Am Verbrenner festhalten ist schlichtweg verrückt

Während China längst auf Elektromobilität setzt, hält Deutschland am ineffizienten Verbrenner fest – für Harald Lesch, Harald Lesch ist ein deutscher Astrophysiker, Naturphilosoph, Wissenschaftsjournalist, Fernsehmoderator und Hörbuchsprecher. Er ist Professor für Astrophysik an der Ludwig-Maximilians-Universität München und Lehrbeauftragter für Naturphilosophie an der Hochschule für Philosophie München, ist das nicht nachvollziehbar.

Elektroautos sind den Verbrennern vielfach überlegen und im Betrieb x-fach kostengünstiger. Trotzdem halten etliche Autohersteller noch immer am schwer klimaschädlichen Verbrenner fest. Foto: Audi

Prof. Harald Lesch kritisiert scharf, dass Deutschland immer noch am ineffizienten Verbrennungsmotor festhält, während China längst die Zeichen der Zeit erkannt habe und auf Elektromobilität setze. Mit einem Wirkungsgrad von 70 % sei der Elektromotor dem Verbrenner, der nur 17 % erreiche, weit überlegen. „Es ist mir völlig schleierhaft“, sagt der Astrophysiker auf einer Veranstaltung in Unterhaching, “warum Deutschland weiterhin den Diesel subventioniert und gleichzeitig E-Autos fördern will – das ist, als ob man an der Tür gleichzeitig drückt und zieht.“  

Der aus dem Fernsehen bekannte Autor und Wissenschaftsjournalist erinnert daran, dass bereits in den 1980er Jahren eine Exxon-Studie den Temperaturanstieg voraussagte, doch Desinformationskampagnen des „fossilen Imperiums“ hätten den Wandel verhindert. Auch Claudia Kemfert, Vorsitzende des Sachverständigenrats Umwelt, der die Bundesregierung berät, fordert mehr Mut zur Energiewende und kritisiert die zögerliche Politik: „Nicht sparen, sondern investieren“, lautet ihre Devise. Gemeinsam könnten wir die Energiewende schaffen – denn, so Kemfert: Es ist ein „Gewinnerthema“.

Mit steigenden Zahlen von E-Autos gibt es immer wieder Diskussionen darum, ob die Stromer tatsächlich besser für das Klima sind, als herkömmliche Autos mit Verbrennungsmotoren. Dabei werden von Kritikern verschiedenste Bedenken genannt: Die Emissionsbilanz bei der Produktion, die benötigten Rohstoffe für die Batterien, sowie der CO2-Ausstoß bei der Stromproduktion durch Kohle und Gas werden häufig als Vorwand gegen vollelektrische Fahrzeuge genannt. Doch ist das berechtigt? Im Rahmen der "Terra X"-Serie versucht der Wissenschaftler und Journalist Harald Lesch die drängendsten Fragen zum Thema E-Auto zu beantworten. 

Sind elektrische Motoren besser als Verbrenner? Obwohl diese Frage etwas subjektiv anmutet, findet Lesch eine klare Antwort: ja, aufgrund von zwei Eigenschaften. Auf der einen Seite seien elektrische Motoren im Verhältnis zu klassischen Verbrennungsmotoren wesentlich einfacher aufgebaut, erklärt Lesch. Auf der anderen Seite seien E-Motoren wesentlich effizienter, was die Ausnutzung der zugeführten Energie betreffe. 

Zur Erläuterung nutzt der Wissenschaftler eine Vergleichsgrafik, die die Energieeffizienz eines vollelektrischen Motors mit einem wasserstoffbetriebenen Motor und einem Verbrenner vergleicht, der synthetischen Kraftstoff als Antrieb nutzt. Von 100 %  eingesetzter Energie würden beim Stromer ganze 73  % in die tatsächliche Bewegung des Fahrzeugs gehen.

Damit nutzt der rein elektrisch versorgte Antrieb die Energie sehr viel effizienter als die im Vergleich angeführten Alternativen: Beim Wasserstoff-Antrieb per Brennstoffzelle kämen lediglich 22 % der eingesetzten Energie in der tatsächlichen Bewegung an - Grund hierfür sei vor allem der aufwendige Prozess, mit dem der Wasserstoff überhaupt erst als Kraftstoff verwendet werden könne.
Bei Verbrennungsmotoren sieht die Bilanz sogar noch schlechter aus: Gerade einmal 13 Prozent der gesamten eingesetzten Energie würden effektiv in der Bewegung des Fahrzeugs landen, so Lesch. Der größte Teil der eingesetzten Energie werde statt in Vortrieb in Wärme umgesetzt. In der Fahrpraxis würde das bedeuten, dass ein Stromer mit der gleichen Energie, die ein Verbrenner für einen Kilometer Fahrt benötigt, fünfeinhalb Kilometer fahren könne, erklärt Lesch.

Wie hoch ist die CO2-Belastung bei Elektroautos? Da in Deutschland immer noch 50 % des Stroms aus Kohle und Gas gewonnen werden, fallen auch bei vollelektrischen Fahrzeugen Emissionen an. Wie hoch sind diese im Vergleich zu einem klassischen Verbrenner? Den Vergleich macht Lesch am Beispiel eines 2-Liter-Passat mit 280 PS, sowie eines Tesla Model 3 mit einer 58 kWh-Batterie und 325 PS.

Lesch betont, dass für den Vergleich ausschließlich die Herstellerangaben genutzt werden. Demnach würde der Tesla auf 100 km 14,3 kWh Strom verbrauchen. Der ADAC habe allerdings festgestellt, dass es in Wahrheit etwa 20 kWh/100 km seien. Damit fallen für das Model 3 auf 100 km knapp 5 kg CO2-Emissionen, wenn man davon ausgeht, dass aktuell 50 % des Stroms aus nicht erneuerbaren Energien gewonnen werden.

Der Passat habe laut Hersteller einen Benzinverbrauch von 7,2 l/100 km. Zum Passat nennt Lesch keinen realen Verbrauch – der ADAC hat die genannte Motorisierungsvariante nicht getestet, man kann aber davon ausgehen, dass auch der Verbrenner deutlich über der Herstellerangabe liegt. Schon mit der Herstellerangabe liege die CO2-Emissionen für den Verbrenner bei 20 kg CO2/100 km, so Lesch. Somit würde selbst bei der aktuellen Stromproduktion, die noch nicht auf 100 % erneuerbare Energiequellen zurückgreift, ein E-Auto immer noch viermal klimafreundlicher fahren, als ein Benziner.

Wer verursacht mehr Emissionen in Produktion und Lebenszyklus? Auch die Emissionen, die bei der Produktion von E-Autos anfallen, sind ein viel diskutiertes Thema. Doch verursachen Stromer tatsächlich mehr CO2-Emissionen während der Produktion als herkömmliche Verbrenner? Und wenn ja, wie entwickeln sich die Emissionen im Laufe des Lebenszyklus der Fahrzeuge?

Um diese Fragen zu beantworten, holt sich Lesch Unterstützung von Annika Neitz-Regett von der Forschungsstelle für Energiewirtschaft  in München (FFE). Neitz-Regett erklärt, dass E-Autos während der Produktion einen größeren Emissionsfußabdruck hinterlassen würden als Verbrenner. Dies sei vor allem auf den hohen Energiebedarf für die Batterieproduktion zurückzuführen. Doch im Laufe des Lebenszyklus werde dieser "Rucksack aus Emissionsschulden" langsam gegenüber den Verbrennern abgebaut.

Hier setzt Lesch wieder auf den direkten Vergleich von Passat und Model 3: Angenommen, beide Fahrzeuge hätten einen Lebenszyklus von 16 Jahren, in dem sie jeweils 230.000 km zurücklegen würden, so wäre die Emissionsbilanz des Passats letztendlich bei 50 Tonnen CO2. Der Tesla käme - unter Berücksichtigung der aktuellen Energiebilanz mit 50 % Strom aus Kohle und Gas - auf 18 Tonnen. Zukünftig sollte sich dieser Wert jedoch weiter verbessern, so Lesch. 

Video: https://www.youtube.com/watch?v=shc6hnCrAQ0  Quelle: E-Fahrer.com / focus.de / DMM