Fraglich, ob Brüssel eine Gutscheinlösung gegen jegliches Recht bejaht

Über die dramatische Lage der Unternehmen der Reisewirtschaft hat Norbert Fiebig, Präsident des Deutschen Reiseverbandes (DRV), den Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier informiert und von der Bundesregierung schnelleres Handeln gefordert. Insbesondere soll Berlin mehr Druck gegenüber Brüssel in Sachen Gutscheinlösung machen. Nach DMM-Informationen sträubt sich Brüssel aber gegen die Lösung, bei der die Kunden als Kreditgeber missbraucht werden sollen.

 

Die Reisewirtschaft leide erheblich unter den Folgen der Covid-19-Pandemie, erklärte Fiebig. Allein von Mitte März bis Ende April hatte die Branche Umsatzeinbußen in Höhe von 4,8 Mrd. Euro zu verkraften. „Wir brauchen endlich die verpflichtende Gutschein-Lösung, die die Bundesregierung bereits im Kabinett beschlossen hat.“ Bis zum jetzigen Zeitpunkt liege keine Entscheidung aus Brüssel dazu vor. „Der Prozess in Brüssel ist zu langsam. Die Bundesregierung muss mehr Tempo machen und vorhandene Spielräume für eine nationale Lösung nutzen“, so Fiebig. Die Bundesregierung macht zwar Druck auf die EU-Kommission, umgehend eine Gutschein-Lösung für stornierte Urlaubsreisen wegen der Corona-Krise zu akzeptieren.

Justizkommissar Didier Reynders soll sein Okay geben, dass die Reiseveranstalter und Reisebüros sowie Airlines den Kunden für stornierte Reisen kein Geld auszahlen müssen, sondern einen Gutschein aushändigen können. Nur wenn dieser bis zum 31. Dezember 2021 nicht eingelöst worden sein sollte, soll es eine Geld-Erstattung geben (DMM berichtete). Ob Brüssel tatsächlich die Rechte von Touristen, ob privat oder gewerblich, einfach so aushebeln wird, wie es der DRV verlangt, erscheint fraglich, so Insider gegenüber DMM. U.a. machen auch die Verbraucherverbände Druck, dass diese Art von Missbrauch der Bürger nicht legalisiert wird.

Die Unternehmen der Reisebranche sind laut DRV mehrfach in einer Zwangslage: Sie machen keine Umsätze mehr und sind darüber hinaus gezwungen, Reisenden Zahlungen für Reisen zu erstatten, die aufgrund der Corona-Pandemie abgesagt werden mussten. „Das schwächt die Unternehmen in dieser existenziellen Krise zusätzlich“, erläutert Fiebig. „Wir sehen uns einem dramatischen ökonomischen Zersetzungsprozess gegenüber – und die nicht vorhandene Entscheidungsfindung der EU tut ihres dazu. Die Reisewirtschaft als Ganzes gerät hier dramatisch zwischen die Mühlsteine und könnte als Industrie zerrieben werden“, mahnte der DRV-Präsident.

Viele Unternehmen sind aufgrund behördlicher Anordnungen infolge von Covid-19 in wirtschaftliche Schieflage geraten, beispielsweise durch die weltweite Reisewarnung des Auswärtigen Amtes. Sie mussten ihre Geschäftstätigkeit einstellen, ohne dies in irgendeiner Form durch eigenes unternehmerisches Handeln beeinflussen zu können. „Hier sind gezielte Stützungsmaßnahmen erforderlich, um genau diese Förderlücke zu schließen“, so der DRV-Präsident. Quelle: DRV / DMM