Daimler schwer unter Betrugsverdacht

Die Uhr tickt. Wie lange sich Mercedes-Chef Dieter Zetsche noch halten kann angesichts des nach Volkswagen mutmaßlich zweigrößten Dieselskandals, muss man sehen. Ähnlich wie im Fall Martin Winterkorn wird es nun auch eng für Zetsche. Der Daimler-Boss wurde nach Bekanntwerden der offensichtlich massenhaften Betrügereien in Sachen Abgasmanipulation bei Mercedes-Fahrzeugen von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer zum Rapport nach Berlin bestellt.

In den USA laufen bereits umfangreiche Ermittlungen in Sachen Daimler-Betrugssoftware. Seit 2017 auch in Deutschland. Aktuell droht den Stuttgartern ein Rückruf von mehr als 600.000 Dieselfahrzeugen der Baureihen C-Klasse und G-Klasse (u.a. Kompakt-SUV GLC). Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) geht einem konkreten Verdacht nach, dass nach dem Van Vito auch bei diesen Fahrzeugen unzulässige Abschalteinrichtungen die Wirkung des Abgassystems manipulieren.

Erst am 23. Mai meldete das KBA in einem Pressestatement: „Bei der Überprüfung des Fahrzeugtypen Mercedes Vito 1.6 Liter Diesel Euro 6 wurden durch das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) unzulässige Abschalteinrichtungen festgestellt. Die unzulässigen Strategien beziehen sich auf den Einsatz des SCR-Abgasreinigungssystems. Aufgrund der eingebauten Abschalteinrichtungen kann es im Betrieb der Fahrzeuge zu erhöhten NOx-Emmissionen kommen. Mit Bescheid vom 23.05.2018 wurde für den Mercedes Vito 1.6 Liter Diesel Euro 6 (1.372 Fahrzeuge in Deutschland und 4.923 Fahrzeuge weltweit) ein verpflichtender Rückruf angeordnet. Dem Hersteller Daimler wurde aufgegeben, die unzulässigen Abschalteinrichtungen aus den betroffenen Fahrzeugen nach der Freigabe des Maßnahmenpakets durch das KBA zu entfernen.“ Derzeit finden bereits Prüfungen an den betreffenden Autos statt. Die Modelle haben einen vergleichbaren Motor wie der Van Vito mit 1,6-Liter-Motor und Schadstoffklasse Euro 6.

Am 23. Mai 2018 hatte das Bundesverkehrsministerium den unverzüglichen Rückruf des Transporters angeordnet. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) ist ziemlich sauer über den Manipulationsvorwurf, bei dem nach Volkswagen jetzt auch Mercedes der Betrügerei überführt zu sein scheint. Scheuer hat „das Kraftfahrt-Bundesamt angewiesen, weiteren Verdachtsfällen bei Mercedes unverzüglich nachzugehen“. Scheuer hat wegen der vermuteten illegalen Abschalteinrichtungen Daimler-Chef Dieter Zetsche für kommenden Montag nach Berlin beordert. Der Daimler-Chef musste sein Erscheinen zusagen.

In den USA und jetzt auch in Deutschland halten Insider aus Regierungskreisen die betrügerischen Vorgänge bei Daimler für den größten Diesel-Skandal nach VW. Wie berichtet, ermittelt die Staatsanwaltschaft Stuttgart gegen den "Premium-Autobauer". Dabei geht es um Vorwürfe des Betrugs und der strafbaren Werbung im Zusammenhang mit der Manipulation der Abgasnachbehandlung an Diesel-Fahrzeugen. 

In einer eigenen Presseaussendung Daimlers zum Vito 1,6l Diesel heißt es, dass das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) der Daimler AG bereits einen Bescheid zum Modell Vito 1,6l Diesel Euro 6 zugestellt hat, in dem das Unternehmen zu einem Rückruf aufgefordert wird. Nach Rechtsauslegung des KBA entspricht die spezifische Programmierung von zwei Funktionen in der Motorsteuerung des Fahrzeugs nicht den geltenden Vorschriften. Die Funktionen sind Teil eines komplexen Abgasreinigungssystems, das eine robuste Abgasreinigung bei unterschiedlichen Fahrbedingungen und über die Nutzungsdauer eines Fahrzeugs sicherstellen soll. Für das Bestehen des maßgeblichen Test-Zyklus NEFZ sind die in Frage stehenden spezifischen Programmierungen nicht erforderlich.

Daimler wird gegen den Bescheid des KBA Widerspruch einlegen. Falls erforderlich wird das Unternehmen die strittige Rechtsauslegung auch vor Gericht klären lassen.

Unabhängig von der rechtlichen Klärung des Sachverhaltes wird Daimler weiterhin vollumfänglich mit den Behörden kooperieren. Daimler wird nach Freigabe des KBA die in Frage stehenden Programmierungen durch ein Software-Update aktualisieren. Der Vito ist zudem bereits Teil der angekündigten Service-Maßnahme mit Software-Updates für über 3 Mio. Mercedes-Benz Fahrzeuge, mit denen das Emissionsverhalten in Ordnung gebracht werden soll. Die Kunden werden informiert sobald das Update vorliegt. Die Maßnahme wird kostenlos durchgeführt.Interessant die Wortwahl der Schwaben: Sie ist beinahe identisch mit der von VW seinerzeit. Quelle: KBA / Daimler / DMM