Bund soll zweigleisigen Ausbau absichern

Die Bahn redet gern und viel vom Klima und dem Umweltschutz. Aber wenn es darauf ankommt, dann knaifen Politiker. So gschehen in Thüringen im Fall des Ausbaus der Mitte-Deutschlandverbindung.

Für den Straßenbau und die Versiegelung immenser Flächen haben Bund und Länder Milliarden übrig. Für den vernünftigen zweigleisigen Ausbau der Mitte-Deutschland-Verbindung im Abschnitt zwischen Gößnitz und Weimar in Thüringen reicht das Geld angeblich nicht für die Zweigleisigkeit. Zwischen Jena und Gera gibt es zwei Strecken-Abschnitte, auf denen nur ein Gleis liegt. Für schnelleren Fern- und Güterverkehr bräuchte es aber zwei. 

Mit der Entscheidung gegen den Ausbau weicht das Verkehrsministerium in Erfurt von den ursprünglich veranschlagten Mitteln ab. Indes sehen die Koalitionsvereinbarungen vor, der Ausbau der Hauptverkehrsstränge wie der Mitte-Deutschland-Verbindung habe in der Prioritätenliste weiterhin ganz oben zu stehen. Der geplante Ausbaustopp stößt auf Kritik - sowohl bei der SPD-Fraktion als auch in den Reihen der CDU. Auch der Fahrgastverband PRO BAHN Thüringen ist enttäuscht. „Die Nachricht klingt wie ein verspäteter Aprilscherz, ist aber leider bitterer Ernst. Angesichts der an Fahrt aufnehmenden Diskussion über die Stärkung der Bahn als klimafreundlichstes Verkehrsmittel und Problemlöser in der Klimakrise wirkt eine Entscheidung gegen den weiteren zweigleisigen Ausbau der Mitte-Deutschland-Verbindung wie aus der Zeit gefallen. Das Votum gegen das zweite Gleis in den beiden Streckenabschnitten ist auch gegen eine bessere Anbindung Ostthüringens und Westsachsens auf der Schiene gerichtet. Leidtragende einer solchen Fehlentscheidung wären täglich tausende PendlerInnen, die auf verlässliche Bahnverbindungen angewiesen sind.“

Die Stärke eines Bahnbetriebskonzepts zeigt sich vor allem bei Störungen und Verspätungen. Mit den verbleibenden eingleisigen Abschnitten bliebe die Mitte-Deutschland-Verbindung, die in Thüringen 40 % der Einwohner erreicht und in Sachsen eine Region mit 1,2 Mio. Einwohnern anbindet, anfällig für solche Unregelmäßigkeiten im Betriebsablauf. Durch das fehlende zweite Gleis übertragen sich Verspätungen schnell auf die Züge der Gegenrichtung, so dass der Fahrplan aus den Fugen gerät und Fahrgäste in den Knoten ihre Anschlüsse verpassen. Durch die geplante Fernverkehrslinie zwischen dem Ruhrgebiet und Chemnitz kann sich dies deutschlandweit auswirken.

Weiterhin limitieren und erschweren die Eingleisabschnitte künftige Angebotsverbesserungen. Über jedem zusätzlichen Zug östlich von Jena schwebt dann das Damoklesschwert der betrieblichen und fahrplantechnologischen Machbarkeit. Eine solche auf Kante genähte Eisenbahninfrastruktur wird schon den heutigen Anforderungen nicht gerecht und ist daher in keiner Weise zukunftstauglich. Deshalb darf der als Kriegsfolge entstandene Zustand nunmehr nicht zementiert werden und auf diese Weise den künftigen Entscheidungsspielraum für mehr Verkehr auf der Schiene verbauen.

Pro Bahn appelliert daher an die Bundesregierung, ihrer Verantwortung für die Finanzierung der Bundesschienenwege und den gesellschaftlichen Herausforderungen durch den Klimawandel nachzukommen und die Mittel für den vollständigen Ausbau zwischen Weimar und Gera bereitzustellen. Im laufenden Bundestagswahlkampf können die politischen Parteien beweisen, wie ernst es ihnen mit der Stärkung der Bahn tatsächlich ist. Quelle: Fahrgastverband PRO BAHN Thüringen / DMM