Automobil der Zukunft spaltet die Deutschen

Die Automobilindustrie steht vor einem tiefgreifenden Umbruch. Den Bundesbürgern sind beim Autokauf integrierte Navigationsdienste, Fahrassistenzsysteme oder digitale Dienste auf Grundlage von Fahrzeugdaten wie Reparaturhinweise inzwischen wichtiger als Motorleistung oder die Marke. Ob dies auch bei Dienstwagennutzern, Mobilitätsmanagern etc. so gesehen wird, sagt die Untersuchung leider nicht.

Zudem ist vor allem für die große Mehrheit der Jüngeren das eigene Auto kein Statussymbol mehr, stattdessen spielt der Klimaschutz eine wichtige Rolle bei der Wahl des Verkehrsmittels. Und bei den Zukunftsthemen Elektroautos und autonomes Fahren sehen die Bundesbürger aktuell die deutschen Hersteller im Hintertreffen. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Befragung von 1.004 Bundesbürgern im Auftrag des Digitalverbands Bitkom. 46 % der Bundesbürger sehen die Autoindustrie durch die Verbreitung von Elektroautos herausgefordert, 31 % durch den Trend zum autonomen Fahren. 

Lieber digital als viele PS. Wichtigstes Kriterium beim Autokauf ist für die Bundesbürger, ob das neue Fahrzeug integrierte Navigationsdienste bietet (93 %). Damit liegt es noch vor dem Anschaffungspreis (91 %), Umwelteigenschaften wie Verbrauch (91 %), dem allgemeinen Komfort (88 %) und der Art des Antriebs (84 %).

Fahrassistenzsysteme wie Spurhalteassistent oder Einparkautomatik (80 %) liegen ganz knapp vor dem Design (79 %). Und Dienste auf Grundlage von Fahrzeugdaten (77 %), die etwa Hinweise auf notwendige Reparaturen geben, sind wichtiger als die Motorleistung (70 %) oder der Einsatz des Herstellers für Klimaschutz (67 %).

Ebenso wichtig wie die Marke (62 %) ist die Kompatibilität des Cockpits mit dem eigenen Smartphone (62 %). Ebenfalls von einer Mehrheit als wichtig eingestuft wird das Angebot von neuen Diensten auf Grundlage von Car-to-Car-Kommunikation (56 %), mit der zum Beispiel vorausfahrende Fahrzeuge vor Hindernissen auf der Straße warnen können, sowie ein Internetzugang im Auto (51 %), etwa für das Entertainment-System. 

Das eigene Auto verliert an Bedeutung. 4 von 10 Bundesbürgern sagen, dass für sie persönlich das Auto im Vergleich zu anderen Verkehrsmitteln künftig deutlich an Bedeutung verlieren wird. Und für 6 von 10 (62 %) ist der Besitz eines eigenen Autos kein Statussymbol. Dabei gibt es deutliche Unterschiede zwischen den Altersgruppen. Während nur 58 % der über 65-Jährigen dieser Aussage zustimmen, sind es 70 % der 16- bis 29-Jährigen. Doch das sind nicht die einzigen Herausforderungen für die deutsche Automobilindustrie.

Drei Viertel (72 %) geben an, dass der Klimaschutz für sie bei der Wahl des Verkehrsmittels eine sehr große Rolle spielt. 64 % sehen den Umwelt- und Klimaschutz (64 %) als Herausforderung für die Hersteller, fast jeder Zweite (48 %) die Diskussion über autofreie Innenstädte. Ebenfalls als Herausforderungen gelten Handelskriege (46 %), Carsharing (18 %), Ridesharing (13 %)  und neue Verkehrsmittel wie E-Scooter (6 %).

E-Autos verändern den Markt grundlegend. Für den Automobilmarkt sehen die Bundesbürger insbesondere durch E-Autos deutliche Verschiebungen der Kräfteverhältnisse. So ist die Hälfte (52 %) der Meinung, dass die deutsche Autoindustrie die Wende hin zu Elektroautos und anderen erneuerbaren Antriebsformen verpasst (52 %). Ähnlich viele sind sicher, dass sich 2030 die Marktanteile heute bekannter Hersteller durch Elektroautos massiv verschoben haben werden (48 %). Und 46 % gehen davon aus, dass 2030 heute noch erfolgreiche Autohersteller vom Markt verschwunden sein werden, weil sie Elektroautos zu spät oder gar nicht angeboten haben. Vor diesem Hintergrund sehen zwei Drittel der Bundesbürger neue Autohersteller aus China (68 %) als Herausforderung für die deutsche Automobilindustrie.
Bei der Frage nach einem Verkaufsverbot für Autos mit Verbrennungsmotor scheiden sich die Geister. Rund jeder Vierte (23 %) wäre für ein Verbot spätestens ab 2030. Aber fast ebenso viele (20 %) lehnen ein Verbot grundsätzlich ab.

Zu wenige Ladesäulen. Aktuell sind die Bundesbürger noch gespalten, was den Kauf eines E-Autos angeht. 47 % können sich einen Kauf vorstellen, 46 % ziehen das aber nicht in Erwägung. Gegen Elektroautos sprechen nach Ansicht der Befragten vor allem die ihrer Ansicht nach noch zu geringe Reichweite (68 %), zu wenige Ladesäulen (67 %) sowie die Unsicherheit, ob man bei Auslandsfahrten die Batterie aufladen kann (64 %). E-Autos gelten auch als zu teuer (63 %), zudem werden eine zu kurze Garantie für die Akkus (59 %) sowie zu lange Ladezeiten (56 %) bemängelt. Mit Abstand folgen eine zu geringe Modelauswahl (29 %), intransparente Preise an öffentlichen Ladesäulen (25 %) und die Sorge, dass der Fahrspaß verloren geht (22 %). Nur 13 % nennen als Nachteil eine fehlende Verfügbarkeit und zu lange Lieferzeiten. Und lediglich 6 % sehen gar keine Nachteile bei E-Autos.

Als Vorteile werden am häufigsten genannt, dass E-Autos leiser (46 %) und umweltfreundlicher (42 %) sind. Aber auch Geld spielt eine Rolle: So loben 30 % die Kaufprämie für E-Autos, 25 % geringere Betriebskosten und 20 % langfristig geringere Wartungskosten. Jeder Vierte (23 %) sieht als Vorteil das positive Image von E-Autos, nur 8 % die Möglichkeit, Strom aus eigener Erzeugung zu nutzen. Und sogar nur 3 % erwarten einen größeren Fahrspaß als mit herkömmlichen Autos. Jeder Dritte (32 %) gibt an, er sehe keine Vorteile durch E-Autos.

Wenn die Politik die Verbreitung von E-Autos fördern will, dann bietet sich dafür eine ganze Reihe von Maßnahmen. 7 von 10 Bundesbürgern (69 %) geben an, dass ein flächendeckender Ausbau von Ladesäulen ihr persönliches Interesse am E-Auto-Kauf steigern würde. Mit deutlichem Abstand folgen finanzielle Anreize wie höhere Kaufprämien (43 %), geringere Steuern (39 %) oder eine Abwrackprämie (28 %). Jeder Dritte (38 %) hätte gerne mehr Informationen über E-Mobilität. Weitere gewünschte Maßnahmen der Politik sind Privilegien für E-Autos wie kostenloses Parken (34 %), Fahrverbote für Autos mit Verbrennungsmotor (18 %) sowie eine höhere Mineralölsteuer (12 %). 3 von 10 Befragten (28 %) geben aber an, dass sie generell nicht an Elektroautos interessiert sind, ganz egal welche Maßnahmen die Politik ergreift.

Durchbruch beim autonomen Fahren. Bei einem weiteren großen Zukunftsthema der Automobilbranche sehen die Bundesbürger die deutschen Hersteller auf dem zweiten Platz. So geht jeder Vierte (25 %) davon aus, dass klassische Autohersteller aus Deutschland wie VW, BMW oder Daimler den Wettbewerb um das autonome Fahren gewinnen werden. Damit liegen sie deutlich vor klassischen Herstellern aus dem Ausland wie Ford oder Toyota (16 %) und knapp vor IT- und Internetunternehmen wie Apple, Google oder Uber (22 %). Die besten Chancen, die Führungsrolle beim autonomen Fahren einzunehmen, wird allerdings neuen Automobilherstellern wie Tesla zugeschrieben, die jeder Dritte (34 %) vorne sieht. Dabei geht eine Mehrheit davon aus, dass autonomes Fahren kein Science Fiction ist, sondern schon bald Alltag. So erwarten 6 von 10 (60 %) Bundesbürgern, dass spätestens in 20 Jahren in Deutschland mehr selbstfahrende als herkömmliche Autos zugelassen werden. Nur 13 % gehen davon aus, dass auch in mehr als 25 Jahren noch von Menschen gesteuerte Autos den Markt dominieren.

Sorge bereiten Hacker und Datenmissbrauch. Aktuell gibt es gegenüber der Technik allerdings noch Vorbehalte – und die Bundesbürger sind ähnlich wie beim E-Auto gespalten. So kann sich nur jeder Zweite (47 %) grundsätzlich vorstellen, ein autonomes Fahrzeug zu nutzen. Vor allem die Sicherheit und der Datenschutz bereiten vielen Sorgen. So sagen jeweils 6 von 10 Befragten, dass sie Angst vor technischen Problemen (61 %) oder Hackern (59 %) haben. Weitere 29 % geben an, dass sie der Technik in Gefahrensituationen weniger trauen als einem Menschen, und 18 % haben generell wenig Vertrauen in Technik. Jeder Zweite (48 %) befürchtet eine Datennutzung durch Dritte. Darüber hinaus gelten ungeklärte rechtliche Rahmenbedingungen als Nachteil (59 %), etwa bei Haftungsfragen. Aber auch Geld spielt eine Rolle. 45 % befürchten hohe Investitionskosten in die Infrastruktur an der Straße für autonomen Verkehr, 36 % zu hohe Preise für die Fahrzeuge. Jeder Dritte (33 %) möchte nicht auf den Spaß am Selbstfahren verzichten. Nur 11 % der Deutschen meinen, es gebe keine Nachteile beim autonomen Fahren. Was nicht abgefragt wurde: Mit dem autonomen Fahren ist ein automatisches Tempolimit verbunden. Bei 130 km/h wird Schluss sein, so Experten.

Vorteile durch autonome Autos? Drei Viertel (73 %) der Bundesbürger sehen denn auch Vorteile durch autonome Autos. Am häufigsten genannt werden eine geringere Umweltbelastung (48 %), etwa durch eine angepasste Fahrweise, sowie ein besserer Verkehrsfluss (45 %), denn autonomes Fahren funktioniert nur mit Tempolimit! Jeweils rund ein Drittel erwarten eine geringere Lärmbelästigung (37 %), weil z.B. weniger Halte- und Anfahrvorgänge an Ampeln nötig sind, mehr Sicherheit für andere Verkehrsteilnehmer (34 %), mehr Fahrkomfort (34 %), weniger Unfälle (33 %) sowie mehr Zeit für den Fahrer (30 %). Nur rund jeder Vierte (28 %) erwartet durch autonomes Fahren mehr Sicherheit für die Fahrzeuginsassen. Und gerade einmal 14 % gehen davon aus, schneller ans Ziel zu kommen. Quelle: Bitkom / DMM