Beleidigung im Straßenverkehr ist kein Kavaliersdelikt

Man ist mit dem Auto zu einem dringenden Termin unterwegs und ist schon spät dran. Der Autofahrer vor einem zockelt gemächlich vor sich hin und scheint alle Zeit der Welt zu haben. Die ersten paar Minuten erträgt man es mit Gelassenheit, dann platzt einem der Kragen, und es kommt zum Zeigen einer obszönen Geste oder dem Rufen eines ebensolchen Begriffes durchs geöffnete Fenster. Einige Tage später flattert ein Schreiben der Polizei ins Haus: Anzeige wegen Beleidigung im Straßenverkehr. Doch was genau ist eigentlich eine Beleidigung und mit welchen Konsequenzen habe ich zu rechnen?

Was ist laut Gesetz eine „Beleidigung“? Laut § 185 StGB liegt eine Beleidigung dann vor, wenn jemand durch die wörtliche oder tätliche Kundgabe seiner Missachtung einer anderen Person deren Ehre verletzt. Das hier zu schützende Rechtsgut ist also die Ehre eines Menschen, die durch eine Beleidigung herabgesetzt wird. Die Strafbarkeit dieses Tatbestandes ist schwierig, da die Freiheit der Meinungsäußerung des „Beleidigers“ gegen den Schutz des Persönlichkeitsrecht des „Beleidigten“ abgewogen werden muss, und die subjektive Empfindung eine entscheidende Rolle spielt.

Daher handelt es sich bei Beleidigung auch um ein sogenanntes Antragsdelikt, also um eine Tat, die nur verfolgt wird, wenn das Opfer sie zur Anzeige bringt. Unter den Straftatbestand der Beleidigung fallen Kraftausdrücke, Verwünschungen, aber auch vulgäre oder obszöne Gesten.

Was droht bei einer Anzeige wegen Beleidigung im Straßenverkehr? Beleidigung im Straßenverkehr wird wie jede Beleidigung nach § 185 StGB bestraft, ist also keine Ordnungswidrigkeit sondern eine Straftat, auf die Geldstrafe oder Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr stehen. Bei Tätlichkeiten, wenn der Beleidigende also übergriffig wird, drohen bis zu 2 Jahre Haft und hohes Schmerzensgeld. Außerdem kann ein mehrmonatiges Fahrverbot ausgesprochen werden, was allerdings selten vorkommt.

Wie bemisst sich die Höhe der Strafe für Beleidigung? Da der Tatbestand der Beleidigung schwer zu beurteilen ist, gibt es keinen festen Strafenkatalog, sondern die Strafe ist stark von den Umständen des Einzelfalles abhängig, etwa davon, ob es Zeugen gibt, die den Tathergang beschreiben und in einen Kontext setzen können. Haben sich zum Beispiel zwei Personen gegenseitig beleidigt, so können die Beleidigungen gemäß § 199 StGB gegeneinander aufgerechnet werden. In aller Regel wird es zu einer Geldstrafe kommen, die in Tagessätzen bemessen wird, sich also nach dem monatlichen Einkommen des Täters richtet.

Um einen Eindruck von einer möglichen Höhe der Strafe zu vermitteln, hier einige Beispiele ausgesprochener Urteile:

  • Zunge herausgestreckt: 150 €
  • „Bekloppter!“: 250 €
  • Vogel gezeigt: 750 €
  • „Wichser!“: 1.000 €
  • Stinkefinger gezeigt: 4.000 €

Wird Beamtenbeleidigung im Straßenverkehr höher bestraft? Entgegen einer allgemein verbreiteten Überzeugung wird auch die Beleidigung von Polizeibeamten (die bereits beim Duzen eines Beamten angenommen werden kann) nach § 185 StGB bestraft. Da die Höhe der Strafe für bestimmte einzelne Aussagen oder Gesten grundsätzlich jedoch nicht so genau festgelegt ist, hat hier die Rechtsprechung ein wenig Spielraum, und dass die Beleidigung eines Polizisten in Ausübung seiner Pflicht etwas anders beurteilt wird, als die Beleidigung eines unter Umständen tatsächlich unverantwortlich fahrenden Verkehrsteilnehmers ist nicht gänzlich undenkbar.

Bekommt man für Beleidigung im Straßenverkehr Punkte in Flensburg? Früher konnte man auch einen Punkt kassieren, wenn man wegen Beleidigung im Straßenverkehr verurteilt wurde. Seit das Punktesystem 2014 geändert wurde, gibt es für Beleidigung jedoch keine Punkte mehr.

Wann verjährt Beleidigung im Straßenverkehr? Die Verjährungsfrist liegt für Beleidigung bei 3 Monaten. Wenn binnen dieser Frist keine Anzeige vom Opfer erstattet wurde (Stichwort Antragsdelikt), kann die Tat nicht mehr strafrechtlich verfolgt werden.

Was sollte man tun, wenn man sich der Beleidigung im Straßenverkehr schuldig gemacht hat? Manches Mal koch für einen Moment das Blut über, so gut wie jeder hat das schon einmal erlebt. Nicht selten möchte man sich eine Minute später dafür selbst ohrfeigen. In einer solchen Situation kann es Wunder wirken, die Unangemessenheit des Gesagten zuzugeben und um Entschuldigung zu bitten. Die Erfolgsaussichten muss jeder in der Situation selbst abschätzen. Wenn sie gering sind, sollte man es bleiben lassen, da man durch die Bitte um Entschuldigung natürlich seine Schuld eingesteht, was im Falle einer Anzeige wiederum ungünstig werden kann.

Ist die Anzeige da, heißt es: Ab zum Anwalt. Ein guter Strafverteidiger kann, anders als ein Laie, je nach Situation abwägen, was erfahrungsgemäß auf Sie zukommt, und was zu tun ist. Möglicherweise kann erwirkt werden, dass das Verfahren wegen Geringfügigkeit eingestellt wird. Eine andere Möglichkeit besteht darin, durch einen Strafbefehl eine Gerichtsverhandlung zu vermeiden. Quelle: www.anwalt.de, RA Dr. Matthias Brauer LL.M. / DMM