Ausgleichsfroderung: SWISS soll für Verspätung von American Airlines zahlen

Die Lufthansa-Tochter Swiss muss einer deutschen Kundin Ausgleichszahlungen nach EU-Fluggastrechteverordnung bezahlen, obwohl nicht sie, sondern der US-Carrier American Airlines mit einem Anschlussflug innerhalb der Vereinigten Staaten eine erhebliche Verspätung produziert hatte. Das stellte der EuGH fest. Enthält eine Flugreise mehrere Flüge, die von verschiedenen Airlines durchgeführt werden, können europäische Passagiere bei großer Verspätung eines der Flüge trotzdem eine Entschädigung verlangen. Denn es handelt sich um "direkte Anschlussflüge", auch wenn die Luftfahrtunternehmen rechtlich nichts miteinander zu tun haben, stellte der Eiropäische Gerichtshof (EuGH) mit Urteil vom Donnerstag, 06. Oktober 2022 (Rs. C-436/21) fest.

Hintergrund war der Fall einer Frau, die mit insgesamt drei aufeinander folgenden Flügen von Stuttgart über Philadelphia nach Kansas City wollte. Diese Reise buchte die Dame über ein Reisebüro, wo sie einen elektronischen Flugschein erwarb. Den ersten Flug führte die Lufthansa-Tochter SWISS durch, während die anderen beiden über American Airlines liefen. Auf dem Flugschein war aber nur American Airlines als Dienstleistungserbringerin angegeben und er enthielt außerdem eine einheitliche Buchungsnummer für die gesamte Strecke. Außerdem stellte das Reisebüro eine Rechnung aus, die den Gesamtpreis sowohl für den Hin– als auch den Rückflug beinhaltete. 

Die Reise verlief sehr zum Verdruss der Kundin nicht reibungslos. Die ersten beiden Flüge waren zwar pünktlich – beim dritten und letzten Abschnitt von Philadelphia nach Kansas City kam die Reisende jedoch mit einer Verspätung von vier Stunden an. Die Frau trat daraufhin ihre durch diese Verspätung entstandenen Ansprüche an den Rechtsdienstleister Flightrigt ab. Flightright zog dann gegen American Airlines vor ein deutsches Gericht und klagte auf eine Ausgleichszahlung von 600 Euro. Der Fall landete beim Bundesgerichtshof (BGH), der dem EuGH eine Frage zur Auslegung der entsprechenden EU-Verordnung über Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und Annullierung oder großer Verspätung stellte.

Der EuGH beschäftigte sich nun mit dem Begriff der "direkten Anschlussflüge". Er ist der Ansicht, dass darunter auch ein Beförderungsvorgang fällt, der in einem Mitgliedstaat der EU startet, aber aus mehreren Flügen besteht – die auch von unterschiedlichen und rechtlich nicht miteinander verbundenen Luftfahrtunternehmen durchgeführt werden können. Sähe man das anders, widerspräche das dem Ziel der Sicherstellung eines hohen Schutzniveaus für Fluggäste, so der EuGH.

Voraussetzung für einen solchen Anspruch sei aber, dass die Flüge Gegenstand einer einzigen Buchung waren, also von einem Reiseunternehmen zusammengefasst wurden, das dafür einen Gesamtpreis in Rechnung stellt und einen einheitlichen Flugschein ausgegeben hat. Nur dann handele es sich um "direkte Anschlussflüge".  Über den konkreten Fall muss nun der BGH entscheiden. Quelle: EuGH / DMM