Condor-Finanzchef landet bei FlixMobility

FlixMobility stellt mit der Rechtsformänderung von einer GmbH zur SE die Weichen für die Zukunft und strukturiert mehr als zehn Jahre nach der Gründung das Management neu. Der neue dreiköpfige Vorstand wird aus den Mitgründern André Schwämmlein (CEO) und Daniel Krauss (CIO) sowie Christoph Debus bestehen, der Anfang März 2022 neuer CFO des Unternehmens wird. Der bisherige Co-CEO und Mitgründer Jochen Engert wechselt ab 01. April 2022 in den Aufsichtsrat. Mit der Umstrukturierung stellt sich das Unternehmen für seine ambitionierten Ziele, basierend auf der Vision nachhaltige und erschwingliche Mobilität weltweit anzubieten, neu auf.

Vom Start-up zum Unicorn - Flixmobility hat nun auch einen Finanzschef, der von Condor gewechselt ist. Fto: FlixMobility

FlixMobility ist ein Mobilitätsanbieter und bietet unter den Marken FlixBus, FlixTrain und FlixCharter eine Alternative zu Bahn- und Busunternehmen, um bequem, preiswert und umweltfreundlich zu reisen. Die drei Gründer Schwämmlein, Engert und Daniel Krauss halten noch knapp über 25 % der Anteile. Dass das Geschäftsmodell funktioniert, hat sich in Deutschland gezeigt. Hier wurde Flixbus in sehr kurzer Zeit zum klaren Marktführer und besitzt hier nun eine Art Monopol.

Neuer Vorstand, neuer CFO. CEO André Schwämmlein und CIO Daniel Krauss werden zusammen mit Christoph Debus, der Anfang März 2022 neuer CFO des Unternehmens wird, den zukünftigen Vorstand bilden. André Schwämmlein wird dabei die Geschäftsbereiche FlixBus und FlixTrain, die kommerziellen Funktionen sowie den Bereich Kommunikation, Politik und Nachhaltigkeit führen. Daniel Krauss wird als CIO die Bereiche Technology sowie People Management verantworten.

Zudem übernimmt Christoph Debus Anfang März 2022 die Position des Chief Financial Officer (CFO). In seiner Position verantwortet er künftig alle finanziellen und rechtlichen Funktionen des Unternehmens. Christoph Debus gilt als Experte der Mobilitätsbranche und war im Kapitalmarkt in einigen leitenden Positionen, die über die klassische CFO-Tätigkeit hinaus gehen, interdisziplinär tätig. Zuvor war er CEO der untergegangenen Thomas Cook Group Airlines und zuletzt als CFO bei Condor tätig. Dort musste Debus zusammen mit Condor-Chef Ralf Teckentrup gleich zweimal in höchster Not aktiv werden. Erst musste nach der Pleite der einstigen britischen Konzernmutter Thomas Cook schnell ein Käufer gefunden werden: Doch der vermeintliche Retter, die Muttergesellschaft der polnischen Fluggesellschaft LOT, sprang wieder ab. 2021 dann wurde der britische Vermögensverwalter Attestor als neuer Investor und jetziger Mehrheitseigner gefunden. Danach schaute sich Debus nach einem neuen Arbeitgeber um. Den fand er nun in München. Debus folgt auf Christian Rummel, der FlixMobility nach nur zehn Monaten wieder verlässt.

Jochen Engert, der das Unternehmen gemeinsam mit André Schwämmlein und Daniel Krauss gründete und dieses als Co-CEO leitete, wechselt im Zuge der Rechtsformänderung der FlixMobility GmbH zur SE zum 01. April in den Aufsichtsrat. Aufsichtsratsvorsitzender ist Achim Berg.

Das erfolgreiche deutsche Mobilitäts-Start-up bereitet sich mutmaßlich auf einen Börsengang vor, auch wenn Mitgründer André Schwämmlein zuletzt immer wieder betont hatte, dass das Unternehmen ausreichend finanziert sei. Flixmobility zählt mit einer Bewertung von rund 3 Mrd. Euro zu den deutschen Unicorns, Start-ups, die mehr als 1 Mrd. Euro wert sind. Investoren sind u.a. General Atlantic, Permira, TCV, HV Capital, Blackrock, Baillie Gifford und Canyon Partners.

Der Werdegang von FlixMobility ist beeindruckend. Er begann mit dem Bus-Linienbetrieb am 13. Februar 2013 mit täglich mehreren Direktverbindungen zwischen München, Nürnberg und Erlangen. Noch im selben Jahr wurde das Liniennetz auf ganz Deutschland und das angrenzende Ausland erweitert. Seit Sommer 2014 führen mehrere Linien u. a. nach Basel und Wien. Bis zum Geschäftsjahr 2019 stiegen die Verbindungen auf 2.500 Ziele in 30 Ländern und es wurden 62 Mio. Kunden in Fernbussen, Zugverbindungen und Mitfahrdiensten transportiert.
In Kooperation mit dem österreichischen privaten Bahnunternehmen WestBahn von Wien nach Salzburg sind seit 2013 neun Ziele in Ober- und Niederösterreich per Zug erreichbar.

Mit der Fährreederei TT-Line bietet Flixbus seit April 2014 auch verkehrsmittelübergreifende Verbindungen nach Malmö und Trelleborg.. Seit Oktober 2014 verbindet Flixbus täglich Zürich, Amsterdam, Enschede und Groningen mit deutschen Zielen.
•    Im Mai 2015 kündigte Flixbus den Markteintritt in Frankreich an. Dort verbindet Flixmobility seit nunmehr fast sechs Jahren die 30 größten Städte Frankreichs.
•    Im Juli 2015 gab die neu gegründete Ländergesellschaft Flixbus Italia am zusätzlichen Standort Mailand die Pläne für ein nationales Netz in Italien bekannt.
•    Im November 2015 kündigte Flixbus die Gründung seiner dritten Landesgesellschaft in den Niederlanden an. Damit wurde Flixbus in den Niederlanden erster Fernbusanbieter mit einem nationalen Netz.
•    Ende 2015 kam eine Landesgesellschaft hinzu, um u. a. mit dem Partner Blaguss Kroatien, die Slowakei und Ungarn anzubinden.
•    Ende März 2016 starteten Linien nach Großbritannien (London) und Spanien (Barcelona).
•    Seit Mai 2016 kooperiert Flixmobility mit dem polnischen Fernbusbetreiber PolskiBus. Der operiert ab Mitte 2018 als Betreiber von Flixbus-Linien und Flixmobility übernimmt Vermarktung und Vertrieb.
•    Ab Mai 2018 ließ Flixbus Fahrten in die USA von lokalen Busunternehmen durchführen. Flixbus ließ sie zwischen den 27 größten Städten des Südwestens umherfahren. Die Werbung, der Vertrieb und das Buchungssystem kamen von Flixmobility. Bis Oktober 2021 hatte Flixmobility das Netz auf Städte im Südwesten, Süden, Nordosten und pazifischen Nordwesten ausgeweitet.
•    Anfang Mai 2019 einigte man sich mit der Transdev-Gruppe auf die Übernahme von Eurolines und der vor allem in Frankreich verbreiteten Marke Isilines. Eurolines ist in 25 Ländern aktiv – neben Frankreich u.a. in den Niederlanden, Belgien, Tschechien und Spanien.
•    Mitte August 2019 wurde bekannt gegeben, dass Flixmobility den türkischen Fernbusanbieter Kâmil Koç von der Actera Group übernimmt. Kâmil Koç fährt 61 Städte in der gesamten Türkei an und beförderte 2018 mehr als 20 Mio. Passagiere. Durch das Liniennetz von Kâmil Koç ist Flixbus auch in Asien unterwegs.

In den USA kaufte Flixmobility der britischen Forst Group im Oktober 2021 den größten US-amerikanischen Fernbusmarktführer Greyhound Lines ab. Seit Dezember 2021 bietet Flixbus auch erste Verbindungen in Brasilien an; in Kooperation mit einem lokalen Partner verbinden die neuen Linien mehrmals täglich São Paulo mit Rio de Janeiro und Belo Horizinte.

Bahnaktivitäten. Im August 2017 erhielt die eigens gegründete Tochtergesellschaft Flixtrain eine Lizenz als Eisenbahnverkehrsunternehmen. Zur selben Zeit übernahm das tschechische Mobilitätsunternehmen Leo Express die Trassenrechte der insolventen Locomore und nahm die Verbindung Berlin–Stuttgart wieder auf. Seit 23. März 2018 bietet Flixtrain zudem die Verbindung Hamburg–Köln an, die zuvor unter dem Namen Hamburg-Köln-Express (HKX) betrieben worden war. Seit April 2018 werden die früheren Linien Locomore und HKX unter der Marke Flixtrain vermarktet. Flixmobility übernimmt, analog zum Fernbusverkehr, unter der Marke Flixtrain die Vermarktung und das Preismanagement.
Im Februar 2019 kündigte Flixmobility den Ausbau des Zugangebotes zwischen Hamburg und Köln von zwei auf drei Zugpaare pro Tag an. Am 23. Mai 2019 wurde die Verbindung zwischen Berlin und Köln aufgenommen.[61] Derzeit ist die Flixmobility im Fernverkehr, abgesehen von ausländischen Bahngesellschaften, der einzige Wettbewerber der Deutschen Bahn.

In Österreich vermarktet Flixtrain Tickets für die zwischen Wien und Salzburg (ab Apirl auch München) verkehrende WestBahn, ein direkter Konkurrent der ÖBB. Im Juni 2019 beantragte das Unternehmen bei der französischen Bahnaufsichtsbehörde Arafer im Zuge der Marktliberalisierung ab 2021 Trassenrechte für innerfranzösische Bahnlinien.

2021 machte die Meldung die Runde, dass FlixMobility  mit einer Milliardeninvestition neue Fernzüge selbst kaufen will. Finanzieren müssten die aber Investoren. Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen. Angeblich sollen die Münchner im Sommer vorigen Jahres Verhandlungen mit dem russischen Zughersteller Transmashholding (TMH) über den möglichen Kauf von mehr als 60 Zügen mit jeweils vier bis zehn Waggons aufgenommen haben. Der russische Hersteller baut u.a. Hightech-Lokomotiven. Wie weit die Gespräche damals fortgeschritten waren, wurde nicht bekannt. Sollten die Münchner tatsächlich eigene Züge kaufen, wäre das in Teilen eine Abkehr von der bisherigen Strategie. Denn in den meisten Fällen überlässt der Reiseanbieter den Kauf und Betrieb des rollenden Schienenmaterials anderen EVUs, die dann im Auftrag von Flixmobility die Züge und Busse fahren.

FlixCar. Seit Dezember 2019 bietet Flixmobility mit dem Anbieter Flixcar auch eine Mitfahrzentrale an. Quelle: FlixMobility / DMM