Am "Astoria" in Leipzig soll es endlich weitergehen

Die Bauarbeiten am historischen Leipziger Luxushotel „Astoria“ unmittelbar westlich des Hauptbahnhofs am Willy-Brandt-Platz können nach rund zweijähriger Ruhephase wieder aufgenommen werden. Die bestehende Baugenehmigung aus dem Jahr 2020 sieht vor, das frühere Grandhotel nach jahrelangen Rechtsstreitigkeiten zu sanieren und umzubauen, um wieder einen Hotelbetrieb aufnehmen zu können, wie die Stadt mitteilte.

Die Bauarbeiten am ehemaligen und künftigen Luxushotel Astoria in Leipzig sollen nach mehrjähriger Unterbrechung nun doch weitergehen. Skizze Vision

Das „Astoria“ war am 05. Dezember 1915 mit mehr als 300 Zimmern als damals einer der modernsten und luxuriösesten Bauten deutscher Hotellerie eröffnet worden. Die Hotelanlage wurde von 1913 bis 1915 nach den Plänen der Architekten William Lossow und Max-Hans Kühne von der Frankfurter Baufirma Cohn & Krek auf einer Grundfläche von 2800 m2 errichtet. Zuvor stand hier das Gebäude der Leipziger Feuerversicherung, und links benachbart war jenes des Erbländischen Ritterschaftlichen Creditvereins in Sachsen. Lossow und Kühne waren auch die Architekten des benachbarten Hauptbahnhofs von Leipzig, der Ende 1915 offiziell eröffnet worden war.

Zu Beginn verfügte das Hotel über etwa 200 Zimmer mit 250 Betten und 35 Bädern. Außerdem gab es ein Tanzcafé, Gesellschaftsräume und mehrere Restaurants (1915 mit 160 Plätzen). Der ursprüngliche Haupteingang befand sich an der Kurt-Schumacher-Straße gegenüber dem Hauptbahnhof. Im Rahmen des Wiederaufbaus nach 1945 wurde dieser in repräsentativerer Form an den heutigen Willy-Brandt-Platz verlegt

Wiedergeburt in der DDR. Erste Aufgaben nach Ende des Zweiten Weltkriegs übernahm das Hotel im Rahmen der Leipziger Frühjahrsmesse 1946, bevor es drei Jahre später offiziell wiedereröffnet wurde. In dieser Zeit befand sich eines der ersten Leipziger Nachkriegs-Fernsehgeräte in der Eingangshalle des Hauses. Bis 1958 wurde durch einen Erweiterungsneubau und umfassende Rekonstruktion die Bettenkapazität auf 350 erhöht. Dazu wurde die benachbarte Ruine des Creditvereinsgebäudes abgerissen. Der Haupteingang wurde von der Ost- auf die Südseite verlegt. Der Speisesaal wurde von Werner Tübke mit den Wandbildern Die fünf Kontinente ausgestattet. Nach weiteren Baumaßnahmen bot das Hotel Astoria ab 1965 für 465 Gäste Übernachtungsmöglichkeiten und 800 Restaurantplätze.

Nach der Enteignung der vormaligen Besitzer wurde es zunächst ab 1952 durch die staatliche Handelsorganisation (HO) und seit 1965 durch die Interhotel-Kette der damaligen DDR betrieben.

Zwischen 1969 und 1973 kam es zu einer kompletten Renovierung bei laufendem Hotelbetrieb, unter anderem wurden neue Lifte eingebaut. In den Jahren 1978 bis 1981 wurden erneut die Zimmer modernisiert und ein neuer Bürotrakt geschaffen, um dem Haus als sogenanntes Regierungs- und Protokollhotel für politisch und gesellschaftlich hoch angesehene Gäste gerecht zu werde.1986 standen den Besuchern neben der Hotelbar drei angesehene Restaurants, das Tanzcafé Karat sowie drei Salons mit 1000 Plätzen zur Verfügung.

Das Astoria galt zu DDR-Zeiten aufgrund seiner modernen, luxuriösen und individuellen Inneneinrichtung (kein Zimmer glich dem anderen) als eines der schönsten Hotels des Landes und war zudem ein bedeutendes gastronomisches Zentrum. Zu seinen Gästen zählten vorwiegend Mitarbeiter des Regierungsapparates sowie Staatsgäste und Besucher der Leipziger Messe aus dem nichtsozialistischen Ausland, die der DDR als wichtige Devisenbringer dienten. Persönlichkeiten wie Staatsratsvorsitzender Walter Ulbricht oder der berühmt-berüchtigte TV-Hetzer Karl-Eduard von Schnitzler waren häufig zu Gast im Astoria.

Die Zeit nach der Vereinigung der beiden deutschen Staaten. Kurz nach der Wende erfolgte 1990 die Privatisierung als Hotel Astoria GmbH. 1992 übernahm die Maritim Hotelgesellschaft das Haus und führte es bis zur Schließung am 30.12.1996 1996 weiter. Seitdem steht das teilweise denkmalgeschützte Gebäude leer.

2006 wurde das Gebäude von der US-amerikanischen Investment-Gesellschaft Blackstone Group gekauft. Blackstone suchte eigenen Angaben zufolge nach Investoren für das Hotel. Im  Januar 2016 wurde bekannt, dass Blackstone nach über zwei Jahren Verhandlungen das Gebäude an die Interessenten Starwood Capital, i-Star und Brookfield verkauft habe. Die Eigentumsübertragung kam im Rahmen eines Paketverkaufs mit zehn früheren DDR-Interhotels zustande. Die Gesamtsumme wurde mit 600 Mio. Euro angegeben. Die neuen Hotelbetreiber wollten den Gebäudekomplex wieder zu einem Hotel und Kongresszentrum entwickeln.

Am 20. Mai 2016 erwarb die Immobilienfirma Intwon Invest des israelischen Projektentwicklers Amir Dayan das Astoria. Der deutsche Geschäftsführer der Intown Gruppe, seit Januar 2019 umbenannt in Lianeo Real Estate GmbH, Sascha Hettrich, wurde im August 2019 auch zum Leiter der Berliner Firma Vivion Investment GmbH. Vivion firmiert nun als Eigentümerin des Astoria Hotels.

Baustopps. Im April 2017 wurde der Baustart für Mitte 2018 und die Eröffnung für Sommer 2020 angekündigt. Die Renovierung und ein Teilabriss wurde von dem Berliner Architekturbüro Wolff Architekten betreut, das eine Eröffnung für Ende 2020 ankündigte. Für eine erste Verzögerung sorgte das benachbarte Hotel Best Western, dessen Eigentümer am 24. Juli 2019 einen einstweiligen Baustopp per Eilantrag beim Verwaltungsgericht Leipzig gegen die Baugenehmigung erwirkten. Das Nachbarhotel beschwerte sich über unzureichende Vorkehrungen gegenüber den Staub- und Lärmbelastungen bei den Bauarbeiten. Nach einer Einigung wurde der Eilantrag am 7. August 2019 wieder zurückgezogen.

Im Mai 2019 war die Entkernung des Gebäudes abgeschlossen, und erste Details zur geplanten Nutzung wurden auf einer Pressekonferenz vorgestellt. Eine repräsentative Lobby empfängt die Gäste und das Restaurant wird Stilelemente von 1913 bis 1950 enthalten. Ein Bankettbereich für 1.000 Gäste auf rund 800 m² mit fünf Ballsälen und sechs Konferenzräumen bildet das Zentrum des künftigen neuen Astoria. Die Fertigstellung mit 250 Zimmern und 470 Betten sollte zunächst Ende 2020 erfolgen. Der zukünftige Hotelbetreiber stand im Mai 2019 noch nicht fest. Im Oktober 2019 stand Vivion in Verhandlungen mit der britischen InterContonental Hotels Group (IHG).

Das Oberverwaltungsgericht Bautzen beschloss am 14. Februar 2020, dass die Genehmigung für den Umbau planungsrechtlich unzulässig sei und erwirkte damit eine zweite Unterbrechung der Bauarbeiten. Hotelnachbar Best Western stellte „schon im Frühling 2019“ einen Änderungsbauantrag dem Bauamt Leipzig vor mit einer Reihe von Forderungen an Vivion, die im Wesentlichen auf einer Minimierung des Geräuschpegels seitens der Besitzer des Astoria bestehen. Darüber hinaus wurde bekannt, dass Vivion die bisherige Anzahl von 350 Gästezimmern nicht wie angegeben auf 250 senken, sondern sogar auf 500 Räume aufstocken möchte. Das Leipziger Amt für Bauordnung und Denkmalpflege hob am 11. Juni 2020 den Baustopp wieder auf, nachdem der Fall „intensiv geprüft“ worden war und erteilte eine Baugenehmigung. Dennoch wurden die Bauarbeiten nicht mehr aufgenommen und mit einer Notsicherung zur Wintersaison 2020/21 vorübergehend eingestellt.

Nun also soll es weitergehen. Kathrin Rödiger, Leiterin des Amtes für Bauordnung und Denkmalpflege bei der Stadt Leipzig: „Es ist schön, dass es an diesem so neuralgischen Punkt in der Stadt nun weitergeht. Wir befinden uns kontinuierlich in guten Gesprächen mit dem Investor und hoffen, dass das Projekt nun zügig umgesetzt werden kann. Die Leipziger wünschen sich, dass ins Astoria wieder Leben einzieht.“  

Geplant ist ein Tagungs- und Konferenzhotel mit mindestens fünf Konferenzräumen, einem 800 Quadratmeter großen Bankettbereich und einem kleinen Spa-Bereich. Die historische Fassade des Gebäudes in unmittelbarer Nähe des Leipziger Hauptbahnhofes mit ihren Holzfenstern und der Dachkonstruktion soll erhalten bleiben. Über die Höhe der Kosten hat der Investor keine Angaben gemacht. Quelle: Stadtveraltung Leipzig / wikimedia / DMM