EU-Richtlinie gefährdet Mittelstand

Die Unternehmensinvestitionen in Deutschland haben sich in der Vergangenheit häufig als der zentrale Schwachpunkt der deutschen Wirtschaft erwiesen. Das Kieler Institut für Wirtschaftsforschung schätzt für 2019 nur ein moderates Wachstum der privaten Investitionen von 1,5 %, für das kommende Jahr schwächt sich die Dynamik sogar ab – auf kalenderbereinigt 1,3 %. „In dieser Situation, wenn Investitionsimpulse von der Wirtschaftspolitik gefordert sind, gefährdet eine neue EU-Richtlinie die Investitionen des Mittelstandes“, kritisiert BDL-Hauptgeschäftsführer Horst Fittler.

Mit dieser Aussage nimmt er Bezug auf die EU-Richtlinie über präventive Restrukturierungsrahmen, die zweite Chance und Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz von Restrukturierungs-, Insolvenz- und Entschuldungsverfahren. Diese soll insbesondere den Rahmen für ein gesetzliches Sanierungsverfahren regeln, um eine frühe Restrukturierung betroffener Unternehmen in die Wege leiten und eine spätere Insolvenz vermeiden zu können. Die Richtlinie, sicher mit besten Absichten entwickelt, ist ein Beispiel für ‚gut gedacht, aber schlecht gemacht‘, ärgert sich Fittler. Unterstützt werden sollen vor allem kleine und mittlere Unternehmen, „aber genau diese KMU werden die negativen Auswirkungen der Richtlinie zu spüren bekommen. Denn die Richtlinie greift direkt in das Leasing-Geschäftsmodell ein.“

Zu den Besonderheiten des Leasing-Geschäftsmodells gehört, dass die Leasing-Unternehmen Eigentümer des verleasten Wirtschaftsguts bleiben. Die Sicherheit, die das Eigentum am Leasing-Objekt bewirkt, ermöglicht es den Leasing-Gesellschaften, auch Investitionen kleinerer Mittelständler oder Existenzgründer mit schwächeren Bonitäten zu realisieren. Nach deutscher Insolvenzordnung haben Leasing-Gesellschaften durch den gesetzlich verankerten Aussonderungsanspruch einen Zugriff auf ihr Objekt. Wird über das Vermögen eines Kunden Insolvenzantrag gestellt, ist die Kündigung des Leasing-Vertrags aufgrund von Zahlungsrückständen aus der Zeit vor dem Eröffnungsantrag oder wegen einer Verschlechterung der Vermögensverhältnisse nicht mehr möglich (Kündigungssperre). Mit dem Insolvenzverwalter wird abgestimmt, ob der Leasing-Vertrag fortgeführt bzw. das Objekt weiter unter Zahlung der vereinbarten Leasing-Rate genutzt wird oder ob die Leasing-Gesellschaft das Objekt wieder in Besitz nimmt.

Die europäische Richtlinie über präventive Restrukturierungsrahmen setzt nun ein sogenanntes Moratorium vor eine mögliche Insolvenz, wodurch die Kündigungssperre sehr weit vorverlagert wird. „Einer Leasing-Gesellschaft könnte damit das in ihrem Eigentum stehende Objekt entschädigungslos bis zu 12 Monate entzogen werden, wenn dies als betriebsnotwendig angesehen wird“, kritisiert Fittler. Dieses Konstrukt laufe dem Asset-Finance-Gedanken völlig zuwider. Viele Leasing-Finanzierungen wären künftig nicht mehr darstellbar oder nur zu deutlich höheren Kosten. Treffen würde dies vor allem kleinere, mittelständische aber anlagenintensive Unternehmen ohne starke Zusatzsicherheiten oder auch Unternehmen, die in Wachstumsphasen expandieren wollen. „Leasing-Gesellschaften finanzieren die Investitionen dieser Unternehmen, weil sie im Falle einer Kundeninsolvenz an ihr Eigentum, an die Leasing-Güter, kommen. Erschwert der Gesetzgeber das, führt dies dazu, dass Leasing-Angebote deutlich teurer werden oder teilweise gar nicht mehr gemacht werden. Und Banken werden ohne Zusatzsicherheiten nicht als Finanzierer einspringen“, führt der BDL-Hauptgeschäftsführer aus und zieht das Fazit: In der Konsequenz haben die Europapolitiker mit ihrer Richtlinie ihr eigenes hehres Ziel konterkariert, Investitionen von kleinen mittelständischen Unternehmen besonders zu unterstützen. Nach formaler Beschlussfassung durch EU-Parlament und Rat muss die Richtlinie in deutsches Recht umgesetzt werden. Quelle: BDL / DMM