DAT-Studie zum Hochlauf der Elektromobilität

Zwei Studien des Center of Automotive Management (CAM) in Bergisch Gladbach und des Instituts für Automobilwirtschaft (IFA) in Geislingen hat die Deutsche Automobil Treuhand GmbH (DAT) für eine Untersuchung zum Hochlauf der Elektromobilität in Deutschland herangezogen. Vor dem Hintergrund der kontrovers diskutierten Energiewende im Straßenverkehr hat die DAT besonders für das Kfz-Gewerbe relevante Fakten rund um Akzeptanz, Rahmenbedingungen und Perspektiven zusammengetragen.

 

Deutschland ist ein Autoland. Insbesondere im ländlichen Raum, wo gut zwei Drittel der Bevölkerung lebt, ist das Auto mangels geeigneter Alternativen (die Bahn hat sich über Jahrzehnte hinweg aus der Fläche durch Abbau vieler Tausender Kilometer Bahnstrecken zurückgezogen und Busse verkehren zu unregelmäßig und selten) unverzichtbar. Rund 48 Mio.  Pkw sind hierzulande zugelassen und aktuell noch etwa 90 % davon werden von schwer klimaschädlichen Verbrennungsmotoren angetrieben. Das soll sich ändern.

„Geht es nach dem Willen der Bundesregierung, so sollen bis 2030 1schon 15 Mio. batterieelektrisch angetriebene Fahrzeuge, also mehr als 30 % des heutigen Bestandes, auf den Straßen unterwegs sein. Allerdings keimen nicht nur im Kfz-Gewerbe, in der Energiewirtschaft und auf kommunaler Ebene Zweifel an der generellen Machbarkeit der ehrgeizigen Pläne aus Berlin. Zumal derzeit auch die Frage, welchen konkreten Beitrag die dann noch immer 70 % des Bestands an Fahrzeugen mit Verbrennerantrieb zur Reduzierung der CO2-Emmissionen beitragen können, unter den politischen Entscheidungsträgern noch nicht wirklich konstruktiv diskutiert wird“, erklärt Jens Nietzschmann, DAT-Geschäftsführer.
 
Zum Stichtag 01.01.2023 waren etwas über 1 Mio. rein batterieelektrische Pkw im Bestand. Das sind 2 % aller Pkw in Deutschland. Vergangenes Jahr wurden etwas über 470.000 BEV neu zugelassen, seit Jahresbeginn kamen nochmals 124.000 Einheiten dazu.  Dem Hochlauf der Elektromobilität hat vor allem die staatliche Förderung von Elektrofahrzeugen einen Schub verliehen. Gewerbliche wie private Neuzulassungen stiegen deutlich an. Nun schmelzen die Fördersummen ab, was sich an den Zulassungszahlen bemerkbar macht. 

Berücksichtigung gewerblicher und privater Zulassungen. 2022 wurden zwei Drittel aller Neuzulassungen auf gewerbliche Halter getätigt. Speziell in den Firmenfuhrparks spielt der Diesel noch eine dominante Rolle. BEV werden dort oft wegen der steuerlichen Vergünstigungen für die Dienstwagenberechtigten angeschafft. Bei privaten Neuwagenkäufern sind der Umweltgedanke und die Förderprämien die wichtigsten Anschaffungsgründe. Noch will eine Mehrheit der privaten Pkw-Halter von umweltfreundlichen Autos nichts wissen und auch nicht vom Klimaschutz, weshalb sie sich  derzeit einen Umstieg auf ein rein batterieelektrisches Fahrzeug nicht vorstellen kann. 

E-Fahrzeuge auf dem Gebrauchtwagenmarkt. Ein gebrauchtes BEV kommt derzeit nur für 10 bis 14 % aller Autokäufer infrage. Der Markt für E-Gebrauchtwagen ist insgesamt noch sehr überschaubar. Von allen Pkw-Besitzumschreibungen des Jahres 2022 (5,6 Mio. Einheiten) waren knapp 69.600 rein batterieelektrisch angetrieben. Für mehr als die Hälfte aller Autokäufer würde bei einem gebrauchten E-Auto ein Batteriezertifikat eine wichtige Rolle neben der Laufleistung spielen. Deutlich weniger als die Hälfte aller Gebrauchtwagenkäufer kann das eigene Auto in einer eigenen Garage parken. 

Situation in den Werkstätten. Die Werkstätten des deutschen Kfz-Gewerbes sind eigenen Angaben zufolge für Arbeiten an Elektroautos gut vorbereitet. Und befragt man die Pkw-Halter, so zweifelt nur etwa ein Drittel daran, dass die eigene Werkstatt imstande ist, ein E-Auto zu reparieren. Allerdings denkt knapp die Hälfte, dass Werkstattbesuche mit E-Autos teurer werden. 

EU-Entscheidung zum Verbrenner-Aus. Die Entscheidung der EU-Mitgliedstaaten aus Oktober 2022 besagt, dass ab 2035 nur noch klimaneutrale Fahrzeuge neu zugelassen werden dürfen. Die Mehrheit der Automobilhersteller hat in der Produktstrategie bereits die Weichen für rein batterieelektrische Antriebe gestellt. Diese Vorgehensweise wird von etwas über der Hälfte der Pkw-Halter als kritisch gesehen. 

Exkurs zu E-Fuels. Unabhängig davon, wie viele rein batterieelektrische Pkw bis 2030 neu zugelassen sein werden, bleibt es eine Tatsache, dass bis dahin ein noch großer Teil aller Pkw in Deutschland weiterhin mit umweltschädlichen Verbrennungsmotoren angetrieben wird. Dies führt dazu, dass E-Fuels als klimaneutraler Kraftstoff stärker in den Fokus der Debatten rückt. Fraglich aber ist, ob die künstlichen Kraftstoffe eine vielversprechende Alternative neben der Elektromobilität darstellen können. Denn sie werden sehr viel teurer sein als herkömmliches Benzin und Diesel - etwa das drei- bis vierfache - und ihr Wirkungsgrad liegt weit unter dem von Elektroautos. Außerdem wird es nicht möglich sein, ausreichende Mengen dieser E-Fuels zu beschaffen, zumal die Luftfahrtindustrie weit über 90 % der SAF-Produktion für sich beanspruchen will. 

Prognosemodelle, wie die Ziele der Bundesregierung erreicht werden können. Die Erkenntnisse der beiden Hochschulen zu den Veränderungstreibern und Einflussfaktoren für elektrifizierte Antriebe zeigen einerseits die Komplexität des Hochlaufs der Elektromobilität. Sie zeigen aber auch, welche Hebel in Bewegung gesetzt werden müssen, um 15 Mio. BEV bis 2030 im Bestand zu haben. Hierbei spielen neben den Fahrzeugkosten auch deren Funktionalität (Reichweite, Ladegeschwindigkeit etc.), aber auch die Ladeinfrastruktur und die Regulierung bzw. Förderung eine wichtige Rolle. Quelle: DAT / DMM