Autofahrer oft selbst Verursacher von Stau

Stau gehört heutzutage schon fast zu einer gewohnten Verkehrssituation. Vielen Autofahrern ist jedoch nicht bewusst, dass sie mit ihrem Fahrverhalten oftmals die Verursacher des Staus sind.

So stellt etwa der Stauforscher Michael Schreckenberg, Professor für Physik von Transport und Verkehr an der Universität Duisburg-Essen, fest, dass viele Staus dem Faktor Mensch geschuldet sind. Er entwickelte gemeinsam mit dem Physiker Kai Nagel das nach den beiden Wissenschaftlern benannte Nagel-Schreckenberg-Modell, nach dem Staus durch ein hohes Verkehrsaufkommen sowie falsches bzw. egoistisches Verhalten plus Kettenreaktionen entstehen. Den berüchtigten „Stau ohne Grund“ gibt es demnach eigentlich nicht. Stattdessen sind es nach der Erfahrung der Experten nur allzu häufig einzelne Autofahrer, die einen Stau verursachen.

Die Statistiker registrierten im vergangenen Jahr im Mittel mehr als 2.000 Staus pro Tag. Und dafür soll vielfach das Fehlverhalten Einzelner ursächlich sein? Ja, sagen die Wissenschaftler. Sie räumen zwar ein, dass sich Staus nicht grundsätzlich vermeiden lassen, wie auch eine aktuelle Studie von Schreckenberg verdeutlicht. Denn immerhin werden mehr als zwei Drittel der Staus in Deutschland auf eine Überlastung der Verkehrswege zurückgeführt: wenn einfach zu viele Fahrzeuge zur selben Zeit in dieselbe Richtung unterwegs sind. Aber das Stauaufkommen ließe sich vermindern, meinen Schreckenberg und Nagel, wenn die Autofahrer bestimmte Fehler vermeiden würden.

Sieben Hauptsünden haben die Forscher zusammengestellt, die Kraftfahrzeuglenker tunlichst nicht begehen sollten, um Stillstand auf der Straße zu vermeiden. Die Aufzählung der stauverursachenden schlechten Angewohnheiten beginnt mit zu dichtem Auffahren. Denn dieses hat nur zu oft abrupte Bremsmanöver zur Folge, wenn das vorausfahrende Fahrzeug langsamer wird. Daraus resultiert vielfach eine Kettenreaktion, weil die nachfolgenden Autofahrer ebenfalls „in die Eisen steigen“ müssen. Dafür haben die Stauforscher den Begriff „Schmetterlingseffekt“ geprägt. Das erste Bremsmanöver setzt sich dabei als Kettenreaktion nach hinten immer fort, bis irgendwann ein erstes Fahrzeug zum Stillstand kommt. Und so entsteht „aus dem Nichts“ ein Stau. Wobei „aus dem Nichts“ eben nicht wirklich zutrifft, weil die Stauursache ja eigentlich in dem zu dichten Auffahren eines Autofahrers zu suchen ist.

Als weitere wichtige Auslöser von Staus sehen die Wissenschaftler Kolonnenspringen und plötzliche Überholvorgänge an. Denn sie zwingen ebenfalls häufig zu heftigem Bremsen – und schon droht wieder eine Kettenreaktion nach hinten. Ähnlich verhält es sich bei Fehlern beim Reißverschlussverfahren, wenn Autofahrer sich nicht geschmeidig genug der Geschwindigkeit auf der Nebenspur anpassen, sprich zu spät oder gar nicht beschleunigen. Das unterbricht dann gleichfalls den Verkehrsfluss, ebenso wie zu frühzeitiges Einfädeln in den Verkehr auf der Nebenfahrbahn. Dadurch bleibt die eigentlich beabsichtigte Wirkung des Reißverschlussprinzips nur allzu oft auf der Strecke und stattdessen kommt der fließende Verkehr zum Erliegen.

Maßgeblich zum Entstehen von Staus tragen auch diejenigen Autofahrer bei, die sich auf den Weg machen, wenn alle unterwegs sind. Stattdessen sollte man sich bemühen, die Hauptverkehrszeiten zu umgehen, raten die Stauforscher. Denn eines ist klar: Die Kapazitäten der Verkehrswege sind begrenzt. So findet auf einer bestimmten Strecke nun einmal nur eine begrenzte Anzahl von Fahrzeugen Platz. Die Sättigungsgrenze einer Straße soll demnach in der Regel bei 1.500 bis 2.500 Fahrzeugen pro Stunde und Spur liegen, wenn sich die Fahrzeuge mit einer Geschwindigkeit von 80-100 km/h fortbewegen. Schnelleres und langsameres Fahren verringere jeweils die Kapazität von Verkehrswegen, stellen die Experten fest.

Um nicht selbst zum Überschreiten der Kapazitäten von Straßen beizutragen, empfehlen sie Autofahrern, sich über Verkehrsstoßzeiten zu informieren und diese wenn möglich zu meiden. Das gilt demnach nicht nur für die alltäglichen Strecken, bei denen es meist Ausweichmöglichkeiten gibt, sondern auch für die Fahrten in den Urlaub. Bei Letzteren bietet sich die Nutzung von Stauwarnmeldungen in den Medien an. Quelle: Goslar Institut / DMM