Eine Bahnfahrt mit dem ICE

Was Fahrgäste derzeit durchmachen müssen und wie die Deutsche Bahn Unzulänglichkeiten managt, schildert ein Fahrgast, der am Dienstag, 29.11.2022 von Hannover nach Hamburg wollte. ICE 641 von Düsseldorf über Hannover nach Berlin-Gesundbrunnen, gebildet aus einem ICE1 mit 12 Mittelwagen, war mit 40 Minuten Verspätung in Hannover Hbf angekommen.

Kurz vor Abfahrt wurde durch das Zugpersonal aufgefordert auszusteigen und in den am Nachbargleis bereitstehenden ICE 1059 (Köln-Berlin) umzusteigen. ICE 1059 war nur aus einem verkürzten ICE gebildet der ca. 200 Sitzplätze weniger hat, was sich schnell bemerkbar machte. Warum ICE 641 nicht weiterfuhr? Ganz einfach: Es war kein Lokführer da. Frühestens in einer Stunde würde eventuell ein Triebfahrzeugführer kommen, erfuhren die verdutzten Passagiere. Also mussten sie kurzfristig umsteigen und im Ergebnis stehend eng an eng die Weiterreise verbringen. 

Wie so oft am Abend, war auch im ICE 1059 das BordRestaurant geschlossen. Eine versprochene Service-Leistung der Bahn übrigens… 
Wegen der gesperrten direkten Linie nach Berlin fuhr der ICE 1059 nach Uelzen, wo ein Fahrtrichtungswechsel notwendig war. Aber dazu kam es gar nicht erst. Wegen eines technischen Defekts. Das Zugpersonal begründete den verlängerten Aufenthalt am Bahnhof der Kreisstadt im Nordosten Niedersachsens mit Störung an der Infrastruktur. Dabei bekamen die Fahrgäste sehr wohl mit, wie der Triebfahrzeugführer immer wieder Versuche startete, den Zug betriebsbereit zu bekommen. Aber das klappte einfach nicht. Das Personal wusste bestimmt über den wahren technischen Defekt am Triebkopf des ICE2 Bescheid. 

Inzwischen forderte das Zugpersonal zum Umsteigen in den Folgezug auf. Entsprechend voll wurden der Bahnsteig und die enge Unterführung in Uelzen, die für diese Fahrgastströme nicht ausgelegt ist. Dumm nur, dass die Zugbegleiter des nächsten ICE sich weigerten, die gestrandeten Fahrgäste aufzunehmen. Also marschierten die wieder zurück in ihren havarierten ICE. 

Nach längerer Zeit sagte das Zugpersonal erneut über Lautsprecher, dass es nicht weiß wann der Zug weiterfahren kann , und dass das Malheur an der Infrastruktur liege. Es kam wieder die Aufforderung, ein zweites Mal (insgesamt das dritte Mal, dass ein Zug, in dem ich saß, auf dieser Reise geräumt wurde) alle Fahrgäste aussteigen und in den in Kürze einfahrenden nächsten Zug nach Berlin umsteigen sollen. 

Aber da der Fahrdienstleiter nicht erreichbar war, wusste das Zugpersonal nicht, an welchem Bahnsteig der nächste Zug ankommt. Da von Uelzen üblicherweise keine Züge nach Berlin verkehren, kannten die Zuganzeigen am Bahnhof keine Züge nach Berlin. 

Irgendwann rollte dann der sehnlichst erwartete nächste ICE ein. Kurz nach dem Start Richtung Berlin teilte das Begleitpersonal mit, .dass auf Grund der hohen Verspätung  Getränke im Bordrestaurant verteilt würden. Personal suchte man vergebens. Ein Zugbegleiter konnte nur eine kleine Anzahl von Wasser-Tetra-Packs ausgeben. Viele Reisende gingen leer aus. 

Ankunft in Berlin Hbf spät nachts mit knapp drei Stunden Verspätung. Nun gab es keinen Anschluss mehr nach Dresden. In solchen Fällen ist die DB verpflichtet eine Übernachtung zu stellen. Der Mitarbeiter am ServicePoint machte einen ziemlich  desinteressierten Eindruck und sagte, dass alle Hotels mit DB-Vertrag in Berlin ausgebucht sind. Auch mit mehrmaligen Nachfragen war der Mitarbeiter nicht bereit in Hotels nachzufragen. Stattdessen sagte der Mitarbeiter, die Fahrgäste sollen ein Taxi nach Dresden nehmen und dieses selbst bezahlen. Vielleicht bekommen sie das Geld hinterher zurück. Wenn er vom Service selbst Taxigutscheine ausgibt bis Dresden, dann wäre er am nächsten Tag seinen Job los. Übrigens: Die Taxifahrt von Berlin nach Dresden würde mehrere hundert Euro kosten. 

Interessant hierbei ist, dass es für die Bahn kein Problem ist, kurzfristig nachts Taxis von Dresden nach Leipzig zu organisieren, aber von Berlin nach Dresden weigert sie sich. Die Krönung: Die Aussage, dass die Vertragshotels voll sind, erwies sich als falsch.  Das IC-Hotel Berlin Hbf hatte mehrere Zimmer frei und das IC-Hotel Berlin Ostbahnhof hatte ebenfalls Zimmer frei. Mit DB-Gutschein war die Übernachtung sehr wohl möglich, anders als es der DB-Beschäftigte am ServicePoint behauptet hatte. Der Mann hatte offensichtlich keine Lust, Übernachtungsmöglichkeiten telefonisch anzufragen. 

Wie man so mit Kunden umgehen kann, ist unverständlich. Ohne ein funktionierendes Krisenmanagement der Bahn wandern die Kunden auf die Straße ab. Und was sich 1. Klasse Premiumkunden alles gefallen lassen müssen, die über 7.000 Euro für eine BahnCard 100 bezahlen müssen, ist alles andere als Premium.

Übrigens bezahlte die DB jetzt 167 Euro als Erstattung für die Übernachtung im IC Hotel Berlin Hbf, anstatt des vereinbarten Rahmenpreises von 60 bis 80 Euro die Nacht. Quelle: Ein Gestrandeter (aus lokreport.de)