Bahn kontra Verkehrswissenschaftler

Die Deutsche Bahn verpasst ihren ICEs einen grünen Anstrich, um zu zeigen, dass diese Züge zu 100 Prozent mit Ökostrom fahren. Bahnfahren bedeute „aktiven Klimaschutz“. Doch stimmt das wirklich? Die Deutsche Bahn ist sauer auf Dr. Alexander Eisenkopf, Verkehrswissenschaftler (Hochschullehrer, Wirtschaftswissenschaftler, Verkehrsexperte, Oinophilist) an der Zeppelin-Universität Friedrichshafen, der der DB vorhält, ihr grünes Design sei eine reine Marketingstrategie ohne direkten Nutzen.

Den neuen Anstrich der ICE (grüne statt rote Streifen an den Front- und Endfahrzeugen der ICE) sieht Dr. Alexander Eisenkopf, Verkehrswissenschaftler (Hochschullehrer, Wirtschaftswissenschaftler, Verkehrsexperte, Oinophilist) an der Zeppelin-Universität Friedrichshafen, jedoch kritisch: „Dieses grüne Design ist eine reine Marketingstrategie und hat keinen direkten Nutzen – es ist nichts weiter als eine große Show.“ Denn klimaneutral ist die Bahn noch lange nicht. Sie kauft nur so viel Ökostrom ein, wie sie für den Fernverkehr braucht. „100 % Ökostrom entsprechen nicht der Realität“, sagt Eisenkopf mit Verweis auf Zahlen aus 2018. „Die Deutsche Bahn benutzt selbstverständlich noch Kohle- und Atomenergie. Der Ökostromanteil im gesamten Zugverkehr liegt bei 57 %.“ Der Rest stammt demnach aus Kohle- und Kernkraftwerken.

Zudem fahren auf Nebenstrecken noch Dieselloks, so der Wissenschaftler weiter. Erst 2038 will das Unternehmen in allen Bereichen mit 100 % Ökostrom fahren. Eine klimaneutrale Bahn soll es erst in 2050 geben, also in von heute angerechnet 31 Jahren!

Verkehrswissenschaftler Eisenkopf bezweifelt, dass die Pläne umgesetzt werden können. „Für die Infrastruktur ist der Staat verantwortlich, und die Mittel reichen gerade für den Erhalt, aber nicht für Erweiterungen“, sagte Eisenkopf.

Ähnlich kritisch äußert sich der Sprecher für Bahnpolitik der Grünen, Matthias Gastel. Der Bundesverkehrswegeplan quille immer noch vor lauter Straßenneubauprojekten über. „Im aktuellen Entwurf des Bundeshaushalts 2020 sollen die Investitionen für den Neu- und Ausbau des Schienennetzes sogar sinken.“ Gastel fordert: „Die Straßenbaupolitik der vergangenen Jahrzehnte muss endlich überwunden werden – Schiene vor Straße ist daher das verkehrspolitische Gebot der Zukunft.“

In einer Medienaussendung als Antwort auf die Kritik Dr. Eisenkofps behauptet die Deutsche Bahn nun , ihr Fernverkehr fährt zu 100 % mit Ökostrom. Anderslautende Aussagen sind schlicht falsch. Realitätsferne Behauptungen wie von Alexander Eisenkopf (Zeppelin-Universität Friedrichshafen) weist die DB entschieden zurück.
Fakt ist laut DB:
1. Der Fernverkehr der DB hat im Vergleich zu Auto, Flugzeug und Bus die mit Abstand beste Umweltbilanz. Die Fakten: Pro Person und Kilometer fallen bei den Fernverkehrszügen 1 Gramm CO2 an, beim Reisebus sind es 32 Gramm, beim Pkw 139 Gramm und beim Flugzeug 201 Gramm.
2. Die DB als Ganzes hat sich ehrgeizige Ziele für die gesamten Bahnverkehr gesetzt. In diesem Jahr wird über alle Bahnsysteme hinweg (Fernverkehr, Güterverkehr, Regional, S-Bahnen) der Anteil des Strom aus erneuerbaren Energien 60 % erreichen; 2018 waren es bereits 57 %. Zum Vergleich: Im öffentlichen deutschen Strommix lag der Anteil Ökostrom in 2018 bei nur 40,4 %.
3. Bis zum Jahr 2038 werden bei der DB alle fossilen Energien durch grünen Strom abgelöst.
4. Auch die Feststellungen des Herrn Eisenkopf zur Infrastrukturfinanzierung entbehren jeder Grundlage, so die DB. In den nächsten Jahren werden so viele Mittel wie niemals zuvor in das Schienennetz fließen. Allein für die Instandhaltung des Bestandsnetzes sind 86 Mrd. Euro vorgesehen; das sind 50 % mehr als bislang. Quelle: Welt / DB / DMM