B737 MAX wird erst 2020 wieder fliegen dürfen

Die Europäische Agentur für Flugsicherheit EASA prüft seit einigen Monaten selbst alle Nachbesserungen Boeings, mit denen die schwer in Misskredit geratene B 737 MAX wieder flugsicher gemacht werden soll. Das Vertrauen in die Zulassungsmethodik der FAA scheint weitgehend dahin. Wie DMM berichtete, hatte die US-Luftfahrtaufsicht im Zuge von Delegationsverfahren die übereilte Zulassung der 737 MAX teilweise an Boeing übertragen, was sich als fatal für 346 Menschen auswirkte. Sie alle kamen bei zwei Abstürzen ums Leben. Nun sieht es ganz danach aus, als ob es 2020 wird, bis die Jets wieder eine Flugerlaubnis bekommen werden. Der Schaden für Boeing aber auch zahlreiche Airlines geht in die Milliarden.

Mehrere hundert B 7437Max stehen dicht an dicht am Boeing Airflied in Seattle. Sie werden wohl erst im Laufe des Jahres 2020 die Betriebseraubnis bekommen. Foto: Mike Siegel / Boeing

Viele Geschäftsreisende dies- und jenseits des Atlantiks lobten anfangs den hohen Komfort des neuen Kurz- und Mittelstreckenjets. Heute werden sie wohl eher mit einem mulmigen Gefühl an Bord gehen, wenn die Maschinen dereinst wieder fliegen dürfen. Bis es soweit ist, werden noch etliche Monate ins Land ziehen. Denn Europas Aviation Safety Agency EASA ist unzufrieden mit Schlüsseldetails von Boeings Nachbesserungen für den Todesjet. Die EASA fordert vom Flugzeugbauer mehr Anstrengungen zur Verbesserung der Sensoren der Trimmautomatik MCAS. Das MCAS steht in dringendem Verdacht, Ausgangspunkt für die Kontrollverluste in den Cockpits der abgestürzten 737 MAX 8 von Lion Air und Ethiopian Airlines zu sein. Am Dienstag, 03. September hatte by Patrick Ky, Executive Director bei der EASA, dem EU-Parlament erklärt, warum die Aviation Safety Agency (EASA) weiterhin auf dem Grounding beharrt. EASA sieht nach wie vor mehr Probleme als die amerikanische Federal Aviation Administration (FAA), die Boeings Updates ebenso begutachtet hatte. Boeing erklärte aktuell, es sehe eine Freigabe für die Flugzeuge noch im Oktober, so dass die zahlreichen Jets, die zurzeit am Flughafen Boeing Field in Seattle abgestellt sind, noch in 2019 ausgeliefert werden und zum Einsatz kommen können. In der Vergangenheit war es so, dass die „Clearance“ der FAA für die anderen Aufsichtsbehörden weltweit das Signal waren, ebenfalls ihr Okay zu geben. Diesmal freilich sieht es nicht danach aus. Die europäische Aufsichtsbehörde wird die Zertifizierung aller Wahrscheinlichkeit nach nicht mehr in 2019 ausstellen. 

Das Grounding der Boeing 737 Max wird die Fluggesellschaften noch Monate behindern. Tuifly-Chef Lackmann erwartet eine Rückkehr erst gegen Ende des Jahres, Sunexpress plant noch nicht so weit. Derweil gehen die weltweiten Umsatzausfälle in die Milliarden. Die Fluggesellschaft muss nun sogar ihre Flugpläne offenbar weiter anpassen. Wie Airline-Chef Oliver Lackmann gegenüber ATW-Online sagte, könne Tuifly möglicherweise einige für 2020 geplante Routen nicht nonstop bedienen. Davon könnten Dubai, Abu Dhabi und die Kap Verden betroffen sein. Tuifly betreibt in Deutschland bislang noch keine 737 Max, hätte aber bereits vier Maschinen übernehmen sollen. Die europäischen Schwestergesellschaften haben aber nach Daten von CH-Aviation bereits 15 Max-Maschinen von Boeing bekommen. Der gesamte Tui-Konzern hätte bis Ende 2019 auf 23 Maschinen kommen sollen.

Die Ausfälle kosten die Betreiber viele Millionen. TUI hatte die Kosten durch das Startverbot für den gesamten Konzern bis Ende September auf insgesamt rund 300 Mio. Euro beziffert. Auch Sunexpress Deutschland wartet weiter auf ihre bestellten Boeing 737 May. Zurzeit werden die Max-Lücken der Sunexpress Türkei vollständig mit Wet- und Dry-Leases überbrücken.

Southwest Airlines sind nach eigenen Angaben allein im zweiten Quartal 175 Mio. USD an Einnahmen entgangen. In Hinblick auf die Boeing-Rückstellungen heißt es in der Southwest-Mitteilung, man sei mit Boeing im Gespräch, habe aber noch keine Einigung erzielt. Die Airline hat 34 Boeing 737 Max in ihrer Flotte und hat nun alle Flüge bis Ende 2019 mit der Max gestrichen. Die Airline plant mit den Monaten Februar/März 2020, um entsprechende Behördenanweisungen umzusetzen und ihre Piloten mit den neuen Procedures und Regularien zu trainieren.

Auch American Airlines hat 24 der neuen 737 in ihrer Flotte. Nach momentaner Planung sind alle Max-Flüge bis zum 02. November aus ihren Plänen gestrichen. Nach DMM-Informationen geht AA aber davon aus, dass es 2019 nichts mehr mit den Max-Jets wird.

Derweil ist das Update der Steuerungssoftware für die Boeing 737 Max offenbar immer noch nicht endgültig fertiggestellt. In einer aktuellen Boeing-Mitteilung heißt es, der Hersteller prüfe mittlerweile, ob die Produktion der 737 Max noch weiter heruntergefahren oder sogar temporär komplett gestoppt werden muss. Nach dem jetzigen Stand der Dinge muss Boeing die Produktionspläne erneut prüfen. Boeing hat bereits milliardenschwere Rückstellungen wegen des 737-Max-Debakels angeschoben. Das Geld soll für die wahrscheinlichen Entschädigungen von Fluggesellschaften verwendet werden, die wegen des Ausfalls der 737 Max von Betriebsstörungen und Auslieferungsverzögerungen betroffen sind. Bislang beläuft sich die Schadensbilanz laut dem Finanzdienst Bloomberg auf 8,3 Mrd. USD, das Ende dürfte noch lange nicht erreicht sein. Jüngst erst hatte die Ratingagentur Fitch vor weiteren Belastungen gewarnt. Quelle: DMM / Bloomberg / Boeing