Chef des französischen Bahnnetzbetreibers "abgeschossen"

Der Präsident und Generaldirektor von SNCF Réseau (französischer Bahnnetzbetreiber), Luc Lallemand, wurde gezwungen, sein Amt niederzulegen. Der Entlassung waren Meinungsverschiedenheiten mit Regierungsvertretern vorgelagert, weil sich Lallemand geweigert hatte, gegen die in der Bahnreform von 2018 festgelegte „Goldene Regel“ zur Unterlassung unterfinanzierter Projekte zu verstoßen. Nachfolger ist ein Stellvertreter Matthieu Chabanel.

SNCF Réseau betreibt und modernisiert das französische Eisenbahnnetz und vergibt Zugangsberechtigungen an alle Eisenbahnunternehmen im Personen- und Gütertransport. Am Donnerstag, 22. September 2022, hatte ein Telefonat zwischen Premierministerin Elisabeth Borne und dem Vorstandsvorsitzenden der SNCF, Jean-Pierre Farandou, das Schicksal des Réseau-Chefs Luc Lallemand besiegelt. Der 56-jährige Bahnmanager, ein Belgier war seit März 2020 Leiter von SNCF Réseau. Zuvor leitete er über viele Jahre den belgischen Infrastrukturbetreiber Infrabel. Unter  leitete, war seit März 2020 Leiter von SNCF Réseau. Unter Lallemand’s Führung erfolgte die Umwandlung des französischen Eisenbahnbetreibers in eine Aktiengesellschaft und er führte mit öffentlichem Kapital und wurde die Gesundheitskrise bewältigt.

In einer Erklärung der Regierung in Paris heißt es: „Im Rahmen der neuen Politik der ökologischen Planung muss das Schienennetz Frankreichs in den Bereichen Dienstleistungsqualität, Raumplanung, nachhaltige Entwicklung, Sicherheit und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit besser werden, unterstützt durch Investitionen, die all diesen Herausforderungen gerecht werden.“ 

Der Rauswurf von Lallemand ist der Höhepunkt der seit einigen Monaten Spannungen zwischen SNCF Réseau und dem Staat. Luc Lallemand prangerte immer wieder die widersprüchlichen Anweisungen an, die ihm von der öffentlichen Hand geschickt wurden. Der eseau-Leiter ist in Frankreich ein „Gesellschaftlicher Mandatsträger“  (Mandataire social) und damit rechtlich für mögliche finanzielle Fehlentwicklungen des Unternehmens verantwortlich. Lallemand fühlte sich an die vom Staats vorgeschriebene Goldene Regel gebunden, die ihm nur eine bestimmte Verschuldung zugestand und von ihm forderte, ab 2024 ein ausgeglichenes oder positives Cashflow-Ergebnis zu erzielen.

Der Vorstandsvorsitzende hielt es aufgrund der vielfältigen Forderungen jedoch für unmöglich, diese Regel einzuhalten und er wollte die damit verbundenen finanzielle Risiken nicht eingehen. U.a. ging es ihm um das neue Zugbetriebssystem NExTEO (nouveau système d'exploitation des trains Est-Ouest) im Großraum Paris, dessen geschätzte Kosten in wenigen Jahren bereits von 300 Mio. Euro auf mehr als 1 Mrd. Euro gestiegen sind. Lallemand wollte das teure Projekt auf Eis legen und verzichtete darauf, den für Verkehr zuständigen Minister Clément Beaune zu informieren. 

Mitte September berief Valérie Pécresse - Präsidentin der Region Ile-de-France - eine außerordentliche Sitzung des Verwaltungsrats der regionalen Verkehrsbehörde Ile-de-France Mobilités (IDFM) ein und forderte Lallemand auf, seine Entscheidung zu erklären. Nach Meinung mehrerer Teilnehmer verlief die Sitzung sehr turbulent, da die Abgeordneten den Manager heftig kritisierten. Lallemand hiel seinen Kritikern entgegen, man verlange von ihm ein Unternehmen zu leiten, dem jährlich 2 Mrd. Euro an Einnahmen fehlen. Im Anschluss an das Treffen forderte Valérie Pécresse den Staat auf, seine Verantwortung für die Finanzierung zu übernehmen. Paris war darüber wenig erfreut und sorgte lieber dafür, den Chef des Netzbetreibers zu entfernen. Quelle: Le Monde, Ministère de la Transition écologique et de la Cohésion des territoires / DMM