Digitalisiertes Schienennetz ist effizienter

Die Deutsche Bahn will einen großen Teil ihres Schienennetzes digitalisieren. Damit werden viele Stellwerke überflüssig, ebenso die rund 160.000 Signale und ein Großteil der 400.000 km verlegten Kabel. Insgesamt soll der Personen- und Güterverkehr sicherer und weniger verspätungsanfällig werden.

Mit einem milliardenschweren Investitionsprogramm will die Deutsche Bahn ihr gesamtes Streckennetz für die Zukunft rüsten. Dabei werden in den nächsten 15 Jahren rund 33.000 km Schiene digitalisiert, so Bahnchef Richard Lutz. Der Konzern plant, dadurch mehr Züge einsetzen und das Netz bis zu 20 % mehr auslasten zu können. Bundesweit wird dann das europäische Zugsicherungssystem ETCS flächendeckend die Abläufe auf den Strecken überwachen.

„Wir werden einen noch nie dagewesenen Entwicklungsschub verwirklichen: mehr Züge, zudem pünktlicher und noch umweltfreundlicher. Das ist ein zentraler Baustein, um das verkehrspolitische Ziel, mehr Verkehr auf die Schiene zurück zu holen, umzusetzen“, sagte DB-Infrastrukturvorstand Ronald Pofalla bei der Vorstellung des Zukunftsprogramms „Digitale Schiene Deutschland“ im Rahmen des Symposiums Wettbewerb und Regulierung in Berlin.

Rund 250 Experten aus der europäischen Verkehrsbranche, aus Politik und Verbänden diskutierten das Vorhaben. Eisenbahn in Deutschland wird wieder zur Hochtechnologiebranche. Digitale Schiene Deutschland ist ein Programm für den gesamten Sektor. Die vormalige Bundesregierung hatte eine Machbarkeitsstudie zum Ausbau der neuen funkgesteuerten Signaltechnik ETCS (European Train Control System) und zur Einführung digitaler Stellwerke beauftragt, die bis Mitte 2018 die technische Umsetzung, Zeitplan, Finanzierung sowie den volkswirtschaftlichen Nutzen aufzeigen soll.

Zunächst sind für den Ausbau von ETCS und digitaler Stellwerke große Anstrengungen der öffentlichen Hand, der Bahnen und der Industrie erforderlich. Das wird aber sehr gut angelegtes Geld sein, denn alle profitieren: Der enorme Innovationsschub nutzt den Kunden aller Eisenbahnen in Deutschland, dem Wirtschaftsstandort Deutschland und auch dem Klima. Ein leistungsfähigerer Bahnsektor bedeutet weniger Verkehr auf der Straße, weniger Staus, weniger Feinstaub und einen deutlich verringerten CO2-Ausstoß.

Die bestehende Stellwerkstechnik ist robust und sicher. Doch in vielen Bereichen ist die Weiterführung teuer. Angesichts steigender Transportmengen, die die Schiene in Zukunft bewältigen soll, muss die alte Technik ersetzt werden.

Die rasante Entwicklung digitaler Technologien - von intelligenter, lernender Software über hoch entwickelte Sensorik, leistungsfähige Satellitenortungssysteme bis hin zu hoher Datenkonnektivität und Datenverarbeitungskapazität - eröffnet heute völlig neue Möglichkeiten, um den Eisenbahnbetrieb grundlegend zu modernisieren.

Nach ersten Planungen könnten rund 80 % des deutschen Schienennetzes bis 2030 digital (ohne Signale) betrieben werden. Um möglichst schnell Effekte zu erreichen, sollen nach Vorgabe der EU die Wirtschaftsräume entlang verkehrlich wichtiger Korridore – im sogenannten Transeuropäischen Netz (TEN) – zuerst ausgestattet werden. So wird bis 2022 der 1.450 km lange Korridor Rhein—Alpen ausgerüstet. Mehr als die Hälfte der Grenzübergänge zu den europäischen Nachbarstaaten auf den europäischen Korridoren werden zu diesem Zeitpunkt mit ETCS ausgerüstet sein.

Zu ETCS. Züge im deutschen Streckennetz werden künftig über Funk gesteuert. ETCS ist ein europaweit einheitliches Leit- und Sicherungssystem für die Eisenbahn. Die EU führt es ein, um den Zugverkehr grenzüberschreitend zu vereinfachen und das System Schiene attraktiver zu machen. Langfristig soll der ETCS-Standard mehr als 20 nationale Zugbeeinflussungssysteme ersetzen.

Der volle Nutzen von ETCS ergibt sich aus der Verbindung mit der digitalen Stellwerkstechnik. Stellwerke, die heute noch in zahlreichen Bauarten – von Kaisers Zeiten bis zum Elektronischen Stellwerk – über die Republik verteilt sind, werden sukzessive durch die innovative Technik ersetzt und ermöglichen so einen verlässlicheren und effizienteren Bahnbetrieb. Daneben können sich Kosteneinsparungen in dreistelliger Millionenhöhe im Betrieb und in der Instandhaltung ergeben.

Die Verhandlungen über das Investitionsprogramm mit dem Bund sollen in diesem Jahr beginnen, sobald es eine neue Bundesregierung gibt. Wie hoch die Investitionen genau sein werden, bleibt noch Verschlusssache in der DB-Chefetage. Quelle: DB / EVG / DMM