Das Steuer aus der Hand geben?

Ob und wie autonomes Fahren kommen wird, hängt in erster Linie von den rechtlichen Gegebenheiten ab. Wer ist schuld, wenn's kracht: Die Autoindustrie (Produkthaftung) oder der Autofahrer, der sich aufs autonome sichere Fahren verlassen hat? Das Steuer immer mehr dem Computer zu übergeben, verspricht einen Zuwachs an Komfort und Sicherheit, glaubt der TÜV Süd. Ob sich automatisiertes Fahren durchsetzen wird, hängt nicht zuletzt auch vom Vertrauen der Autofahrer ab.

Bisher überwiegt die Skepsis – das zeigt eine repräsentative Umfrage, die TÜV SÜD anlässlich der IAA 2015 durchgeführt hat. Demnach halten 42 % der Befragten die Technik für eher unsicher. Automatisiertes Fahren ist das Topthema des IAA-Messeauftritts von TÜV SÜD in Halle 8, Stand D04, vom 17. bis 27. September in Frankfurt/M..

Weitere Themen am TÜV-Stand sind: Elektromobilität, Homologation, Tests zur Entwicklungs- und Produktionsbegleitung sowie Modulare Service-Pakete für OEM, Zulieferer, Autohäuser und Flottenbetreiber.

Das Autofahren wird immer mehr von modernen Fahrerassistenzsystemen übernommen – bis hin zur kompletten Übernahme des Lenkrads; so die Idee des automatisierten Fahrens. Die berücksichtigt freilich nicht die juristischen Vorgaben, die nach heutigem Stand der Dinge autonomes Fahren verhindern werden. Niemand weiß, ob es den versprochenen Zuwachs geben wird, und ob stimmt, dass im autonomen Fahren der Schlüssel zur weiteren Verbesserung der Verkehrssicherheit steckt.

Die Systeme sollen zukünftig ermöglichen, Unfallsituationen vorab zu erkennen und präventiv einzugreifen, um Unfälle zu verhindern. Dies ist aber nach Expertenmeinung nur möglich, wenn es keinen Straßengüterverkehr mehr auf den Autobahnen gibt, der heute für die übelsten Unfälle und Staus sorgt.

Wie weit sich automatisiertes Fahren in der Zukunft durchsetzen wird, hängt auch vom Vertrauen der Menschen ab. Dazu hat TÜV SÜD anlässlich der IAA 2015 eine repräsentative Umfrage durchgeführt. Demnach halten 24 % der Befragten die Technik für unsicher und 18 % für eher unsicher. Lediglich 30 % haben keine Sicherheitsbedenken, wenn der Computer lenkt, fast 30 % sind unentschieden.

Dazu Klemens Schmiederer, Mitglied des Vorstands der TÜV SÜD AG: „Hier zeigt sich, dass noch viel Überzeugungsarbeit vor uns liegt. Gemeinsam werden wir auch beim autonomen Fahren dafür sorgen, dass sich die Autofahrer immer sicher fühlen, TÜV SÜD wird hier seine gesamte Expertise einbringen und einen aktiven Beitrag leisten.“  

Das bisher geringe Vertrauen spiegelt sich auch in den Nutzungsvorstellungen wider. Die überwiegende Mehrheit möchte nämlich nicht ganz auf die Kontrolle verzichten, um beispielsweise zu lesen oder E-Mails zu schreiben. Vielmehr ist die wichtigste Aufgabe, das Auto zu kontrollieren, in der Rolle des kritischen Beifahrers sozusagen. „Den größten Nutzen der neuen Technologie sehen die Teilnehmer – eine reibungslose Funktion des Systems unterstellt und unterstellt, dass 100 % aller Automobile über die Funtkion verfügen (!) – vor allem in der Möglichkeit, bis ins hohe Alter mobil sein zu können. Danach kommt die Sicherheit. Unfälle durch zu schnelles Fahren zu vermeiden oder Fahrfehler zu minimieren, steht bei der Frage nach dem größten Nutzen automatisierten Fahrens auf Platz zwei“, unterstreicht Schmiederer.  

Die Bereitschaft, das Steuer abzugeben, ist bei Stau und Stop-and-Go am größten. Wesentlich weniger wollen den Autopiloten bei Müdigkeit oder Krankheit einschalten. Auf welchen Straßen darf nach Ansicht der Befragten der Computer ans Steuer? Das Ranking: 1. Autobahn, 2. innerorts, 3. Landstraße.

Wenn es um die Zulassung der Fahrzeuge für die Straße geht, haben die Befragten eine klare Meinung: Eine deutliche Mehrheit wünscht sich die Homologation und Straßenzulassung in den Händen unabhängiger Prüfgesellschaften. Und auch bei der Kontrolle der Systeme über das Fahrzeugleben hinweg steht die Hauptuntersuchung mit 97 %  ganz oben auf der Liste. 33 % wünschen sich eine jährliche Überprüfung, 35 % sogar eine halbjährliche.  

Fazit: Die Akzeptanz, autonom zu fahren, ist verhältnismäßig hoch. Wo es sinnvoll ist, wird es als nützlich empfunden. Die Furcht vor dem Versagen der Technologie ist größer als das Vertrauen, dass die Computer menschliche Fehler vermeiden. Um die Sicherheit der Systeme über die gesamte Lebensdauer zu garantieren, wünschen sich nahezu alle Befragten die Hauptuntersuchung.  

Sicherer Betrieb als Grundvoraussetzung. Grundvoraussetzung für das automatisierte Fahren ist der funktional sichere Betrieb der eingebauten Sensoren, Aktuatoren und der vernetzenden Software (safety). In diesem Bereich ist TÜV SÜD schon heute tätig. Bei der Fahrzeugentwicklung unterstützt TÜV SÜD die Automobilindustrie mit Risikoanalysen, Homologation und der Freigabe von Versuchsfahrzeugen für den öffentlichen Straßenverkehr. Im nächsten Schritt werden die Fahrzeuge untereinander „Car to Car“ und mit Einrichtungen der Verkehrsinfrastruktur – „Car to Infrastructure“ – kommunizieren. Es muss also sicher  gestellt werden, dass die Fahr- und Steuerfunktionen des Autos nicht über die Kommunikationssysteme von außen manipuliert werden können. Damit bekommt auch beim automatisierten Fahren die IT- und Datensicherheit eine zentrale Bedeutung (security). Auch in diesem Bereich stehen die Experten von TÜV SÜD unterstützend und beratend den Herstellern und Behörden zur Seite und arbeiten an nationalen Förderprojekten mit. Die Erfahrung dazu bringen sie aus dem Zug- und Bahnverkehr mit, wo automatisiertes Fahren bereits zum Alltag gehört.  

Hauptuntersuchung von morgen. Die Weiterentwicklung der Hauptuntersuchung für hochautomatisierte Fahrzeuge gehört mit zu den wichtigsten Aufgaben von TÜV SÜD. Die Grundvoraussetzung für die Prüfung der elektronischen Systeme ist der (On-Board-Diagnose) OBD-Stecker. Viele der Sicherheitseinrichtungen können bereits heute durch Auslesen von Informationen aus den Geräten selbst geprüft werden. Homologationsprozess, Buzz, Squeak and Rattle-Testing, Verbrauchs- und Emissionstests, Testing von Reifen und Rädern, Airbags und Traktionsbatterien: TÜV SÜD präsentiert auf der IAA 2015 gebündeltes Know-how und das gesamte Dienstleistungsspektrum rund um die Entwicklung und Produktion von Fahrzeugen. „Mit unserem breiten Angebot an Themen auf der IAA unterstreichen wir unsere Position als Komplettdienstleister auf einer der größten Automobilmessen der Welt“, so Klemens Schmiederer. Die Experten am Stand D04 in Halle 8 beantworten zudem alle Fragen zum traditionellen TÜV SÜD-Angebot wie beispielsweise Haupt- und Abgasuntersuchung, Führerscheinprüfung, Schaden- und Wertgutachten. Quelle: TÜV Süd / DMM