Dashcam-Aufnahmen werden nicht als Beweismittel anerkannt

Über 2,4 Mio. Straßenverkehrsunfälle erfasste die Polizei 2013 laut Statistischem Bundesamt. Rund 130.000 Verkehrsunfallsachen verhandelten die Zivilgerichte zuletzt pro Jahr. Die Klärung des Unfallhergangs erfolgt dabei maßgeblich mittels Zeugenaussagen und Sachverständigengutachten. Aufnahmen der immer beliebter werdenden Dashcams, die Fahrt und auch einen eventuellen Unfall gefilmt haben, bleibt die Anerkennung als Beweismittel dagegen versagt. Zuletzt scheiterte eine Klägerin damit vor dem Landgericht Heilbronn.

Die Dashcam in ihrem Auto hatte den Unfall mit einer Motorradfahrerin aufgenommen. Ihr Ehemann, der mit dem Fahrzeug unterwegs war, hatte ihr die Vorfahrt genommen. Mit den Aufnahmen erhoffte sich die Fahrzeughalterin, ein fehlendes Verschulden ihres Mannes nachweisen zu können. Denn auf der vorfahrtsberechtigten Straße, auf der die Motorradfahrerin unterwegs war, hatte sich der Verkehr an der Ampel gestaut. Die Motorradfahrerin habe die Schlange verbotswidrig auf der Linksabbiegerspur überholt. Das wollte die Klägerin beweisen. Dem Gericht zufolge durfte der Mann aber selbst dann nicht darauf vertrauen, in die bevorrechtigte Straße einzubiegen. Den Ausführungen des Sachverständigen hätte er die Kollision mit der Bikerin zudem vermeiden können. Diese sei nicht zu schnell unterwegs gewesen. Die Aufnahmen der Dashcam sollten das Gegenteil beweisen.

Deren Verwertung ließ das Gericht jedoch nicht zu, da die Videoaufnahmen ohne Kenntnis der Betroffenen angefertigt waren. Solche Aufnahmen sind rechtswidrig, da sie das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung verletzen. Über die Preisgabe und Verwendung dürfen nur die aufgenommenen Personen bestimmen. Ein dieses Grundrecht ausnahmsweise überragendes Interesse, das eine Verwertung ermöglichen könne, liege hier nicht vor. Als Beispiel nannte das Landgericht in Anlehnung an den Bundesgerichtshof Aufnahmen, die aus einer Notwehrsituation entstanden sind. Aufnahmen also, bei dem der Aufnehmende keine andere Möglichkeit mehr hatte. Die erleichterte Beweisführung wegen der Unfallgefahr durch die Teilnahme am Straßenverkehr ist davon zu weit entfernt. Andernfalls würde jeder Bürger innerhalb kürzester Zeit jedermann permanent zur Durchsetzung möglicher Schadenersatzansprüche filmen und überwachen.

Im Übrigen verstößt eine ständige, anlasslose Überwachung des Straßenverkehrs gegen das Datenschutzrecht. Demnach ist Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mittels Videoüberwachung nur zulässig, wenn dies zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke erforderlich ist. Auch hier bedarf es wegen des geschützten Persönlichkeitsrechts über den Zweck der Beweissicherung hinausgehende Gründe. Nicht zuletzt dürfen Bilder nur mit Einwilligung von Abgebildeten angefertigt werden, sofern sie nicht nur Beiwerk einer bestimmten Örtlichkeit sind. Das ergibt sich wiederum aus § 22 des Kunsturhebergesetzes. LG Heilbronn, Urteil v. 17.02.2015, Az.: I 3 S 19/14

Quelle: Anwalt.de / DMM