Der BDO und seine geschönte Studie

Der Fernbus steht für alle Kosten, die er auf der Straße verursacht, gerade, behauptet der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer bdo) und zieht dazu eine Studie des IGES Instituts (hergestelt im Auftrag des BDO) zur Begründung heran. Die Krux: Die geschönte Studie entspricht nicht den Tatsachen.

Angeblich deckt der Bus seine Wegekosten auf der Autobahn zu 130 %, während der ICE nur einen Wegekostendeckungsrad von 25 % erreicht. Trotzdem erleidet der rein privatwirtschaftlich organisierte Fernbus gegenüber der Bahn zahlreiche Wettbewerbsnachteile. Zu diesem Ergebnis kommt die Untersuchung. Das "Faktenpapier Straße-Schiene" bietet einen Vergleich der Infrastrukturnutzungsentgelte und Besteuerungslasten auf Straße und Schiene mit besonderer Berücksichtigung des Fernbusses. "Mit dem Fernbus ist Wettbewerb im Personenverkehr in Deutschland überhaupt erst möglich geworden", sagte Christiane Leonard, Hauptgeschäftsführerin des BDO am Donnerstag zur Vorstellung des Papieres.

"Die Fahrgäste haben erstmals eine Alternative. Mehr Menschen steigen vom motorisierten Individualverkehr auf Bus und Bahn um." Der Fernbus habe sogar dafür gesorgt, dass bei der Deutschen Bahn eine Qualitätsoffensive möglich wurde. Mit der Liberalisierung des Fernbusverkehrs habe die Politik also alles richtig gemacht. Leonard sagte: "Während die Bahn mit bis zu 17 Mrd. Euro jährlich subventioniert wird, erhält der Fernbus null Cent vom Staat." Dem Faktenpapier zufolge deckt der Fernbus seine Kosten durch die Abgaben über die Mineralölsteuer auf allen Straßen, die er benutzt. Eine Fernbusmaut würde den Markt verzerren.

Leonard forderte, dass Politik und Bahn endlich Schluss machen müssten mit dem großen Trassenpreisschwindel. Schließlich werde der Fernlinienverkehr der Bahn indirekt vom regionalen Nahverkehr subventioniert. Insgesamt 66 % der gesamten Trassenentgelte bezahle der subventionierte regionale Schienenpersonennahverkehr – also mehr als der SPNV-Betriebsleistung entspricht. Der Fernverkehr der Bahn bezahlt der IGES-Studie zufolge nur 18 % der gesamten Trassenentgelte. Erschwerend komme hinzu, dass Trassenpreise zu einem hohen Prozentsatz direkt vom Staat gezahlt werden, da das eine Tochterunternehmen der DB dem anderen die Rechnung ausstellt.

Dieser Trassenpreisschwindel sei auch der Grund, warum die EU-Kommission und die deutsche Monopolkommission die Trennung der Infrastruktur- und Transportunternehmen der Deutschen Bahn AG fordern. Würde für die Bahn Kostendeckung als Maßstab gelten, müssten alle Trassenpreise vervierfacht werden. Ein typischer ICE müsste dann statt 3,33 Cent/Pkm insgesamt 13,32 Cent/Pkm zahlen. Leonard sagte: "Das Gutachten zeigt abermals, dass Deutschlands Straßen keinesfalls nutzerfinanziert sind." Lediglich schwere Lkw decken mit prognostizierten 4 Mrd. Euro etwa 50 % der Kosten der Bundesautobahnen ab. Die Ausweitung einer Maut auf Busse würde für die einzelnen Unternehmen unverhältnismäßig hoch ausfallen und nur einen im Vergleich äußerst geringen Betrag von etwa 100 Mio. Euro bringen. "In der Tat zahlt der Busunternehmer jetzt schon für die Nutzung von Straßen. Für jeden Tropfen Diesel, den ein Bus verbraucht, zahlt er nicht zu knapp Mineralölsteuer", sagte Leonard.

Reaktion des Deutschen Bahnkunden-Verbands: Bei allen "Gutachten" sollte man erst darauf schauen, wer der Auftraggeber ist. So ist das "Faktenpapier Straße-Schiene" vom Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmen in Auftrag gegeben worden. Natürlich fällt der Vergleich der Infrastrukturentgelte zwischen Schiene und Straße ... richtig: zugunsten der Straße aus. Dennoch ist der Vergleich hilfreich und die dort aufgelisteten Probleme bei den Finanzierungskreisläufen sollten Anlass zu bundespolitische Korrekturen geben. Die Fakten mögen korrekt sein, die Schlußfolgerungen hieraus jedoch sind tendenziös. Es scheint ganz simpel zu sein. Mineralölsteueraufkommen plus heutige Lkw-Maut ergeben ein dickes Plus zugunsten des Straßenverkehrs. Deshalb bedarf es keiner Busmaut, weil: Die Straße finanziert die Bahn. So einfach ist es dann doch nicht.

Die Mineralölsteuer Einnahmen aus der Mineralölsteuer dienen nicht ausschließlich der Finanzierung der Straßeninfrastruktur! Die Behauptung, dass die Mineralölsteuer der Straßenbenutzungsbeitrag ist, ist unzulässig. Die IGES-Stellungnahme versteht die gesamten Mineralölsteuereinnahmen als Beitrag der Straßenverkehrsteilnehmer. Nur: an Kosten tauchen in allen Berechnungen nur Autobahnen und Bundesstraßen auf. Was ist mit den Aufwendungen für den Bau, den Unterhalt und die Erneuerung der Landes- und Kommunalstraßen? Diese Kosten werden in der Stellungnahme unterschlagen und führen so zu enormen Einnahmen und sehr geringen Kosten des Straßenverkehrs.

Neben dem Problem, dass der Aufwand für die Landes- und Kommunalstraßen bei der Saldierung in der IGES-Stellungnahme vollständig unberücksichtgt bleibt, besteht noch ein weiteres Problem. Der Straßenverkehr verursacht nicht nur Infrastrukturkosten. Die indirekten Kosten werden in der Stellungnahme noch nicht einmal erwähnt.

  • 2013 betrug der Anteil des Verkehrs an den Treibhausgasemissionen rund 17 % - Hauptverursacher ist der Straßenverkehr!
  • Lärm, Luftschadstoffe, Staus, Unfälle, Zerstörung von Natur und Landschaft gehören z.B. auch auf die Aufwandsseite des Straßenverkehrs.
  • Auch der Aufwand der Straßenmeistereien, der Stromverbrauch von Ampelanlagen und Straßenbeleuchtung gehören dazu - nicht jedoch in der IGES-Stellungnahme.
  • In der Stellungnahme werden die Kosten für die Fahrt eines Fernverkehrszuges ausschließlich sogenannte "F 1"-Trassen unterstellt. Das sind Strecken, die mit einer Geschwindigkeit über 200 km/h bis 280 km/h befahren werden und entsprechend teuer sind (= 4,85 €/gefahrenem Kilometer). Diese Annahme entspricht nicht den Realitäten. Denn der überwiegende Teil der Zugfahrten findet auf F 2- und F 3-Trassen statt. Sie sind wesentlich preiswerter als F 1-Trassen (F 2 = 3,36 €/gefahrenem Kilometer und F 3 = 3,03 €). Von willkürlich 9 herausgegriffenen, hochbelasteten und stark befahrenen Fernverkehrsmagistralen in Deutschland sind gerade einmal 27 % die teuren Hochgeschwindigkeitstrassen. Ergo sind die Infrastrukturkosten, die durch die IGES beim Schienenpersonenfernverkehr unterstellt werden, zu 73 % überhöht.
  • Fazit: Die IGES-Stellungnahme, die im Auftrag des Bundesverbandes Deutscher Omnibusunternehmen erstellt wurde, enthält richtige Aussagen und zeigt viele Probleme bei der Finanzierung der Straßen- und Schieneninfrastruktur in Deutschland auf. Sie ist jedoch parteilich zugunsten des Straßenverkehrs. Quellen: BDO / Deutscher Bahnkunden-Verband / DMM