Auf dem Weg zum fahrerlosen Regionalzug

Autonom fahrende Verkehrsmittel sind in vielen Bereichen noch Zukunftsmusik. Denn wenn es darum geht, sich fortzubewegen, haben die Menschen ein großes Bedürfnis nach Sicherheit und sind skeptisch, weil ihnen oftmals das Vertrauen in Künstliche Intelligenz – als wichtige Komponenten für das autonome Fahren – fehlt.

Bei der Hamburger S-Bahn sind autonom fahrende Züge im Test. Beim VDE denkt man auch über Regionalzüge ohne Triebfahrzeugführer nach. Foto: DB

Auf der anderen Seite bieten Automatisierung und Digitalisierung des Verkehrssektors große Chancen. Die Deutsche Kommission Elektrotechnik (DKE) beteiligt sich mit verschiedenen anderen Partnern aus Wissenschaft und Industrie am Projekt safe.trAIn, bei dem das langfristige Ziel verfolgt wird, auch im Regionalverkehr fahrerlose Züge einzusetzen.

Die vom VDE getragene DKE Deutsche Kommission Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik in DIN und VDE (DKE) ist die Plattform für rund 9.000 Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung zur Erarbeitung von Normen, Standards und Sicherheitsbestimmungen für die Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik. 

Vereinzelt gibt es heute schon Beispiele für komplett autonom fahrende Bahnen. So sind an Flughäfen etwa Skytrains (Frankfurt, Düsseldorf) bzw. People Mover (München) im Einsatz, in Deutschland fahren bereits seit 2008 in Nürnberg U-Bahnen ganz automatisch und in Australien gibt es das erste automatische Schwerlast-Schienennetz der Welt – dort transportieren fahrerlose Züge Erzeugnisse aus Eisenmienen hunderte Kilometer durch das Land. 

Doch Marko Kesic, Projektmanager Mobility beim VDE räumt ein: "Je komplexer das Verkehrsgeschehen, desto schwieriger ist es, Züge ohne Lokführer fahren zu lassen. Regionalzüge verkehren auf offener Strecke, wo Tiere den Verkehr behindern oder Menschen bei Wartungsarbeiten auf den Gleisen unterwegs sein könnten. Am kompliziertesten wäre der Einsatz von autonomen Zügen im Stadtverkehr etwa bei Straßenbahnen."

Gerade für den Bahnverkehr bieten fahrerlose Züge aber große Vorteile. Denn die Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, die CO2-Emmissionen im Verkehrssektor bis 2030 um gut 40 % zu senken (im Vergleich zu 2021). Zusätzliche Strecken zu bauen und Gleise zu verlegen ist teuer und dauert lang. Im automatisierten Betrieb kann die Effizienz und Attraktivität dagegen kurzfristig gesteigert werden, Bahnen könnten häufiger fahren und es könnten mehr Verbindungen angeboten werden. DKE bringt in das Projekt safe.trAIn, das vom Bundeswirtschaftsministerium gefördert wird, ihre Erfahrung mit Normen und Standards ein. Die DKE-Experten wollen Prüfmethoden ableiten, anhand derer festgestellt werden kann, ob eine Künstliche Intelligenz vertrauenswürdig ist.

Autonome S-Bahn Hamburg. Seit dem 15. September 2022 sind in der Hansestadt automatisch fahrende, digital gesteuerte S-Bahnen in den Regelbetrieb gegangen (DMM berichtete). Mit zunächst vier eigens dafür umgebauten Triebzügen ist die Schnellbahn auf der Linie S2 unterwegs.  Zunächst werden weiterhin Lokführer dabei sein und den Zug überwachen. Anfahren, Beschleunigen, Bremsen und Halten erledigen die für den automatischen Betrieb umgebauten Züge der Baureihe 474 von selbst. Auch das Rangieren etwa bei der Zugwende geschieht ohne Personal.

Die Strecke der S-Bahnlinie S2 verläuft von Altona über den Hamburger Hauptbahnhof bis nach Bergedorf. Für den autonomen Betrieb ist allerdings nur der Streckenabschnitt zwischen Berliner Tor und Bergedorf ausgerüstet. In Hamburg soll der komplette S-Bahn-Betrieb bis etwa 2030 digitalisiert werden. Bis dahin wird ein Großteil des S-Bahnverkehrs (vielleicht) ohne TriebfahrzeugführerIn dahin sausen. 

Kay Arnecke, der Chef der Hamburger S-Bahn, sprach von einem "Epochenwechsel". Mit der neuen Technik könnten bis zu 30 % mehr Züge eingesetzt werden, ohne einen Meter Gleis neu bauen zu müssen. "Die Digitale S-Bahn ist ein wichtiger Baustein für die Mobilitätswende", sagte Verkehrssenator Anjes Tjarks zum Start. Als erstes Bundesland setzt Hamburg die neue Technik im Regelbetrieb ein - ein großer Schritt in Richtung Hamburg-Takt sowie einer klimagerechten Mobilität." Der Hamburg-Takt ist ein Versprechen des Hamburger Senats für das Jahr 2030. Dann sollen Menschen innerhalb von fünf Minuten Bus, U- und S-Bahn oder andere Mobilitätsangebote in Anspruch nehmen können. Info: www.dke.de Quelle: VDE / S-Bahn Hamburg / Golem / DMM