Abgeschleppt auch ohne konkrete Behinderung

Wenn das Auto abgeschleppt wird, ist das nicht nur sehr ärgerlich, sondern auch teuer. Die damit verbundene, zumindest vorübergehende Einschränkung der Mobilität führt häufig zu einer Handvoll Probleme. Doch kann ein Pkw auch dann abgeschleppt werden, wenn es zu keiner konkreten Behinderung kommt? Hierüber entschied das Verwaltungsgericht (VG) München in seinem Urteil vom 13.03.2023.

Vorliegend hatte sich die Klägerin gegen eine vom Beklagten angestrengte polizeiliche Abschleppmaßnahme bzw. die sich hieraus ergebenen Gebühren und Auslagen gewandt. Die Klägerin parkte ihr Fahrzeug vor einer Bordsteinabsenkung, bei der sich eine Grenzmarkierung nach der StVO  befand. Eine Grenzmarkierung ist eine Zickzacklinie, welche sich häufig an Bushaltestellen oder wie hier vor Einfahrten finden lässt. In Verbindung mit dem entsprechenden Schild zeigt die Bodenmarkierung ein Park- oder Halteverbot an. Der Pkw parkte etwas länger als eine halbe Stunde dort, bis von anwesenden Polizeibeamten ein Abschleppdienst gerufen wurde - welcher das Fahrzeug daraufhin zur Verwahrstelle brachte. Die Kosten hierfür, welche von der Klägerin zu zahlen sind, beliefen sich auf 341,24 Euro.

Die Betroffene wehrte sich hiergegen – ohne Erfolg. Das VG München stellte fest, dass die Anordnung der Sicherstellung des Pkws durch Verbringung zur Verwahrstelle im maßgeblichen Zeitpunkt des polizeilichen Einschreitens, also die gesamte Abschleppmaßnahme, rechtmäßig war. Denn: Die Polizei darf eine Sache sicherstellen, um dadurch eine gegenwärtige Gefahr abzuwehren.

Wann ist eine Gefahr gegeben? Wann die Polizei ein Auto abschleppen lassen darf, richtet sich nach dem Polizeirecht des jeweiligen Bundeslandes: Grundsätzlich muss die Maßnahme notwendig und verhältnismäßig sein

Kleiner Exkurs: Diese gegenwärtige Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung (ein Begriff aus dem Verwaltungs- bzw. Polizeirecht) ist dann gegeben, wenn die Einwirkung des schädigenden Ereignisses bereits begonnen hat oder unmittelbar oder in allernächster Zeit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bevorsteht. Nun hört sich die Definition nicht gerade passend für ein parkendes Auto an, welches „nur“ vor einem abgesenkten Bordstein steht.

Doch kann eine solche Gefahr für die Rechtsordnung auch in einer Störungen durch Verkehrsordnungswidrigkeiten liegen. Die Park-Art des Pkw stellt eine Ordnungswidrigkeit dar, zu deren Beseitigung die Polizeibeamten befugt waren. Dies geschah im vorliegenden Fall durch das Abschleppen des Wagens. Die Störung der öffentlichen Sicherheit ließ sich bereits mit dem Abstellen des Pkw entgegen der StVO bejahen: Das Parken vor einer Bordsteinabsenkung, die zusätzlich mit einer Grenzmarkierung versehen ist, ist schlichtweg nicht erlaubt.

Auf das Vorliegen einer konkreten Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer kommt es in der Regel bei der Begehung einer Ordnungswidrigkeit nicht an. Grundsätzlich ist es für die Zulässigkeit des Abschleppens ausreichend, wenn die Funktion einer Verkehrsfläche beeinträchtigt wird. Dies lässt sich bei einem vor einer Bordsteinabsenkung parkenden Auto bejahen; die Absenkung dient als Querungsstelle insbesondere für Rollstuhlfahrer, Kinderwagen oder Menschen mit einer Gehhilfe. Die Möglichkeit der Nutzung, auf welche insbesondere schwächere Verkehrsteilnehmer angewiesen sind, wird durch das verbotswidrig abgestellte Fahrzeug genommen oder erheblich erschwert.

Abgeschleppt – was nun? Wird das Fahrzeug von der Polizei abgeschleppt, müssen die hierfür anfallenden Kosten getragen werden. Dies gilt auch bei einer sog. Leerfahrt, wenn also der Halter des Pkw vor dem bereits gerufenen Abschleppdienst eintrifft und dieser quasi „umsonst“ kommt.

Vor allem angesichts der hohen Summen, um die es beim Abschleppen häufig geht, sollte die Zulässigkeit der Abschleppmaßnahme unbedingt durch einen auf das Verkehrsrecht spezialisierten Rechtsanwalt geprüft werden. Dies gilt unabhängig davon, ob der Wagen durch die Polizei oder eine Privatperson abgeschleppt wurde. Nach eingehender Prüfung kann es häufig sinnvoll sein, gegen den behördlichen Kosten- oder Bußgeldbescheid Einspruch einzulegen. VG München, Az.: M 23 K 21.5650. Quelle: RA Mudgteba Laqmani, www.anwalt.de / DMM