Automobilität: Es braucht keine Technologieoffenheit, sondern Technologie-Klarheit

DIW-Energieökonomin Prof. Dr. Claudia Kemfert widerspricht dem Verband der Automobilindustrie VDA, der ständig von Technologieoffenheit spricht und damit dem umweltschädlichen Verbrenner das Wort redet: Kemfert: „Wir benötigen keine Technologie-Offenheit; wir benötigen Technologie-Klarheit.“

Auch wenn das Verkehrsministerium voraussichtlich in güner Hand ist, muss sich die Verkehrspolitik Deutschlands grundlegend ändern, das heißt, die Emissionen im Verkehrssektor müssen bis 2030 deutlich sinken, so die Wirtschaftswissenschaftlerin Claudia Kemfert, Leiterin der Abteilung Energie, Verkehr und Umwelt am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung sowie Professorin an der Leuphana Universität Lüneburg, in einem Interviwe mit der Wirtschaftswoche. Kemfert fordert eine echte Verkehrswende – weg von der autozentrierten hin zur menschengerechten Mobilität. Verkehr muss vermeiden, verlagert und verbessert werden. Dazu müssen die CO2-Emissionsgrenzwerte für alle Autos, also auch Nutzfahrzeuge, verschärfen und parallel die Ladeinfrastruktur für Elektroautos schnellstens ausgebaut werden. Wirksam wäre nach Kemfert’s Aussagen zudem eine streckenbezogene Pkw-Maut sowie höhere Diesel- samt CO2-Steuern.

Klar sei auch, es reiche nicht, den Motor auszutauschen. Heute sind Autos keine Fahr-, sondern „Stehzeuge“; sie stehen 23 Stunden am Tag herum und verbrauchen sinnlos viel Inzwischen haben die Autokonzerne für eine umfassende Mobilitätswende selbst gegeben: Sie haben sich weltweit klar für die Elektromobilität entschieden und überbieten sich bereits wechselseitig mit einer Vielzahl neuer Elektromodelle. Es geht beim Abschied vom Verbrenner nicht mehr ums Ob, sondern nur noch ums Wann. Und: es brauche keine Technologie-Offenheit sondern Technologie-Klarheit.

Kemfert hält es zudem für völlig widersinnig, „dass wir über das Dieselprivileg weiterhin Verbrennerautos mit Milliarden subventionieren und gleichzeitig Elektroautos fördern, damit sie damit konkurrieren können. Konsequenterweise müssen die staatliche Bevorzugung des Diesels abgebaut (was natürlich natürlich Preissprünge beim Diesel mit sich brächte) und Emissionsgrenzwerte, als auch CO2-Preis den Klimazielen angepasst werden. Dann würden klare Marktbedingungen herschen, in denen Elektroautos eine faire Chance haben. Sinnvoll und dringend geboten seien auch staatliche Investitionen in die Ladeinfrastruktur. Dass Elektroautos bauartbedingt einfach viel energieeffizienter als Verbrenner sind, darüber lässt Kemfert keinen Zweifel. Selbst bei hohen Strompreisen spart ein Elektroauto Geld. Diese Rechnung wird sich schnell herumsprechen. Das sagt übrigens auch VW-Konzernchef Herbert Diess, der neuerdings (auf LinkedIn) indirekt vom Kauf von Verbrenner-Automobilen abrät.

Sozial ausgleichende Erstattungen (wie es die Grünen vorschlagen) hält die Wissenschaftlerin für sinnvoll, egal ob man sie Klimabonus, Klimadividende oder Energiegeld nennt. Dabei werden die Einnahmen aus dem CO2-Preis an die Bevölkerung zurückgegeben, und zwar durch einen jährlichen Pro-Kopf-Betrag. Das würde die Akzeptanz der Maßnahmen sicherlich vergrößern. Allerdings hat sich die Politik dazu bislang nicht durchringen können. Stattdessen hat man sich für eine Erhöhung der Pendlerpauschale entschieden, die wiederum umweltschädlich ist und obendrein höhere Einkommensbezieher einseitig bevorteilt. Quelle: Wirtschaftswoche / DMM