Bloomberg: Konzerne wollen weniger Geld für Geschäftsreisen ausgeben

Sage und schreibe 84 % der Unternehmen in den Industrienationen planen Ausgabenkürzungen bei ihren Geschäftsreisen. Dies ergaben Umfragen der US-Nachrichtenagentur Bloomberg in Europa, den USA und in Asien. Die Fluggesellschaften wiederum hoffen auf das Gegenteil, insbesondere auf anhaltenden Wettbewerbsdruck bei Firmen, weiterhin fliegen zu müssen.

Bloomberg hat eine Umfrage bei 45 Konzernen in den Vereinigten Staaten, in Europa und Asien durchgeführt und dabei in Erfahrung gebracht, in welchem Umfang sich Geschäftsreisen künftig entwickeln. Der zu erwartende Rückgang, gemessen am Vorkrisenniveau, dürfte erheblich ausfallen, zeigen die Umfrage-Resultate. Unternehmen auf der ganzen Welt, von Pfizer, Michelin und LG Electronics bis zu HSBC, Hershey, Invesco und Deutsche Bank signalisieren, dass durch innovative neue Kommunikationsmittel viele Reisen aus der Zeit vor der Pandemie der Vergangenheit angehören. „Reisen, um Abschlüsse zu tätigen, könnten um ein Drittel sinken, Reisen für interne Meetings sogar noch mehr“, sagt z.B. Thierry Vanlancker, CEO des Lackherstellers Akzo Nobel. „Das ist gut für unsere Kasse und hilft unseren Zielen mehr Nachhaltigkeit zu erreichen, indem weniger geflogen wird. Unsere Kunden haben ein Jahr lang Schulungen hinter sich, daher ist es kein gesellschaftliches No-Go mehr, nur per Video Kontakt aufzunehmen. Die Effizienz ist enorm.“

84 % der 45 befragten Unternehmen planen, nach der Pandemie weniger für ihre Dienstreisen auszugeben. Eine Mehrheit der Befragten, die ihre Budgets kürzen, sieht die Einschnitte bei 20 bis 40 %, wobei etwa zwei von dreien sowohl interne als auch externe persönliche Treffen beschneiden. Effizienz und einfache Nutzung von Software für virtuelle Treffen, Kosten und eine Reduzierung der CO2-Emissionen wurden als Hauptgründe für die Reduzierungen genannt. Laut der Global Business Travel Association könnten Ausgaben für Geschäftsreisen bis 2024 auf bis zu 1,24 Billionen Dollar sinken, verglichen mit ihrem Höchststand von 1,43 Billionen Dollar in 2019.

Zu etwas anderen Ergebnissen kommen Airlines: So äußerte etwa Delta Air Lines CEO Ed Bastian, nach seinem Wissensstand hätten ca. 80 % der großen Firmenkunden der Fluggesellschaft angegeben, dass sie Geschäftsreisen im Umfang von bis zu 90 % von vor Covid-19 irgendwann wieder erlauben werden. Bastian geht nicht davon aus, dass sich die Nachfrage nach Geschäftsreisen insgesamt im Laufe der Zeit verschlechtern wird. Air France-KLM CEO Ben Smith spricht vom Wettbewerbsdruck, weiter zu fliegen. „Ich höre viele unserer Firmenkunden sagen, dass sie an dem Tag, an dem sie einen Kunden verlieren, weil sie nicht persönlich vor Ort waren, sofort wieder zu den alten Gepflogenheiten zurückkehren werden.“

Doch es gibt Zweifel darüber, ob sich dieser Airline-Optimismus bewahrheiten wird. Bis 2019 wurde es als eine gute Sache angesehen, ans andere Ende der Welt zu fliegen, um jemandem die Hand zu schütteln, aber heute gilt das nicht mehr“, sagt Augustin de Romanet, CEO von Aeroports de Paris. Viele Dinge, die während der Pandemie per Telefonkonferenz erledigt wurden, würden beibehalten, insbesondere wenn es um weit entfernte Länder geht. Das senke die immensen Reisekosten, entlaste die Umwelt und diene unterm Strich dem Wohl der Menschheit.

Am stärksten getroffen werden vermutlich Reisen aus unternehmensinternen Gründen, weil es nicht um Kundenbeziehungen geht. Davon geht Pascal Fabre aus, Geschäftsführer des Beratungsunternehmens AlixPartners in Paris. Fabre betont, Alix habe gelernt, wie man arbeitet, Produkte entwickelt und Verträge abschließt, ohne reisen zu müssen.  Und Drew Goldman, Head of Investment bei der Deutschen Bank, sagt, kundenbezogene Geschäftsreisen der Bank dürften wieder auf etwa 90 % ihres Niveaus vor der Pandemie steigen. Reisen für internen Besprechungen jedoch nur auf 25 bis 30 Prozent. Quelle: Bloomberg / DMM