Dynamik deutscher Autostädte leidet

Den Städten Ingolstadt und Wolfsburg macht die Autokrise stark zu schaffen, wie ein aktuelles Städteranking zeigt. Die Krise der Automobilindustrie belastet mittlerweile auch jene Städte, die besonders von der Branche abhängig sind. Wie DMM berichtete, bauen Audi, BMW und Daimler massiv bei den Jobs ab.

Wie eine aktuelle Untersuchung, die das Institut der Deutschen Wirtschaft Köln gemeinsam mit der „Wirtschaftswoche“ und dem Internetportal „Immobiliescout24“ durchgeführt hat, ergibt, müssen die Autohochburgen Ingolstadt und Wolfsburg vor allem in puncto Dynamik Federn lassen. Die Studienautoren haben für das Ranking alle 71 kreisfreien Städte mit mehr als 100.000 Einwohnern unter die Lupe genommen.

SDie Analyse unterteilt sich in drei Bereiche: Das Dynamikranking untersucht die Veränderung von 36 Indikatoren in einem Zeitraum von fünf Jahren. Darin zeigen sich vor allem Chancen für Städte mit schlechter Ausgangslage. So stürzt das durch Volkswagen geprägte Wolfsburg in dieser Kategorie um satte 44 Plätze ab – von Rang 5 geht es auf die 49. Der Weg Ingolstadts, das eng mit der VW-Tochter Audi verbunden ist, führt fast ebenso steil nach unten: Kamen die Südbayern im vergangenen Jahr noch auf den 3. Platz, war es dieses Mal nur der 39. Rang. Ausschlaggebend hierfür ist vor allem auch die Unsicherheit der vielen kleinen und mittelständischen Zulieferbetriebe, deren Betriebsstätten oft in räumlicher Nähe zu den Autofabriken angesiedelt sind. Die Zulieferer sehen sich immer massiverem Preisdruck der Hersteller ausgesetzt- viele weichen mit ihrer Produktion inzwischen in Billiglohnländer aus, wie die neue Fein-Studie belegt. Darin berichten die Autoren von Drohkulissen und immer raffinierteren Methoden – und machen wenig Hoffnung auf eine Besserung der Lage für die Zulieferer.

Der Preisdruck auf die Lieferanten der Automobilindustrie wird immer härter – und raffinierter. Seit Jahren ringen die Konzerneinkäufer von BMW, Daimler, VW & Co. den überwiegend mittelständischen Unternehmen immer größere Zugeständnisse bei den Teilepreisen ab. Aber den Autobossen und Chefs großer Zulieferkonzerne ist dem Stuttgarter Strategieberater Hans-Andreas Fein zufolge „ihre bisherige Drohkulisse nicht genug“. Fein wird von Zulieferern berichtet: „Heute wird den Verkäufern der Zulieferer in vielen Fällen ein Vergleichsangebot aus China vorgehalten, das zwischen 20 und 30 % billiger ist. Aufgrund dieses Drucks gewähren viele Lieferanten meist 5 bis 10 % Nachlass, schon zum Einstieg sozusagen.“ Fein ist Leiter und Autor der neuesten Marktstudie über Preissenkungs-Forderungen in der Automobilbranche 2019.

Das besondere Problem der Teile-Zulieferer ist Fein zufolge, dass sie für den jeweiligen Fall nicht einschätzen können, ob die Vergabe an einen chinesischen Lieferanten auch tatsächlich durchgeführt werden kann. Indes, die unverblümte Drohung mit einem günstigeren Zweitangebot – oft aus China, neuerdings auch aus Indien – werde immer mehr zum Standard des Verhandlungsrepertoires und verfehle selten ihre Wirkung. „In der anschließenden Phase der harten Preisdrückerei kommt die Forderung, die Kalkulation offen zu legen und gemeinsam mit einem Team aus Kostenexperten jede einzelne Position durchzukämmen“, berichtet Autor Fein. Bei diesem „Cost Break Down“ müssten die Verkäufer oft Posten für Posten Zugeständnisse machen. Dabei werden z.B. auch die Fertigungslöhne von Werkzeugmachern in Deutschland mit denen in Rumänien verglichen. „Kein Wunder, dass viele Firmen in ihrer Not einen Teil der Produktion zunehmend in Billiglohn-Länder auslagern“, meint Fein. Im Ergebnis unterstreicht die Fein-Studie 2019, dass „die Rabatt-Forderungen der Abnehmer stabil bis gemäßigt waren, mit Ausreißern bei Volumenherstellern (VW, Opel) und von großen Zulieferern gegenüber mittleren und kleinen Lieferanten“. Der Preisdruck spiele sich also stabil auf hohem Niveau ab. Gefragt nach den Erwartungen bis zum Jahr 2025, sagen viele Lieferanten laut Fein-Studie noch mehr Druck und einen steigenden Grad an Globalisierung voraus. Quelle: Automobilwoche / DMM