Den Flug habe ich gewählt, weil bei der DB nicht so ganz klar ist, ob man zum einen rechtzeitig und zum anderen überhaupt ankommt. Lufthansa Flug 2306 sollte ab K05 am Satelliten von Terminal 2 starten. Eingesetzt war eine alte klapprige A320-200. Kurz nach dem abgeschlossenen Boarding ließ der Kapitän wissen, dass sich der Start möglicherweise um bis zu 40 Minuten verzögern könnte, weil Schiphol wegen des dortigen dichten Verkehrs keine frühere Startfreigabe erteilen wollte. Es kam dann aber doch anders. Es waren dann nur 15 Minuten Verspätung. Okay. Das war zu verschmerzen.
Tags darauf, oder besser am nächsten Abend sollte es zurückgehen. Ich war mehr als pünktlich am Flughafen. Schon bei der Anfahrt und den unzähligen Pkw, die sich zu den Terminals quälten, schwante mir Böses. Die Security lief dann aber einigermaßen flott und ich begab mit auf den gefühlte 10 Kilometer langen Fußmarsch zum Bereich B 35, mein Gate für LH-Flug 2307 nach München.
Der Airport war brechend voll mit Passagieren, neben Geschäftsreisenden wie ich wahrscheinlich eine halbe Million Urlauber oder Städtereisende. An B 35 nach guten 20 Minuten angekommen eine Massenansammlung von Fluggästen. Wollten die alle mit meinem Flug nach München? 16.45 Uhr sollte das Boarding meines Flugs beginnen. Draußen an der Fluggastbrücke stand schon eine LH A319. Doch es war nicht die Maschine meines Flugs, sondern die des vorherigen. Deren Boarding war eigentlich für 15.15 Uhr angesagt. Also spreche ich einen Flughafen-Bediensteten an, der für das Boarding verantwortlich war. Auf englisch antwortete er mir, dass mein Flugzeug soeben erst in München starten würde. Ich sollte mich etwa zwei Stunden Verspätung einstellen. Ein junger Kanadier klagte mir sein Leid, dass er mit laufenden Flugverspätungen in Europa schon gar keine Lust mehr habe, zu fliegen. Na denn, denke ich mir. Davon kannst Du noch mehr haben. Der Kanadier wollte von München noch nach Bologna. Umbuchen auf den soeben abgefertigten mächtig verspäteten Flug nach Bayern war mir nicht möglich; denn der war ausgebucht.
Irgendwann dachten mein Kollege und ich, es wäre Zeit, sich etwas zu trinken zu holen. Weil man ja keine Getränke an der Security vorbeibringt, ist man gezwungen, sich im Terminal etwas zu trinken und /oder zu essen zu kaufen. Also beschlossen mein Kollege und ich uns etwas am nicht allzu weit entfernten „Flughafenrestaurant“ zu besorgen. In der Vergangenheit bin ich immer in eine LH-Lounge, wo man Essen und Trinken umsonst bekommt. Weil aber mein M&M-Vielfliegerstatus abgelaufen war (ich fliege zu wenig mit Lufthansa), konnte ich diesmal leider nicht die LH-Lounge aufsuchen. Sehr ärgerlich. Mein Kollege hat gleich gar keine Miles-and-More-Karte. Das hebt die Laune nicht.
Natürlich eine Schlange Kunden vor uns. Alles potenzielle Abzockkandidaten, dachte ich mir im Nachhinein. Aus dem Kühlfach nehmen wir uns jeder ein kleines Fläschchen Wasser. Auf einen Snack, ein Brötchen oder Baguette verzichten wir. Dünn belegtes Brötchen oder Minibaguette 9,90 Euro. Haben die noch alle Tassen im Schrank? Als ich dann meine Kreditkarte für mein kleines Fläschchen Wasser zücke und in den Bezahlterminal schiebe, die nächste böse Überraschung. Es ploppt neben dem satten Preis von € 4,60 für 300 Milliliter Wasser der Hinweis auf, dass ich noch unter vier Möglichkeiten eines TIP (Trinkgeld) wählen muss: 5 %, 10 %, 20 % oder 25 %. Das Ganze natürlich für Null Service. Eine Abwahl, also ein Nein zum Trinkgeld für nicht geleisteten Service, gibt es nicht! Zähneknirschend wählte ich die 5 %, also 0,23 Euro. Macht zusammen € 4,83 für 300 ml Wasser.
Normalerweise bin ich nicht gerade knausrig beim Trinkgeld. Aber wenn es absolut keinen Service gibt, wozu dann Trinkgeld? Eigentlich wollte ich mich für diesen groben Unfug beschweren, denn das ist übelste Abzocke. Zum Glück für den Mann hinter dem Bezahltresen war der so beschäftigt mit zig anderen übers Ohr gehauenen Gästen, dass ich meinen Ärger bei ihm nicht los würde. Wer weiß, was ich ihm gesagt hätte. Aber er ist ja auch nur kein kleines Rädchen im Getriebe des Geldscheffelns mit allen Mitteln. Das Wasser hat mir zwar auch nicht geschmeckt, aber mit zwei, drei Schluck war‘s weg, und den Ärger, den schreibe ich mir jetzt von der Seele.
Was mit gut 90 Minuten Verspätung folgte, war auch alles andere als ein Vergnügen. Eine uralte A319-100 und in einer beengten und desaströs unkomfortablen Economy reisen zu müssen – schönen Gruß an die Lufthansa, von wegen tolles Reiseerlebnis – ist eine Form von Mobilität, wie man sie sich nicht wünschst. Doch der wunderschöne rote Abendhimmel ließ mich dieses „nachhaltige“ Reiseerlebnis dann doch vergessen. Gernot Zielonka