche Gesetzgebung betrügerische Manipulationen bis heute deckte.

Managern passiert schon nichts. Experten und Juristen glauben, dass all' jene Manager mit strafrechtlichen Konsequenzen rechnen müssen, denen eine direkte Verwicklung in den Skandal nachgewiesen wird. Immerhin geht es dabei um den Tatbestand des Betrugs. Bei einem schuldhaften Verhalten müssten sie mit ihrem Privatvermögen haften. Der Konzern müsse dann Schadenersatz von ihnen einfordern. Aber wer deutsches Recht kennt, weiß, dass eine Krähe der anderen kein Auge aushackt. Entgegen allen sinnfreien Urteilen deutscher Arbeitsgerichte, bei denen selbst kleinste Vergehen von "kleinen Lichterm" wie z.B. Putzfrauen oder kleinen Angestellten (ein Stück Brot vom Büffet gegessen) mit Entlassungen sanktioniert werden, werden betrügerische Manager mit Samthandschuhen angefasst. Obendrein gehen unfähige und betrügerische Manager meist auch noch mit dem so genannten "goldenen Handschlag", sprich, Millionen an Euros nach Hause. Langjährige Freiheitsstrafen wären in solchen Fällen angebracht und nichts anderes. Indes ist davon auszugehen, dass sich kein deutscher Arbeitsrichter traut, einen Manager zu verurteilen, und wenn der ein noch so großer Betrüger ist.

KBA droht. In die Angelegenheit eingeschaltet hat sich am Wochenende auch das Kraftfahrt-Bundesamt. Laut BamS hat das KBA den Wolfsburgern ein Ultimatum für einen Zeitplan zur Beseitigung der Abgas-Manipulationen gesetzt. VW sol bis zum 07. Oktober 2015 einen "verbindlichen Maßnahmen- und Zeitplan" vorlegen, ob und bis wann die betroffenen Fahrzeuge (in Deutschland sollen es 2,8 Mio. der Marken Volkswagen, Audi, Seat und Skoda sein) Abgas-Verordnungen ohne Manipulationssoftware einhalten würden. Angeblich droht das KBA auch mit einem Entzug der Typgenehmigung was zur Folge hätte, dass Autos mit dem bestimmten Motor weder verkauft noch fahren dürften. Dies würde ganz besonders viele Firmenfahrzeugflotten treffen, die in ihren Fihrparks vorwiegend 2,0l-TDIs und 1,6l-TDIs laufen haben.

Zur Sache hat sich aktuell auch der ADAC gemeldet. Der Autoclub fasst seine eigenen Abgastestergebnisse zusammen und veröffentlicht die NOx-Werte (Stickoxide) der Dieselmodelle aus dem ADAC Autotest. Dabei werden Abweichungen zu den gesetzlichen Grenzwerten deutlich, sobald die Autos im EcoTest-Zyklus gefahren werden. Im gesetzlich vorgeschriebenen Mogel-NEFZ (Neuer Europäischer Fahrzyklus) halten alle geprüften Autos die Grenzwerte ein. Im realitätsnahen ADAC EcoTest, der keine rechtliche Relevanz oder zulassungstechnische Bedeutung hat, aber u.a. auch den neuen Weltzyklus (WLTC 2.0) umfasst, zeigt sich folgendes Bild: Viele der getesteten Fahrzeuge überschreiten den gesetzlichen Grenzwert von 80mg NOx/km.

Der ADAC untersucht im Rahmen seines EcoTest seit 2003 in realitätsnahen Messungen die Abgasemissionen von jährlich etwa 150 Fahrzeugen. Der Club initiierte diese eigenen Messungen, da die Verbrauchs- und Abgaswerte der Hersteller, die auf der gesetzlichen Basis des NEFZ beruhen, nach Auffassung des Clubs nicht realitätsnah sind und dem Verbraucher etwas vorgaukeln über den tatsächlichen Verbrauch und ihm keine sinnvollen Informationen über das Abgasverhalten eines Pkw an die Hand geben. Die getesteten Autos stellen eine Auswahl dar, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder Ausgewogenheit hat. Die Auswahl richtet sich u.a. nach Marktrelevanz sowie nach der Verfügbarkeit der Testmodelle. Da Dieseltechnologie am amerikanischen Markt nicht weit verbreitet ist, sind nur wenig amerikanische Hersteller vertreten.

Die große Bandbreite der Ergebnisse zeigt, so der ADAC, dass die unterschiedlichen Abgasreinigungssysteme durchaus Potenzial haben, in allen Betriebszuständen niedrige NOx-Werte zu liefern. Entscheidend ist die optimale Auslegung. Der ADAC EcoTest ermittelt alle Verbrauchswerte – inklusive der Kraftstoff-Herstellung (Well-to-Wheel). Dabei werden die Fahrzeuge neben dem NEFZ u.a. auch im neuen Weltzyklus (WLTC 2.0) geprüft. Das Testverfahren des ADAC wurde dabei über die Jahre immer anspruchsvoller und realitätsnäher gestaltet. Die letzten Änderungen (Berücksichtigung der Well-to-Wheel Emissionen, Test im WLTC) fand 2012 statt. Ab 2016 wird der ADAC die Autotestfahrzeuge stichprobenartig im realen Zyklus (RDE) auf der Straße testen. Erste Versuche hierzu fanden 2014 in Stuttgart statt. Quellen: VDA / KBA / ADAC / DMM