Eigentlich ein Hammer der Woche...

... wenn es nicht bundesdeutsches Gesetz so wollte. Es klingt verstörend, was aktuell durch die Medien geistert: Angeblich empfiehlt die Lufthansa den Hinterbliebenen der Opfer des Germanwings-Absturzes vom 24. März 2015, sich in Sachen Entschädigungszahlungen an den deutschen Staat zu wenden. Immerhin soll die LH angekündigt haben, sich wegen weiterer Entschädigungszahlungen (50.000 Euro seien schon je Opfer bezahlt worden) in dieser Woche mit den Hinterbliebenen in Verbindung zu setzen. Am Dienstag unterbreitete der Carier den Hinterbliebenen eine zusätzliche einmalige Summe von 25.000 Euro.

Nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) - ein Bundesgesetz im Bereich des Sozialen Entschädigungsrechts, in Kraft getreten am 07. Januar 1985 gilt als wichtigste Regelung die Anspruchsklausel in § 1 Abs. 1 OEG. Anspruch auf Versorgung hat demnach, wer durch einen vorsätzlichen, rechtswidrigen, tätlichen Angriff an der Gesundheit geschädigt ist. Genau dies scheint zum Fall von Germanwinwingsflug 4U-9525 zu passen: Denn wenn nach Abschluss der nach wie vor laufenden Ermittlungen der Absturz vom 24. März 2015 in den südfranzösischen Alpen als absichtliche Tat des Copiloten als bewiesen gilt, greift das OEG, und zwar für alle 149 Todesopfer, nicht jedoch für den Täter. Dem bisherigen Wissensstand nach soll der  27-Jährige Co-Pilot vorsätzlich und rechtswidrig gehandelt haben.

Es ist zwar verständlich, wenn sich Opferanwalt Christof Wellens angesichts dieses Sachverhalts – Verweis an den Staat als denjenigen, der finanziell aufzukommen hat – irritiert zeigte, aber deutsches Gesetz verkennt in solchen Fällen die moralische Verpflichtung des Arbeitgebers. Der Lufthansa kommt im vorliegenden Fall das OEG ziemlich gelegen. Unterm Strich wird wohl der Steuerzahler zur Kasse gebeten. Immerhin steckt der deutsche Carrier mittendrin im Strategiewechsel und Sparprogramm Score. Damit sollen, wie DMM mehrfach berichtete, die Kosten im Konzern gedrückt und die Erlöse gesteigert werden. Score besteht aus 4.000 verschiedenen Projekten, darunter die Umstellung eines Teils der innerdeutschen und Europa-Verbindungen auf die Günstigtöchter Eurowings/Germanwings und Einführung von Günstig-Langstreckenverbindungen.

Das OEG berücksichtigt in solchen Fällen auch nicht, dass es möglicherweise gravierende Vorgänge gegeben hat, die zu einem solchen tragischen Unglücksfall geführt haben. Wie DMM berichtete, wollte z.B. die US-amerikanische Luftaufsichtsbehörde FAA dem damaligen Lufthansa-Pilotenlehrling die Fortsetzung seiner Ausbildung verwehren, nachdem sie dessen Krankenakte studiert hatte. Es kam anders. Der junge Mann durfte seine „Lehre“ als Lufthansa-Flugzeugführer beenden. Nicht umsonst hat die Staatsanwaltschaft Marseille kürzlich in einer Pressekonferenz angekündigt, dass sie wegen des Absturzes von Germanwingsflug 4U-9525 Ermittlungen gegen Unbekannt einleiten wolle. DMM