Air France startet Anti-TGV-Offensive

In Frankreich, Spanien und Italien verlieren die Airlines immer mehr Fahrgäste an die Hochgeschwindigkeitszüge. Den Bahnverwaltungen ist’s recht, den Fluggesellschaften weniger. Nun hat Frédéric Gagey (58), vormaliger Chefpilot von Air France und seit 01. Juli 2013 Präsident und Generaldirektor der Fluglinie, angekündigt, die Abwanderung von Fluggästen auf die TGV und OUIGO der SNCF zu stoppen und umkehren zu wollen.

Mit der Air France Günstigtochter HOP! sollen den TGV der SNCF Geschäftsreisende abgejagt werden. Foto: AF

Seit einigen Jahren schon und mit jeder Neueröffnung einer weiteren Schnellstrecke verlieren Air France, Iberia und Alitalia weitere Fluggäste. Denn in allen drei Ländern sind die Superzüge, ob TGV, AVE oder Frecciarosse, i.d.R. schneller auf Entfernungen von bis zu 500 km als das Flugzeug. Obendrein finden die Fahrgäste weitaus mehr Komfort in den flotten Zügen und sie können auch viel besser arbeiten als in den oft engen Flugzeugkabinen, bei denen die inländischen Business Classes meist den Namen nicht verdienen. Im Übrigen gelangen Geschäftsreisende mit dem Hochgeschwindigkeitszug in den genannten drei Ländern sehr schnell von Stadtzentrum zu Stadtzentrum, was die Luftfahrt nicht bieten kann. Einziger Haken bei den Bahnen: Die Züge sind nicht selten teurer als der Flieger.

Luftfahrtmanager Frédéric Gagey, der zum 01. Juli 2013 im Amt auf Alexandre de Juniac (Generaldirektor und Präsident von AF-KLM seit 01.07.2013) folgte, will nicht länger zuschau'n, wie der Kurzstreckenservice HOP! seiner Fluggesellschaft weiter nur Defizite erwirtschaftet. Seit 2008 sinken die Umsätze im innerfranzösischen Flugverkehr. Um dies auszugleichen, benötige Air France 2 bis 2,5 % mehr Marktanteil. Den sollen vor allem Geschäftsreisende bringen.

Täglich fahren hunderte, ja sogar tausende von Geschäftsreisenden z.B. mit dem TGV von Paris nach Marseille. Der Zug braucht für die gut 750 km lange Strecke 3 Std. und 18 Min.. Startet der Businesstraveller in Paris z.B. mit dem TGV um 7.37 Uhr, kommt er in Marseille um 10.55 Uhr an. Dann hat er Zeit bis 18 Uhr; Da startet einer der TGV zurück und endet um 21.18 Uhr in Paris. Genügend Zeit für ein ausgiebiges Meeting. Das Ticket oneway kostet ab 79,90 Euro in der 1. Klasse. Nimmt der Reisende den Flieger, braucht er wegen der langen und mitunter beschwerlichen An-/Abfahrwege zum und vom Flughafen etwa die gleiche Zeit.

Dennoch meint Frédéric Gagey, der Geschäftsmann wäre besser beraten, das Flugzeug anstelle des TGV zu nehmen. Deswegen hat der AF-Chef angekündigt, dass es neue Tarifangebote seitens Air France bzw. deren Günstig-Tochter HOP! geben soll. Und im Zuge einer "Anti-TGV-Offensive" soll das Flugangebot erweitert werden. Derzeit bietet AF mit HOP! - HOP! entstand am 31. März 2013 aus dem Zusammenschluss der regionalen Tochtergesellschaften der Air France, Brit Air, Régional und Airlinair und sollte auf die Konkurrenzsituation durch die diversen Lowcostkonkurrenten wie Ryanair oder easyjet reagieren) - einen stündlichen innerfranzösischen getakteten Flugplan von Paris-Orly nach Bordeaux, Marseille, Nizza und Toulouse an.

Um das Ziel eines Marktanteilszuwachses um mehr oder weniger jeden Preis zu erreichen, will Air France die eigenen Kosten weiter drücken und die Flugtarife nochmal absenken.

Frédéric Gagey wird deswegen so mutig, weil er mitbekommen hat, dass die TGV aufgrund stark steigender Trassengebühren für die Staatsbahn SNCF immer weniger ertragreich unterwegs sind und die Bahn eigentlich ihre Fahrpreise erhöhen müsste. Derzeit fährt die SNCF die Strategie, mit der TGV-Billigmarke "Ouigo" und einem Mix verschiedener Preisgruppen den Trassenwahn des Eisenbahninfrastrukturunternehmens Réseau ferré de France (RFF) im Griff zu behalten.

Sorgenfalten in die Stirn treibt Gagey die Eröffnung der Hochgeschwindigkeitsstrecke Paris - Bordeaux im Jahr 2017. Dann werden Frankreichs superschnelle Züge nur knapp zwei Stunden von Zentrum zu Zentrum benötigen. Um gegenzuhalten, will Air France die Frequenz Paris-Bordeaux von heute sieben Flugpaaren auf 14 ausdehnen. Quelle: DMM