DRV Distribution Day - NDC – Wo bitte ist der Mehrwert?

Welchen Nutzen und vor allem Mehrwert die New Distribution Capability (NDC) im Vertriebs-Alltag hat, diese Frage sollte am „Distribution Day“ des Deutschen Reise-Verbands geklärt werden. Gut 100 Vertreter aus Touristikvertrieb, von Airlines, Technikanbietern, der GDS und dem DRV diskutierten in Frankfurt/M. über das Technologieformat, das die IATA 2012 startete und das jetzt die Vertriebs- und Produktpolitik der Airlines bestimmt.

Offiziell ist der New Distribution Capability (NDC)-Datenstandard ein technischer Standard, der vom internationalen Dachverband der Fluggesellschaften (IATA) entwickelt wurde, um Airlines bessere Möglichkeiten zum Verkauf ihrer Angebote zu bieten. Aber NDC ist sehr viel mehr: mit diesem Standard kann ein neues Modell zur Vermarktung von Flugreisen geschaffen werden. Nach einer längeren Vorlaufzeit geht die Integration von NDC in die Globalen Distributionssysteme (GDS) schneller voran, aber Nutzen und Mehrwert für die (Geschäfts)Reisebüros sind für viele Vertriebler nicht klar ersichtlich und bedürfen Erläuterungen und Fragerunden. Sie tun sich noch schwer und sehen bislang nur einen geringen Nutzen für das tägliche Geschäft. So präsentierten die Vertreter der drei GDS Amadeus, Sabre und Travelport auf der Veranstaltung den aktuellen Stand der Umsetzung von NDC und erklärten den anwesenden Vertriebspartnern den Nutzen und die Vorteile der neuen Technologie. Dabei blieb aber die Frage nach dem Mehrwert für die Reisebüros ein Dauerbrenner, eine erhellende schlüssige Antwort konnte aber niemand geben, wobei die Technologieanbieter stets betonten, dass das NDC aus dem Hause der IATA komme und nicht von den GDS entwickelt wurde.

„NDC ist für die GDS eine Blackbox, denn die Daten liegen im Verantwortungsbereich der Airlines, sie stellen alles zusammen. Wir müssen uns fragen, was wir wert sind und uns in dieser Welt neu finden“. Sagte Marcel van de Wal, Commercial Director Central Europe bei Travelport. Für Tom Fecke, Director Strategic Sales EMEA von Sabre, ist es keine Frage, dass die Umsetzung des Standards nur zusammen mit den Airlines und dem Vertrieb realisierbar ist. Der Kunde will ein leicht verständliches Produkt und der Agent muss es vermitteln können.

„NDC ist wichtig, um die neuen Wege zum Kunden, die wir benötigen, auch umzusetzen. Im alten System taucht es auf, aber das Web 3.0 ist nicht schnittstellenfähig. Wir sehen die Möglichkeiten kommen, aber sie sind noch nicht da“, stellte Professor Stephan Bingemer von der ISM International School of Management in Frankfurt klar. Mit dem NDC könne dem Kunden das Reisepaket so geboten und geschnürt werden, wie er es haben wolle - und das sei entscheidend.

Entscheidend für einen positiven Verlauf ist nach Ansicht von van de Wal aber auch die Integration möglichst vieler Airlines. Bislang sind 63 Fluggesellschaften NDC-zertifiziert. Dabei befinden sich die drei GDS hier jeweils auf einem anderen Niveau, doch die Ziele, die die IATA gesetzt hat – bis kommendes Jahr sollen 20 % ihrer Mitglieder 20 % von deren globalem Verkauf über NDC abwickeln – wollen alle realisieren.

Am DRV-Distribution Day wurde die Frage nach dem Nutzen für die Vertriebspartner nicht erschöpfend beantwortet. Nach wie vor ist unklar, was die Reisebüros erwartet und was das neue Format für sie bedeutet. Die Vertriebsleute der Reisebüros sehen bis jetzt kein einziges Mehrwertangebot. Anders sah es Markus Orth, Geschäftsführer der Lufthansa City Center: „Die Reisebüros haben bessere Beratungschancen mit einem besseren technischen Standard.“ Dies müsse am Counter ankommen, damit dieser den Kunden die Tarife und ihre Unterschiede klar zeigen und erklären kann. Der Verkauf der Zusatzleistung steht für Rainer Burghardt, Geschäftsführer von ta.ts, im Mittelpunkt: „Es geht darum, wie ich dem Kunden einen Mehrwert bieten kann. Die Reisebüros müssen aufzeigen, dass sie eine Leistung anbieten, die der Kunde sonst nicht oder nur sehr schwierig bekommt. Das ist ihre Stärke.“

Übrigens: Auf NDC folgt nach den Vorstellungen der IATA der nächste Standard ONE Order. Wie würde das Geschäftsreisemanagement aussehen, wenn alle Transaktionen für eine Reise unter einem einzigen Reservierungscode zusammengefasst wären? So stellt sich IATA nach der Einführung des Standards ONE Order die Zukunft vor. Diese Initiative — ein auf NDC folgender Schritt — befindet sich noch in Arbeit. Sie hat das Potenzial, das Geschäftsreisemanagement zu vereinfachen, das Reisen einfacher und angenehmer für die Reisenden zu machen und die Transparenz in Bezug auf die gesamten Reiseausgaben zu verbessern. Quelle: DRV / travelnews.ch / DMM